Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?
Kufka das Gespräch. Beim Rausgehen las Nusselein ein weiteres Holzbrettchen, das sich neben der Eingangstür befand:
»Die Freude flieht auf allen Wegen,
der Ärger kommt uns gern entgegen«
Wilhelm Busch
* * *
Der F.R.-Abgeordnete Willi Repper saß wie ein Häuflein Elend im Büro des Ministerpräsidenten und hatte überhaupt kein Auge für die herrliche Aussicht auf den Rhein.
Dr. Volker Ophoven schrie, während Nils Steenken in der rechten Hand die Düsseldorfer Radschläger-Figur kreisen ließ und nach jeweils vier Runden den Kopf des bronzenen Turners laut und vernehmlich auf die Tischkante schlug:
»Was habt Ihr Vollidioten«, so der Referent, »euch eigentlich bei dieser Aachener Aktion gedacht? Seid ihr eigentlich alle durchgeknallt? Ihr könnt sie doch nicht mehr voll treffen! Wir befinden uns im Zeitalter der Globalisierung und ihr Hornochsen spielt Provinzrevolution wie in der Weimarer Republik.«
»Ich …«, versuchte Repper einzuschieben, doch Ophoven ließ ihn nicht zu Wort kommen:
»Ich sehe schon die Schlagzeilen morgen vor mir: Von der ›Zeit‹ über die ›Süddeutsche‹ bis zur ›Bild‹ wird man sich morgen über unser Bundesland schlapplachen. Und alles nur wegen euch Idioten!«
»Aber ich …«, startete Repper einen weiteren Versuch.
»Halten Sie den Mund, Sie Armleuchter«, tobte Ophoven weiter, »man müsste eure ganze Fraktion per Gesetz auflösen und euch alle in den Rhein jagen.«
»Aber darum bin ich ja hier!«, schrie nun auch Willi Repper.
»Was, ihr wollt in den Rhein gehen? Na fantastisch, Badehosenausgabe erfolgt am Ufer. Auf meine Kosten.«
»Nein«, warf Repper ein, »wir wollen natürlich nicht in den Rhein gehen …«
»Wie schade!!!!«
»… wir haben vielmehr gerade in der Fraktion getagt. Und ich kann Ihnen versichern, dass außer dem Leisten kein einziger Landtagsabgeordneter in Aachen war. Das waren alles Mitglieder des so genannten ›Krefelder Kreises‹, die das da veranstaltet haben.«
»Krefelder Kreis, pah, wenn ich das schon höre. Das klingt ja wie eine Ansammlung von Intellektuellen, dabei waren das wohl nur Vollidioten.«
»Jetzt ich!«, sagte der Ministerpräsident scharf.
Ophoven sah ihn verdattert an. Nils Steenken wandte sich an den F.R.-Abgeordneten:
»Ob nun gewusst oder nicht. Der heutige Vorfall wird für alle Zeiten mit euch in Verbindung gebracht werden. Erst der Mord an dem Abgeordneten Förster, gut, das mag eine andere Sache sein, dann dieser Aachen-Skandal. Egal, was auch über euch berichtet werden wird, man wird diese beiden Vorfälle wie eine Gebetsmühle immer wieder runterleiern. Eure Glaubwürdigkeit habt Ihr für alle Zeiten verloren.«
»Das ist uns schon klar, daher …«
Weiter kam er nicht, da Ophoven aufsprang:
»Ah, es ist klar.«
»Halte einfach mal den Mund«, unterbrach ihn der Ministerpräsident und nickte Willi Repper zu, der dann auch fortfuhr:
»Das ist uns auch allen klar und daher haben wir eben eine Sache angedacht, die ich mit Ihnen jetzt besprechen möchte: Wir wollen unsere Fraktion auflösen …«
»Geht das überhaupt nach der Landesverfassung?«, warf Ophoven ein und erntete einen wütenden Blick seines Ministerpräsidenten.
»… auflösen. Wir haben uns schon juristisch beraten lassen. Jeder einzelne Abgeordnete müsste aus der F.R. austreten, müsste aber dann sein Mandat behalten, als fraktionsloser Abgeordneter weiter im Landtag bleiben oder …«
Hier legte Willi Repper eine Kunstpause ein.
»… sich einer anderen Partei anschließen.«
Ophoven pfiff leise durch die Zähne:
»Und für diese Entscheidung soll nun Geld fließen? Verstehe ich das richtig?«
Willi Repper nickte:
»Es fließt schon …«
Dabei schaute er auf den Rhein Richtung Duisburg …
* * *
Am Abend hatten sich Charly Nusselein und der Kripomann Gottfried Zimmermann im Wohnwagen in Ruitzhof verabredet. Aus dem CD-Player mit der Winzbox, den es unlängst am Aldi-Mittwoch auf dem Grabbeltisch gegeben hatte, dröhnte der Uralt-Hit »Pata Pata« von Miriam Makeba. Nusselein, der dem Wort wohl eine recht eigenwillige Bedeutung zuschob, sang mit:
»Pata, pata, wir machen den ganzen Abend pata, pata. Und auch in der Nacht, immer nur pata, pata. Nur mit dir: pata, pata.« Dabei dachte er an den Sexskandal, den er einmal fast mit Hildegard Jansen-Motzkuss gehabt haben könnte.
Incitatus fühlte sich durch den Lärm belästigt. Als äußerstes Zeichen seines Protestes würgte er mehrmals an gut einsehbarer Stelle
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