Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?
türkischer Blumenhändler, der offensichtlich »Blumen! Blumen! Blumen!« verstanden hatte und sofort mit drei Sträußen die Treppe hoch eilte:
»Ich mache eine gute Preise.«
Da sich zum Zeitpunkt des freitäglichen Separatisten-Aufstands auch keine Besuchergruppe im Rathaus befand, setzte die Gruppe um Johann Leisten wenige Sekunden später zum Sturm auf ein völlig leeres Rathaus an. Die Männer rissen die große Flügeltür auf und stürzten laut johlend und »Freies Rheinland« rufend in das Foyer.
Weit kamen sie allerdings nicht, da sich ihnen eine resolute Frau in Gestalt von Elisabeth Nobis, verantwortlich für die Foyerkasse, in den Weg stellte und unüberhörbar schrie:
»Hier wird erst mal Eintritt gezahlt!«
Die Rheinische Separatistenbewegung geriet ins Stocken, da jeder zur Gesäßtasche griff, um den Obolus zu entrichten. Da viele kein passendes Kleingeld hatten, dauerte es ungefähr zehn Minuten, bis die Revolution ihren langen Marsch durch die Rathausgänge fortsetzen konnte.
»Und dran denken, hier wird nix angefasst!«, rief Elisabeth Nobis den Separatisten noch hinterher, als diese gemächlich zum Krönungssaal gingen. Dann murmelte die Kassenfrau:
»Keine schlechte Einnahme für nen Freitagnachmittag!«
Johann Leisten und seine Mannen standen etwas hilflos im Krönungssaal des Aachener Rathauses rum. Der engste Kreis um den Krefelder Abgeordneten beriet sich:
»Da hat keiner was mitbekommen!«
»Wir hätten die beiden Polizisten noch ihre Zentrale anrufen lassen sollen.«
»Das können wir anonym doch auch selbst machen.«
»Immerhin haben wir jetzt zwei Pistolen und können uns verteidigen.«
»Wir verteidigen uns nicht, wir greifen an.«
Johann Leisten unterbrach seine Leute:
»Nein, einer von uns hat doch die Liste mit den Aachener Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen und so. Die müssen wir jetzt alle einmal anrufen und in einer halben Stunde findet dann hier eine Pressekonferenz statt, bei der ich noch einmal für die Fotografen die Rheinische Republik ausrufen werde. Wenn es noch regnet, findet die Revolution im Krönungssaal statt, wenn es aufgehört hat, rufe ich die Rheinische Republik auf der Rathaustreppe aus.«
»Und dann? Sind wir dann eine Republik?«, fragte ein Krefelder.
»Das weiß ich doch nicht«, knurrte Johann Leisten, »auf jeden Fall haben wir dann einen Denkanstoß gegeben.«
»Und für deinen Scheiß-Denkanstoß hab ich mir einen Tag Urlaub genommen. Das mach ich auch nicht noch mal!«, rief ein erzürnter Separatist aus dem Krefelder Stadtteil Uerdingen.
* * *
Statt Salzstangen und Aldi-Bier gab es Studentenfutter und London-Tee, der auch noch »Sherlock Holmes – this delightful blend of a secret Victorian recipe« heißen musste, als sich Elli und Benno Breuer sowie Charly Nusselein gegen 16 Uhr im Haus von Alex Kufka an der Grüntalstraße in Imgenbroich trafen. Kufkas Frau Heidi verabschiedete sich gerade gen Warenhaus »Viktor«, während Nusselein sich einen Sinnspruch anschaute, der neben der Gardarobe hing:
Ihr glaubt, der Jäger sei ein Sünder,
weil selten er zur Kirche geht.
Im grünen Wald ein Blick zum Himmel,
ist besser als ein falsch Gebet.
Nusselein dachte nur:
»Das ist auf dem gleichen literarischen Niveau wie ›Wenns Arscherl brummt, ists Herzl gesund‹.«
Er sagte aber nichts, zumal der Chefredakteur, der privat offensichtlich keine Luftpolsterumschläge bei sich trug, die Mitarbeiter seiner Redaktion in die Couchgarnitur »DALLAS« mit Ausziehbett sowie Sesseln mit Relaxfunktion zwängte und sofort zur Sache kam:
»Also, ich will Charlies Neugierde nicht weiter auf die Folter spannen, zumal er die Sache ja auch schreiben muss.«
»Als eine Variante«, warf der Angesprochene ein.
»Wir werden sehen, was von deiner Ami-Geschichte noch übrig bleibt, wenn ich fertig bin. Also heute morgen war Försters Frau bei mir in der Redaktion und hat mir diese fotokopierten Akten übergeben.«
Dabei tippte Kufka auf einen Stapel Blätter, der auf dem Wohnzimmertisch lag und das Studentenfutter zudeckte. Während Elli allen Tee einschenkte und Nusselein Benno mit dem Gedanken »Was findet die an so einem Arschloch?« aus dem Augenwinkel beobachtete, fuhr der Chefredakteur fort:
»Ich mache es kurz. Schon vor der Spaltung der Monschauer Grünen hat es intern riesigen Knatsch gegeben, da – und jetzt kommt es – Jürgen Lauscher wohl Parteigelder unterschlagen hat.«
»Wow«, sagte Nusselein.
»Das kannst du laut sagen«,
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