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Wer war Jesus

Wer war Jesus

Titel: Wer war Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Luedemann
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werden sollte. Das nennt man Kaltstellung.
    Da stand ich nun – zum einen erleichtert, dass der Beamtenstatus einen Rausschmiss verhindert hatte, zum anderen aber auch
     betrübt, weil ich akademisch nunmehr völlig isoliert war und die von mir geförderten akademischen Talente sehen mussten, wo
     sie mit ihren Projekten unterkamen.
    Nun sind sich alle in der Geistes- oder Naturwissenschaft Tätigen einig, dass Forschung frei sein muss und nicht von vornherein
     weiß, zu welchen Ergebnissen sie führt. Diese Freiheit der Wissenschaft ist erst nach langen Kämpfen gegen Einsprüche der
     christlichen Kirchen errungen worden. Da Theologie bis heute ein Universitätsfach ist, haben die dort Tätigen – so sollte
     man eigentlich denken – auch Anrecht auf volle Wissenschaftsfreiheit. Es war daher |98| skandalös, dass in meinem Fall die Niedersächsischen Kirchen den Staat zu einer solch massiven Beschneidung dieser Freiheit
     bewegen konnten.
    Da es ums Prinzip und letztlich um die Frage geht, ob und wie Theologie eine Wissenschaft sein kann, wählte ich den Weg der
     gerichtlichen Klage, wobei mir bewusst war, dass dies ein langer, kostspieliger Weg sein würde und dass – wenn überhaupt –
     nur in der höchsten Instanz ein Erfolg möglich sein könnte. Immerhin gibt es in der deutschen Rechtsgeschichte bisher keinen
     vergleichbaren Fall, schon gar nicht im evangelischen Bereich; alle Konflikte zwischen Kirche und Theologieprofessoren sind
     bisher durch einen Vergleich beigelegt (zum Beispiel der Konflikt um Hans Küng) oder direkt zu Ungunsten des jeweiligen Stelleninhabers
     entschieden worden.
    Von 1999 bis 2005 ging es durch alle drei Instanzen der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit: vom Verwaltungsgericht Göttingen
     zum Oberverwaltungsgericht Lüneburg bis hin zum Bundesverwaltungsgericht Leipzig. Zwar wiesen die ersten beiden Gerichte die
     Klage zurück; doch war es immerhin ermutigend, dass jeweils der Gang zur nächst höheren Instanz bis hin zum Bundesverwaltungsgericht
     zugelassen wurde.
    Meine Hoffnung, dass das höchste Verwaltungsgericht die Zwangsmaßnahmen der Universität Göttingen aufheben würden, trog allerdings.
     Selbst die Bundesrichter in Leipzig blieben hart und bestätigten die Maßnahmen meines Arbeitgebers aus dem Jahre 1998, und
     zwar mit folgender Begründung: Die Theologische Fakultät der Universität Göttingen sei eine konfessionsgebundene Einrichtung,
     sie diene der Ausbildung des theologischen Nachwuchses der evangelischen Kirche wie auch der Vertiefung und Übermittlung von
     Glaubenssätzen. Die an ihr tätigen Hochschullehrer übten damit ein konfessionsgebundenes Amt aus. Dafür sei nur geeignet,
     wer ein entsprechendes Bekenntnis hat. Die Universität sei verpflichtet, ihren Lehrbetrieb so zu organisieren, dass dieser
     den kirchlichen Eignungsanforderungen genüge.
    |99| Mit diesem Urteil haben die obersten Verwaltungsrichter den kirchlichen Charakter von Theologie an der Universität festgeschrieben;
     anders lässt sich die Aussage nicht verstehen, dass die Hochschullehrer die kirchlichen Glaubenssätze vertiefen sollen. Das
     aber heißt zugleich, dass die Theologie den Richtern zufolge keine Wissenschaft und demgemäß ein Fremdkörper an der Universität
     ist. Sie weisen nämlich der Kirche in der Gestalt der Theologischen Fakultät einen eigenen Raum mit eigenen Gesetzen auch
     innerhalb der Universität zu. Dieser Rechtsbefund erlaubt Theologieprofessoren weiter, zu Lasten der Studierenden in zwei
     Sprachen zu reden – auf der Kanzel erbaulich-kirchlich, auf dem Katheder wissenschaftlich – und, eine alte Tradition fortsetzend,
     einer doppelten Wahrheit zu huldigen. 2

|100| VERSCHIEDENES
    26. Der Schmerzensmann 1
    Religionen sind von Menschen gemacht. Deswegen ist es legitim, sie danach zu befragen, auf welche Weise sie grundlegende menschliche
     Erfahrungen wie den Schmerz ihrem Glaubensgebilde einverleiben. In der christlichen Religion umkreist eine Vielzahl von Vokabeln
     das Phänomen Schmerz: weinen, klagen, Angst oder Furcht empfinden. Auch das Wort Schmerz kommt vor. Zentraler Terminus ist
     jedoch ein anderer Ausdruck: das Leiden. Er bezieht sich sowohl auf Jesus, der am Kreuz gelitten hat, als auch auf seine Nachfolger,
     die sich im Leiden befinden. Wie die ältesten Dokumente des Neuen Testaments zeigen, die Briefe des Apostels Paulus, wurde
     den Christen offenbar von Anfang an das Leiden vorausgesagt.
    Inwieweit und in welchem

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