Wer will schon einen Traummann: Roman (German Edition)
nicht ein Proletarierbursche aus einer Stahlarbeiterstadt, der eine Zeit lang vergessen hatte, was im Leben wirklich zählte.
Sein alter Boss beim Standard meinte, Mat könne seinen ehemaligen Job wiederhaben, aber das Angebot war widerwillig erfolgt, und Mat weigerte sich, mit dem Hut in der Hand zurückzukommen. Also fuhr er kreuz und quer durchs Land, auf der Suche nach etwas, mit dem er aufwarten konnte. Wann immer er anhielt – ob Kleinstadt oder Großstadt -, er kaufte sich eine Zeitung, redete mit den Leuten und schnüffelte ein bisschen herum. Auch wenn er sie noch nicht gefunden hatte, er wusste genau, wonach er suchte – den Anfang einer Story, die groß genug werden konnte, um sich damit seinen einstigen Ruf zurückzuerobern.
Gerade war er fertig mit Telefonieren, als die Tür aufging und Winona mit dem Baby auf dem Arm ins Wohnmobil kletterte. Es war barfuß und trug einen gelben Strampler mit Lämmchen drauf. An seinem molligen kleinen Fußgelenk prangte das Peace-Zeichen.
»Sandy hat das Püppchen tätowieren lassen?«
Winona maß ihn mit einem Blick, der sagte, dass er zu blöd war, um auf der Welt zu sein. »Es ist’n Abziehbild. Hast du denn von überhaupt nichts’ne Ahnung?«
Seine Schwestern waren glücklicherweise schon groß, als es mit dem Tätowieren und Piercen losging. »Ich wusste, dass es ein Abziehbild ist«, log er. »Aber meiner Ansicht nach ist so was nichts für ein Baby.«
»Es gefällt ihr. Sie findet, dass sie damit cool aussieht.« Winona platzierte das Baby vorsichtig im Kindersitz, schnallte es fest und ließ sich dann auf den Beifahrersitz neben Mat plumpsen.
Nach ein paar vergeblichen Versuchen sprang das Gefährt stotternd an. Angewidert schüttelte er den Kopf. »Was für ein Schrotthaufen!«
»Was de nich sagst!« Sie legte ihre Füße, die in Sandalen mit diesen dicken Sohlen steckten, aufs Armaturenbrett.
Er warf einen Blick in Mabels Seitenspiegel und stieß rückwärts aus dem Grundstück. »Du weißt hoffentlich, dass ich nicht dein richtiger Vater bin.«
»Als ob ich einen wie dich haben will!«
Soviel zu seiner Sorge, sie könnte sich ein paar sentimentale Fantasien über ihn zusammengesponnen haben. Während er dahinfuhr, kam ihm der Gedanke, dass er weder ihren noch den Namen des Babys wusste. Er hatte die Kopien ihrer Geburtsurkunden zwar gesehen, doch sein Blick war an der Zeile mit seinem Namen hängengeblieben. Wahrscheinlich wäre sie nicht gerade erfreut, wenn er sie Winona nennen würde. »Wie heißt du?«
Es folgte eine Pause, während sie überlegte. »Natascha.« Beinahe hätte er gelacht. Seine Schwester Sharon war ihnen mal drei Monate lang damit auf die Nerven gegangen, dass sie »Silver« genannt werden wollte. »Na, klaro!«
»So will ich aber heißen«, fauchte sie.
»Ich hab dich nicht gefragt, wie du heißen willst, sondern wie du heißt.«
»Lucy, okay? Und ich hasse den Namen.«
»Finde ich aber ganz in Ordnung.« Er warf einen Blick auf die Wegbeschreibung, die ihm die Labor-Rezeptionistin gegeben hatte, und fuhr erneut auf den Highway. »Wie alt bist du eigentlich?«
»Achtzehn.«
Er spießte sie wieder mit seinem Mörderblick auf.
»Also gut, sechzehn.«
»Du bist vierzehn und hast’ne Klappe wie eine Dreißigjährige!«
»Wieso fragst du, wenn du’s schon weißt? Und ich bin bei Sandy aufgewachsen. Was erwartest du also?«
Mitleid durchfuhr ihn beim heiseren Klang ihrer Stimme. »Na ja, tut mir Leid. Deine Mutter war …« Sandy war lebenslustig gewesen, sexy, klug, aber total unvernünftig und außerdem vollkommen verantwortungslos. »… einzigartig«, beendete er ein wenig lahm seinen Satz.
Lucy schnaubte. »Sie hat gesoffen!«
Das Baby hinten begann zu wimmern.
»Sie muss bald was zu essen kriegen, und wir haben nichts mehr.«
Na toll! Das hatte ihm gerade noch gefehlt. »Was isst sie denn so?«
»Na, sie kriegt ihr Fläschchen mit Milchbrei und isst auch schon so Zeug aus dem Gläschen.«
»Wir besorgen was, wenn wir im Labor waren.« Die Laute aus dem Wagenrückteil wurden zunehmend unglücklicher. »Wie heißt sie?«
Eine neuerliche Pause. »Butt.«
»Du bist’n richtiger Spaßvogel, stimmt’s?«
»Ich hab ihr den Namen nich gegeben.«
Er warf einen Blick in den Rückspiegel auf den rotwangigen kleinen Wonneproppen mit den Bonbonaugen und dem engelsgleichen Mündchen. Dann blickte er wieder Lucy an. »Du willst mir weismachen, dass Sandy ihr Baby Butt, also Hintern, genannt hat?«
»Is mir egal,
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