Wer will schon einen Traummann: Roman (German Edition)
nette Begleitung, fuhr er auf einer löchrigen Landstraße in Pennsylvania in einem zehn Jahre alten Wohnmobil namens Mabel gen Westen, mit zwei Gören im Schlepptau, die sich schlimmer aufführten als seine sieben Schwestern zusammengenommen.
Gestern Nachmittag hatte er Sandys Anwalt angerufen und ihm von Joanne Pressman erzählt; aber anstatt ihm zu garantieren, dass man ihr die Mädchen übergeben würde, sobald sie wieder im Lande war, hatte der sich gewunden wie der Wurm, der er war.
»Das Jugendamt wird erst prüfen müssen, ob sie ihnen ein zufriedenstellendes Zuhause bieten kann.«
»Das ist doch lächerlich«, hatte Mat entgegnet. »Sie ist’ne Collegeprofessorin. Und alles ist besser als das, was sie im Moment haben.«
»Nun, trotzdem muss sie überprüft werden.«
»Und wie lang wird das dauern?«
»Schwer zu sagen. Nicht länger als sechs Wochen, denke ich. Höchstens zwei Monate.«
Mat hatte geschäumt vor Wut. Einen Monat im Unterbringungssystem des Jugendamtes konnte genügen, um ein Kind wie Lucy dauerhaft zu schädigen. Ohne es zu wollen, versprach er also, die Nacht über bei den Mädchen zu bleiben, damit die Behördenvertreter nicht vor morgen Vormittag auftauchen mussten.
Während er dann nach seinem misslungenen »Unternehmen Bluttest« vergebens versuchte, auf Sandys durchgesessener Liege Schlaf zu finden, tröstete er sich mit der Vorstellung, dass Pflegefamilien heutzutage viel schärfer überprüft wurden als früher. Man sah sich die Verhältnisse genauer an und machte auch öfters Hausbesuche. Aber die Erinnerung an all diese Kids, die durch den Havlovschen Fleischwolf gedreht worden waren, ließ ihn nicht mehr los. Bei Tagesanbruch wusste er, dass sein Gewissen ein Herauswinden aus dieser Sache nicht zulassen würde. Zu viel früher Einfluss von Nonnen. Er konnte nicht zulassen, dass diese Teenage-Terroristin oder der kleine Dämon monatelang bei irgendwelchen Pflegefamilien verkamen, wenn zwischenzeitlich er nur ein paar Tage einspringen und sie am Wochenende dann ihrer Großmutter übergeben musste.
Joanne Pressmans Adresse in Iowa stand in Sandys Adressbuch. Er sollte die beiden so rasch wie möglich aus dem Haus schaffen; also beschloss er, den Morgenflug nach Burlington zu nehmen. Einmal dort angekommen, würde er einen Wagen mieten und nach Willow Grove fahren. Und während er auf Joanne Pressmans Rückkehr wartete, würde er die verdammten Bluttests machen lassen, selbst wenn er Lucy mit Gewalt ins Labor schleppen müsste.
Unglücklicherweise zerschlug sich sein schöner Plan in dem Augenblick, als er feststellte, dass Spritzen nicht Lucys einzige Phobie waren.
»Ich steig nich in ein Flugzeug, Jorik! Fliegen hasse ich! Und wenn du versuchst, mich zu zwingen, dann schrei ich so laut ich kann, dass du mich entführst!«
Eine andere Kröte hätte vielleicht geblufft, aber Lucy meinte es bestimmt ernst; da er sich nun mit dem Ausweichmanöver vorm Jugendamt ohnehin schon an der Grenze der Legalität befand, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er mit den Kindern den Staat verließ, wollte er lieber kein Risiko eingehen. Also schnappte er sich ihre Sachen und die Lebensmittel, die er gestern gekauft hatte, und trieb sie wie eine kleine Schafherde ins Wohnmobil. Sowieso musste er vier oder fünf Tage totschlagen – was machte es also aus, wenn sie ein wenig länger unterwegs waren?
Er hatte keine Ahnung, wie sehr die Behörden hinter ihm her sein würden – besonders wo Sandys Anwalt mit Sicherheit erriet, wohin sie fuhren. Trotzdem mied er lieber jede Herausforderung und hielt sich von den Autobahnen fern, wo Tollbooth-Angestellte oder die Autobahnpolizei die Nummer des Wohnmobils bereits notiert haben mochten. Leider konnte er beim Gebrüll des süßen Ungeheuers und der dauernden Nörgelei von Lucy die schöne Landschaft nicht genießen.
»Ich glaub, ich kotz gleich.«
Sie saß auf der schmalen Sitzbank des Wohnmobils. Er wies mit einer Kopfbewegung zum Rückteil des Wagens und übertönte das Gebrüll des Babys: »Das Klo ist da hinten.«
»Wenn du nich netter zu mir und Butt bist, wird’s dir noch Leid tun!«
»Würdest du aufhören, sie so zu nennen?«
»So heißt sie aber.« Nicht mal Sandy konnte so verrückt gewesen sein – aber es war ihm noch nicht gelungen, den richtigen Namen des Babys aus Lucy herauszukriegen.
Das Gebrüll riss jäh ab. Vielleicht war das Baby ja eingeschlafen. Er warf einen Blick auf die Bank, auf der es in seinem Sitz
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