Wer will schon einen Vampir?: Argeneau Vampir 8
skeptisch gegenüber und wollten erst lange Zeit umworben werden. Und dann waren da noch diejenigen, die mit Unsterblichen nichts zu tun haben und erst recht keiner von ihnen werden wollten. Er konnte ihr nicht einfach eröffnen, sie sei seine Lebensgefährtin, und erwarten, dass sie das akzeptierte. Noch war Thomas nicht davon überzeugt, dass sie diese Neuigkeit gut aufnehmen würde, und er wollte lieber eine Zeit lang einen Bogen um das Thema machen, bis er ihre Reaktion besser einschätzen konnte. Würde der bloße Gedanke, seine Gefährtin zu sein, sie in Panik versetzen? Zugegeben, ihm gefiel die Vorstellung, Inez an seiner Seite zu haben, und mit jeder Minute konnte er sich dafür mehr und mehr erwärmen. Aber wie dachte sie darüber? Zwar starrte sie ihn nicht länger so an, als hätte sie die Brut des Teufels vor sich, doch das bedeutete noch lange nicht, dass sie deswegen auch bereit war, mit ihm zusammenzuleben.... und das gleich über viele Jahrhunderte. „Thomas?”, hakte sie nach.
Er setzte zum Sprechen an, aber ihm wollte beim besten Willen nichts einfallen, wie er das Thema wechseln konnte. Verzweifelt sah er aus dem Fenster, und als im nächsten Moment ein Gong ertönte, atmete er erleichtert auf. „Wir sind da.”
Während der Bus abbremste, sprang Thomas auf, nahm seinen Rucksack an sich und eilte nach draußen, kaum dass sich die Türen öffneten. Er hatte es so eilig, dass er nicht daran dachte, Inez’ Arm zu fassen und ihr aus dem Bus zu helfen. Allerdings war sie bereits dicht hinter ihm, und als sie mürrisch „Das war ja wohl Rettung in letzter Sekunde” murmelte, hätte er fast laut aufgelacht. Er bemühte sich um eine Unschuldsmiene, nahm Inez’ Arm und ging mit ihr zum Hotel. Bis durch die Eingangstüren folgte sie ihm wortlos, dann blieb sie abrupt stehen und bewunderte die gewaltige Lobby. Obwohl Thomas nicht zum ersten Mal dort war, hielt auch er inne und genoss gemeinsam mit Inez das beeindruckende Ambiente.
Das 1867 erbaute Amstel Hotel präsentierte sich als erhabenes, elegantes Bauwerk. Die weitläufige, in Weiß gehaltene Lobby erstreckte sich bis in die erste Etage, eine Holztreppe führte hinauf in den ersten Stock zum Balkon mit seinen Bögen, Säulen und den handgeschnitzten Geländern. Thomas fasste Inez wieder am Arm und zog sie sanft mit sich zum Empfang. Nachdem er eingecheckt hatte, lehnte er freundlich die angebotene Hilfe ab, sein Gepäck aufs Zimmer zu bringen, dann ging er mit Inez zum Aufzug.
„Also?”, fragte sie, kaum dass sich die Lifttüren hinter ihnen geschlossen hatten. „Warum konnten Sie mich nicht lesen?”
„Wer sagt denn, dass ich das nicht konnte?”, gab er ausweichend zurück. Ihre Hartnäckigkeit war einfach erschreckend. „Vielleicht wollte ich es ja gar nicht.”
„Ich konnte durch die Badezimmertür hören, wie Sie mit Mr. Argeneau telefoniert haben. Sie haben gesagt, Sie könnten meine Erinnerung nicht löschen. Zudem wäre das alles für Sie doch viel einfacher gelaufen, wenn Sie mir die Erinnerung an den Zwischenfall genommen hätten. Schließlich müssten Sie mir dann gar nichts erklären, weil ich nichts mehr davon wüsste. Also noch mal: Warum klappt das bei mir nicht? Gibt es andere Menschen, bei denen es Ihnen auch nicht gelingt?”
Er verzog den Mund und wünschte, sie hätte ihre Fragen wenigstens lange genug vergessen, bis er ein paar Blutbeutel geleert hatte und wieder in der Lage war, sich zu konzentrieren. „Thomas?”, bohrte sie unerbittlich weiter.
„Nein, es gibt nur wenige Menschen, bei denen ein Unsterblicher nicht in der Lage ist, sie zu lesen, zu kontrollieren oder ihre Erinnerung zu löschen”, gab er mürrisch zu.
„Und ich bin einer von diesen Menschen?”
Thomas nickte und sah zur Fahrstuhlanzeige. Sie waren fast auf ihrer Etage angelangt.
„Aber Sie sagten, Wyatt kann es, und deshalb wollte Mr. Argeneau ihn ins Dorchester schicken, wenn ich nicht mit Ihnen nach Amsterdam reise und Sie alles erklären lasse”, betonte sie und ließ sogleich die nächste Frage folgen: „Ist Wyatt ein älterer, stärkerer Vampir als Sie? Kann er deswegen Dinge, die Sie nicht können?”
Ehe Thomas zu einer Lüge greifen konnte, um sich für den Moment herauszureden, hielt der Lift, und die Türen öffneten sich. Fast hätte er erleichtert aufgeatmet, als er aus dem Aufzug stürmte, einen flüchtigen Blick auf die Hinweistafel warf und dann in die Richtung davoneilte, in der sich ihr Zimmer befand.
„Es behagt
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