Wer Wind sät
doch ihr Vater gerade erst erschossen worden war. Aber sie war eher ⦠aufgekratzt. Gesagt hat sie aber nicht viel, obwohl sie ja sonst plappert wie ein Wasserfall.«
Das klang geringschätzig.
»Was hat sie denn gesagt?« Pia hörte Kröger hinter sich rumoren.
»Ich weià nicht mehr genau. Doch! Sie hat mich darum gebeten, ihre Blumen zu gieÃen, weil sie eventuell für ein paar Tage verreisen will.«
Frauke Hirtreiter hatte am Vormittag durch Bodensteins Vater vom Tod ihres Vaters erfahren, danach war sie mit ihren Brüdern in der Rechtsmedizin in Frankfurt gewesen. Hatte sie um sechs Uhr abends schon wissen können, was sie im Schrank im Gästezimmer des Hauses ihres Vaters finden würde, so dass sie bereits zu diesem Zeitpunkt ihre Flucht geplant hatte?
»Pia? Kommst du mal?«, rief Kröger halblaut aus dem Innern der Wohnung.
»Dann erst mal vielen Dank, Frau â¦Â«
»Meyer zu Schwabedissen. Irene.« Ein Schwall Knoblauchgeruch lieà Pia einen Moment den Atem anhalten. Auf leeren Magen war der Geruch kaum zu ertragen.
»Ãh, ja.« Pia reichte ihr eine Visitenkarte und lächelte gezwungen. »Wenn Ihnen noch etwas einfällt, oder falls Frau Hirtreiter auftaucht oder sich bei Ihnen meldet, rufen Sie mich bitte an.«
Frau Meyer-Irgendwas nickte eifrig, und Pia ging in die benachbarte Wohnung. âºÃrmlichâ¹ war das Adjektiv, das ihr beim Anblick der spärlich möblierten Zimmer durch den Kopf schoss. Die Einbauküche war sauber, aber uralt und abgestoÃen, im Wohnzimmer standen ein fadenscheiniges Sofa, ein winziger, altmodischer Fernseher mit Antenne und eine klapprige Schrankwand, die aussah, als würde sie beim Ãffnen der Türen in sich zusammenfallen. Kahle Wände ohne Bilder, keine Bücher, kein Nippes. Trostlos. Ein paar Blumen auf dem Fensterbrett im Wohnzimmer machten den einzigen Unterschied zu einer Gefängniszelle. So wohnte niemand freiwillig. Frauke Hirtreiter konnte das Geld der WindPro wahrhaftig gut gebrauchen.
»Christian?«, fragte Pia. »Wo bist du?«
»Hier drüben, im Schlafzimmer«, hörte sie seine Stimme aus dem Nachbarraum und ging weiter. Helles Laminat ohne Teppich. Bett, Schrank und Regal im Schlafzimmer waren relativ neu und schienen aus einem Baumarkt zu stammen.
Kröger stand vor dem geöffneten Schrank und fotografierte etwas mit seiner Handykamera in dessen Innerem.
»Du hattest den richtigen Riecher«, sagte er über die Schulter, »schau dir das mal an. Sie hat sich noch nicht mal die Mühe gemacht, es zu verstecken.«
Pia blickte an ihm vorbei. Zwischen ein paar Kleidungsstücken an Kleiderbügeln lehnte ein Gewehr.
Freitag, 15. Mai 2009
Zwei Leichen, eine verschwundene Mordverdächtige und hundert offene Fragen. Jeder Weg führte in eine Sackgasse. Von Frauke Hirtreiter und ihrem Auto gab es keine Neuigkeiten, sie war wie vom Erdboden verschluckt. Ihre Brüder hatten sich bei den gestrigen Vernehmungen sehr schnell in Lügen verstrickt und irgendwann zugegeben, gemeinsam mit ihrer Schwester am Dienstagabend auf dem Hof gewesen zu sein. Um neun Uhr hatten sie sich dort getroffen, gegen halb elf waren sie gefahren, ohne dass ihr Vater aufgekreuzt war. Das Auto wollten sie auch beide gesehen haben, eine dunkle Limousine, BMW oder Audi. Es war um kurz vor zehn gekommen, hatte etwa fünf Minuten mit laufendem Motor an der StraÃenecke gestanden und war dann wieder gefahren. Das konnte stimmen, konnte aber auch der Versuch sein, den Verdacht auf einen geheimnisvollen Unbekannten zu lenken, den die Polizei nie finden würde, weil es ihn nicht gab.
Auf die Frage, weshalb er sich umgezogen habe, bevor er auf die Party seines Schwiegervaters zurückgekehrt sei, gab Gregor Hirtreiter geschmeidig zur Antwort, der Hund seines Vaters habe ihn angesprungen.
Matthias Hirtreiter erklärte die fehlende Dreiviertelstunde bis zu seiner Ankunft im Le Journal mit dem Umweg, den er wegen der Sperrung der B 455 zwischen Eppstein und Fischbach nehmen musste. Keine Schmauchspuren an den Händen. Kein Verdacht auf Flucht- oder Verdunklungsgefahr, der einen Haftbefehl gerechtfertigt hätte. Keine Chance, die Erstellung eines Bewegungsprofils ihrer Handys genehmigt zu bekommen. Kein einziger verdammter Beweis. Nichts.
Pia hatte sie laufenlassen müssen, mit dem Gefühl, von vorne bis hinten belogen worden zu sein.
»Ich
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