Wer Wind sät
versuche trotzdem, Hausdurchsuchungsbeschlüsse zu kriegen«, schloss Ostermann seinen Bericht mit einem beinahe trotzigen Unterton. »Allein schon deshalb, weil sie uns zuerst angelogen haben.«
Die Neuigkeiten aus dem Kriminallabor berechtigten zu leiser Hoffnung, wenngleich die Analyse der DNA aus dem abgerissenen Latexhandschuh wie üblich auf sich warten lieÃ. An der Kleidung Hirtreiters waren Textilfasern gesichert worden, andere als an der Leiche Grossmanns, dafür hatte man aber mittels eines speziellen Computerprogramms ziemlich genau die KörpergröÃe des Einbrechers berechnen können.
Pia hörte ihren Kollegen mit einem Ohr zu und malte gedankenverloren auf ihrem Schreibblock herum. Gestern Abend war sie erst um halb eins nach Hause gekommen, nachdem sie und Kröger beim Mexikaner in der Limburger StraÃe noch höllisch scharfe Enchiladas gegessen und mit Caipirinha heruntergespült hatten. Sie hatte damit gerechnet, dass Christoph sauer sein würde, das war er aber nicht, denn er war gar nicht zu Hause gewesen. Giraffengeburt, kann spät werden, hatte er freundlicherweise auf einem Zettel notiert.
»Theodorakis ist ungefähr eins achtzig groë, sagte Cem gerade.
»Und er hatte ein Motiv für den Einbruch, denn er brauchte diese Gutachten.« Pia gähnte und zeichnete einen Raben auf ihren Block. »Er hat einen Schlüssel für das Firmengebäude und kennt sich dort aus.«
»Ich habe gestern Nachmittag mit Theodorakis gesprochen«, mischte sich Bodenstein, der sich bisher aus der Diskussion herausgehalten hatte, ein.
Pia hatte ihm noch nicht verziehen, dass er sie so völlig im Stich gelassen hatte, aber sie konnte ihn nicht einfach ignorieren, schlieÃlich war er ihr Chef. Und was auch immer er gestern Abend getrieben hatte, es war ihm gut bekommen, denn er wirkte so aufgeräumt wie lange nicht mehr.
»Wo hast du denn den getroffen?«, fragte sie.
»Er war bei uns auf dem Hof und wollte mit meinem Vater sprechen. Ich habe ihn gefragt, wie er an die Gutachten der WindPro gekommen sei.«
»Ach ja? Und was hat er dir für eine Geschichte erzählt?« Pia lieà die Mine des Kugelschreibers ein paar Mal hintereinander hinein- und herausschnellen, bis Kai ihr einen genervten Blick zuwarf.
»Er behauptet, ein ehemaliger Kollege beim Umweltministerium habe sie ihm gegeben.«
»Theodorakis hat mal beim Umweltministerium gearbeitet?«, fragte Cem erstaunt.
»Ja. Fachabteilung erneuerbare Energien und Umweltschutz. Durch seine Arbeit hat er Theissen kennengelernt, der ihm ein lukratives Jobangebot gemacht hat. Für die WindPro war Theodorakis mit seinen Beziehungen über Jahre hinweg Gold wert, und er weià wiederum eine Menge über die Geschäfte der WindPro.«
»Unter anderem, wie man ins Firmengebäude reinkommt«, sagte Pia trocken. »Nie und nimmer hatte jemand vom Ministerium diese Gutachten!«
»Ich halte das für möglich«, widersprach Bodenstein. »Sie waren schlieÃlich Bestandteil des Bauantrages für den Windpark. Kai, hier sind Name und Telefonnummer von Theodorakisâ ehemaligem Kollegen im Ministerium. Setz dich bitte mal mit ihm in Verbindung und bestell ihn hierher.«
Ostermann nickte.
»Ich bin fest davon überzeugt, dass Theodorakis eingebrochen ist«, beharrte Pia. »Er will Theissen eins auswischen.«
»Er hat ein Alibi«, erinnerte Cem sie.
»Das ist schwammig. Was, wenn er nur bis um zwölf bei seiner Mutter gearbeitet hat? Danach hätte er noch massig Zeit für einen kleinen Einbruch gehabt.«
»Und er hatte ganz zufällig einen toten Hamster in der Tasche?«
Der Hamster! Pia starrte Cem ein paar Sekunden lang an.
»Seine Freundin hat einen Zooladen«, überlegte sie laut. »In Zooläden werden lebende Tiere verkauft. Vielleicht sollten wir uns mal die Lieferscheine zeigen lassen. Wie viele Hamster hat sie ge kauft, wie viele hat sie ver kauft.«
Eine Weile wurde hin und her diskutiert und schlieÃlich entschieden, dass Cem und Kathrin mit anderen Kollegen nach Ehlhalten fahren und die Anwohner rings um die Krone wegen des unbekannten Mannes befragen sollten. Parallel würde die Suche nach Frauke Hirtreiter auf Presse, Rundfunk und Fernsehen ausgeweitet.
*
Er fühlte sich krank. Krank und elend. Die ganze Welt war verlogen. Die Menschen lächelten einem ins Gesicht und dachten
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