Wer Wind sät
Bodenstein in seinem Privatleben tat, aber sie musste sich eingestehen, dass es sie kränkte, wie er sich ihr gegenüber verhielt. Sie drehte das Autoradio lauter, zündete sich eine Zigarette an und lieà das Fenster ein Stück herunter. Es hatte keinen Sinn, sich den Kopf über Bodenstein zu zerbrechen, deshalb zwang sie ihre Gedanken zu dem Gespräch, das vor ihr lag. Mit etwas Glück bekam sie irgendeinen Hinweis, der ihren Verdacht gegen diesen überheblichen Wicht Theodorakis untermauerte.
Waldhausen erwartete Pia in seinem Büro und brauchte keinen AnstoÃ, er legte sofort los. Theodorakis sei einmal ein Kollege gewesen und beinahe so etwas wie ein Freund, aber nun habe er sein wahres Gesicht gezeigt. Als er damals aus dem Ministerium in die freie Wirtschaft gewechselt sei, habe er eiskalt jede Beziehung ausgenutzt und versucht, ehemalige Kollegen zu bestechen, um Vorteile für seinen Arbeitgeber herauszuschlagen.
»Ehrlich gesagt«, unterbrach Pia den Redefluss des Staatssekretärs, »interessiert mich nicht, wer sich hat bestechen lassen. Wir ermitteln in zwei Todesfällen, und ich möchte nur wissen, ob Sie Theodorakis zwei Gutachten gegeben haben, die die WindPro zur Genehmigung des Windparks in Ehlhalten eingereicht hatte.«
»Ganz sicher nicht«, erwiderte Waldhausen konsterniert.
»Er hat vorgestern Abend auf der Bürgerversammlung Ihren Namen erwähnt«, sagte Pia. »Sie seien Theissens Kontaktmann beim Umweltministerium, hat er behauptet, und Sie hätten wider besseres Wissen Ihr Okay für das Genehmigungsverfahren gegeben.«
»Das ist typisch für diesen Mann.« Waldhausen lachte grimmig. »Meine Abteilung hat damals nach ausführlicher Prüfung sämtlicher Gutachten und der Umweltverträglichkeitsstudien in einem ganz normalen Verfahren dem Bau des Windparks zugestimmt. Es gab keinen Grund, den Antrag abzulehnen.«
»Was ist mit den Argumenten der Bürgerinitiative?«, wollte Pia wissen.
Waldhausen verdrehte die Augen.
»Wissen Sie«, sagte er dann, »jeder will regenerative Energie, jeder ist gegen Atomkraft. Aber keiner möchte bitte schön einen Windpark oder eine Biogasanlage vor der Haustür haben. Diese Bürgerinitiativen mit ihrer Blockadepolitik kosten nicht nur die Investoren, sondern vor allen Dingen den Steuerzahler Millionen, weil sie Genehmigungsverfahren unnötig in die Länge ziehen. Und meistens stecken rein egoistische Beweggründe dahinter.«
»Im Fall Windpark Ehlhalten auch?«
»O ja.« Waldhausen schlug die Beine übereinander. »Theodorakis interessiert doch der Windpark gar nicht. Er will seinem früheren Arbeitgeber eins auswischen, und dazu ist ihm jedes Mittel recht.«
»Hm. Kennen Sie Dr. Theissen persönlich?«
»Ja, natürlich. Es ist ja nicht die erste Windkraftanlage, die seine Firma hier in Hessen plant und baut.«
»Was passiert, wenn sich herausstellt, dass die Windgutachten, die maÃgeblich zur Genehmigung des Windparks beigetragen haben, tatsächlich gefälscht sind?«
Waldhausen zögerte.
»Wieso sollte man Gutachten fälschen?«, antwortete er dann. »Ein Windpark, der nicht läuft, ist ein Millionengrab.«
»Für wen?«
»Für den Betreiber.«
»Und wer wird im Falle des Windparks Ehlhalten der Betreiber sein?«
»Das weià ich nicht genau. Ich bin mit den Details dieses Projekts nicht vertraut, darum kümmern sich Sachbearbeiter aus den einzelnen Abteilungen unseres Hauses. Allerdings verstehe ich nicht ganz, worauf Ihre Frage abzielt.«
»Und ich verstehe nicht ganz, wie die WindPro eine Genehmigung für ein Projekt bekommen konnte, für das nicht einmal die Zuwegung geklärt ist. Bis heute ist nicht geregelt, wie die Baustelle der Windräder überhaupt erreicht werden kann.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Dass in Ihrem Hause irgendjemand nicht so genau hingeschaut hat, als die Genehmigung erteilt wurde. Und das wundert mich, denn ich weiÃ, wie akribisch solche Genehmigungsverfahren üblicherweise geführt werden. Das ist doch ein schwerwiegender Fehler. Ob genehmigt oder nicht, der Windpark kann gar nicht gebaut werden.«
»Es gab verschiedene Planungsvarianten, denen zugestimmt wurde.« Auf einmal konnte sich Waldhausen offenbar doch an Details erinnern. »Die WindPro hatte für Variante A bereits Vorverträge
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