Wer Wind sät
einbog, in dem die Büros des K 11 lagen. Aus einer offenen Tür drang Stimmengewirr. Beinahe die komplette Belegschaft der RK i Hofheim hatte sich in den Besprechungsraum gequetscht. Er wäre am liebsten einfach weiter in sein Büro gegangen, aber Pia hatte ihn erblickt und drängte sich mit verärgerter Miene zu ihm durch.
»Wo warst du denn den ganzen Tag?«, fragte sie mit einem deutlichen Vorwurf in der Stimme, den Bodenstein ihr nicht verdenken konnte. »Ich hab zigmal versucht, dich zu erreichen. Warum rufst du nicht zurück? Hier ist echt die Kacke am Dampfen!«
Bodenstein brachte es nicht über sich, ihr von Rademacher und von Hirtreiters verhängnisvollem Testament zu erzählen. Es war zu ungeheuerlich für ein Gespräch zwischen Tür und Angel.
»Tut mir leid«, begann Bodenstein. »Ich â¦Â«
Er verstummte, als sich die Tür des Büros am Ende des Flures öffnete. Kriminalrätin Dr. Engel trat heraus, näherte sich mit klappernden Absätzen und unheilverkündender Miene.
»Sie hat dich auf dem Kieker«, zischte Pia ihm zu. »Das Auto von Frauke Hirtreiter ⦠ich wollte es dir sagen, aber du bist ja nicht ans Telefon gegangen.«
»Ah, der Hauptkommissar gibt sich auch endlich mal die Ehre«, schnappte Dr. Engel, sichtlich schlecht gelaunt. »Wir fangen an. Also bitte â¦Â«
Bodenstein und Pia betraten den überfüllten Besprechungsraum. Achtzehn Kollegen aus anderen Sachbereichen hatten das Team des K 11 unterstützt und saÃen oder standen nun um den groÃen Tisch herum.
Beim Anblick der Kriminalrätin verstummten die Gespräche, es wurde mucksmäuschenstill. Jeder, bis auf Bodenstein, schien zu ahnen, was nun kommen würde.
Dr. Engel setzte sich an das Kopfende des Tisches, Bodenstein nahm an der Seite neben Pia Platz.
»Ich bin ausgesprochen verärgert«, begann die Kriminalrätin frostig. »Kollegin Kirchhoff hat mich soeben über eine äuÃerst peinliche Panne unterrichtet, und ich will hier und jetzt wissen, wie es dazu kommen konnte. Wieso hat niemand bemerkt, dass die gesuchte verdächtige Person überhaupt nicht mit dem Fahrzeug, nach dem mit erheblichem Aufwand gefahndet wird, unterwegs ist?«
Bodenstein verstand kein Wort. Er saà mit unbewegter Miene da und hoffte, aus Dr. Engels folgenden Ausführungen schlauer zu werden.
»Ich lasse zu, dass achtzehn Kollegen von ihren aktuellen Fällen abgezogen werden, um die Arbeit des K 11 zu unterstützen, und dann passiert so etwas! Ein groÃes Team ist nur dann sinnvoll, wenn jemand in der Lage ist, dieses Team auch effizient zu koordinieren. Das scheint mir nicht der Fall zu sein.«
Sie lieà einen ihrer gefürchteten Röntgenblicke über die Gesichter der Anwesenden schweifen. Die meisten senkten die Augen oder blickten verstohlen zu Bodenstein hinüber, auf den die Vorwürfe gemünzt waren.
»Diese Akten hier sind ein einziges Chaos!« Sie tippte mit dem Zeigefinger nachdrücklich auf die beiden Hefter, die vor ihr auf dem Tisch lagen. »Nichts als eine Aneinanderreihung konfuser Vermutungen. Handfeste Beweise fehlen vorne und hinten. Und dazu noch diese Blamage heute! Wir sind meilenweit entfernt von einer Aufklärung der Fälle Grossmann und Hirtreiter â und ich sage mit Absicht âºwirâ¹, denn diese schlampige Ermittlungsarbeit wirft auch ein schlechtes Licht auf die Behördenleitung!«
Peinliche Stille. Kein Husten, kein Räuspern, jeder schien die Luft anzuhalten.
»Kollege Kröger, vielleicht können Sie mir erklären, wieso niemand von Ihren Leuten in die Garage geschaut hat«, begann Dr. Engel, doch da griff Bodenstein ein.
»Wenn ein Fehler passiert ist«, sagte er, noch immer in Unkenntnis dessen, was seine Chefin genau erzürnt hatte, »dann fällt das in meinen Verantwortungsbereich, denn ich leite die Ermittlungen.«
Die Kriminalrätin wandte sich ihm zu.
»Aha. Sie leiten also die Ermittlungen. Den Eindruck hatte ich heute allerdings nicht. Wo waren Sie den ganzen Tag über?«
Der Sarkasmus in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
»Ich war dienstlich unterwegs.« Bodenstein hielt ihrem Blick stand. Die Situation geriet unversehens zu einem Kräftemessen coram publico. Er dachte nicht daran, klein beizugeben. Weder hatte er vor, sich zu entschuldigen, noch würde er sich
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