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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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ich leider nicht mehr dazu gekommen«, sagte Theodorakis. »Wie Sie vielleicht wissen, geriet die Bürgerversammlung zu einer Tragödie, es gab Verletzte und sogar eine Tote. Ich wollte aber trotzdem von Herrn Theissen wissen, wie er an die Baugenehmigung für den Windpark Taunus gekommen ist. Zu Ihrer Information«, Theodorakis wandte sich an das übrige Publikum, »die WindPro will oberhalb von Ehlhalten einen Windpark mit zehn monströsen Windrädern errichten, und zwar an einer Stelle, an der er wegen unzureichender Windverhältnisse vollkommen unsinnig ist. Dafür wurden Bestechungsgelder an das Umweltministerium in Wiesbaden gezahlt, Feldhamster vergast und Gutachten gefälscht.«
    Theissen warf Eisenhut einen Seitenblick zu und bemerkte dessen versteinerte Miene.
    Â»Was soll das?«, zischte der Klimaexperte. »Wer ist der Mann?«
    Das Publikum wurde unruhig, man drehte sich zu Theodorakis um. Verzweifelt überlegte Theissen, wie er die Veranstaltung retten konnte. Einfach abbrechen?
    Â»Herr Professor Eisenhut«, sagte Theodorakis nun, »abgesehen davon, dass alles, was Sie eben über den Klimawandel erzählt haben, völliger Unsinn ist, würde mich interessieren, weshalb Sie und Ihr Kollege Brian Fuller von der University of Wales für unseren geschätzten Herrn Dr. Theissen Gutachten gefälscht haben.«
    Theissen hatte noch die winzige Hoffnung gehegt, das Publikum würde pfeifen oder Theodorakis sonst irgendwie zum Schweigen bringen, doch zu seinem Entsetzen herrschte Totenstille. Die Presseleute, die sich während des Vortrages kaum Notizen gemacht hatten, witterten einen Skandal und zückten erwartungsvoll ihre Blöcke.
    Â»Ich weiß aus sicherer und kompetenter Quelle, dass die Windstandortgutachten für den geplanten Windpark Taunus, die Sie und Ihr britischer Kollege angefertigt haben, falsch sind. Sie haben wichtige Daten überhaupt nicht in Ihre Berechnungen einfließen lassen. Ich bin mir sicher, dass Ihnen der Name Dr. Annika Sommerfeld etwas sagt. Sie war es nämlich, die für uns, die Bürgerinitiative ›Keine Windräder im Taunus‹, Ihre Gutachten mit denen der EuroWind von 2002 verglichen und die Fehler festgestellt hat.«
    Theissen beobachtete, wie Dirk Eisenhut für ein paar Sekunden die Gesichtszüge entgleisten.
    Â»Es tut mir entsetzlich leid«, flüsterte er. »Wir werden hier jetzt abbrechen. Kommen Sie, wir gehen.«
    Doch Dirk Eisenhut saß wie erstarrt da, die Hände um die Stuhllehnen gekrallt, und machte keine Anstalten aufzustehen.
    Â»Ich muss mit dem Mann reden«, entgegnete er mit gepresster Stimme zu Theissens Überraschung. »Unbedingt!«
    Theodorakis hatte währenddessen gemerkt, dass ihm die Aufmerksamkeit aller sicher war, und lächelte siegesgewiss.
    Â»Also sind Sie entweder unfähig, oder Sie haben die Gutachten absichtlich geschönt«, fuhr er fort. »Vielleicht aus Gefälligkeit, weil Dr. Theissens Firma Ihr neues Klima-Institut in Frankfurt finanzieren wird? Oder aus alter Freundschaft? Oder vielleicht … für Geld?«
    Endlich wurden Zwischenrufe laut, andere Gäste standen auf. Theissen war verzweifelt. Mittlerweile begriffen auch seine Kollegen vom Wirtschaftsclub, dass hier etwas aus dem Ruder lief. Zwei von ihnen versuchten, sich durch die Stuhlreihen einen Weg zu Theodorakis zu bahnen, ein anderer verließ den Saal und kehrte mit drei Leuten vom Sicherheitsdienst zurück. Außer sich vor Zorn erkannte Stefan Theissen, dass er Theodorakis vollkommen unterschätzt hatte. Dieser rachsüchtige Wichtigtuer war drauf und dran, wirklich alles zu zerstören.
    Â»Jetzt reicht’s«, sagte er und stand auf. Wild entschlossen sprang er vom Podium, um Theodorakis zu stoppen. Doch es war zu spät. Zweihundert Leute warteten begierig auf eine Stellungnahme Eisenhuts; die Pressevertreter hatten Blut geleckt und vergaßen jede Zurückhaltung. Sie sprangen von ihren Plätzen, stießen und schoben, zückten Mikrophone und Diktiergeräte und versuchten ebenfalls, zu Theodorakis vorzudringen. Blitzlichter flammten auf, die Leute riefen durcheinander. Andere zischten, damit wieder Ruhe einkehrte.
    Theissen war indes egal, was man von ihm denken mochte. Sein Zorn war zu purer Mordlust geworden, als er seinen Widersacher erreichte und am Hemd packte.
    Â»Ich hab dich gewarnt!«, knirschte er. Er

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