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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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seine Federn wegputzen, weil er überall im Haus herumgeflogen ist. Abends hat mein Vater mit seinem Drecksvogel vor dem Fernseher gesessen, anstatt mit mir zu reden oder meiner Mutter Gesellschaft zu leisten. Und als er auf mich losgegangen ist und ich die Treppe runtergefallen bin, habe ich nur noch rotgesehen.«
    Â»Wir haben die Waffe, mit der Ihr Vater erschossen wurde, in Ihrem Kleiderschrank gefunden.« Pia legte das Foto, das Kröger mit seinem Handy gemacht hatte, auf den Tisch im Vernehmungsraum. Sie hatte Frauke Hirtreiter angeboten, ihren Anwalt anzurufen, doch das hatte sie abgelehnt. »Und Sie waren am Abend des 12 . Mai auf dem Rabenhof.«
    Frauke Hirtreiter hörte ohne jede Anzeichen von Unsicherheit oder gar Angst zu. Sie hatte die Ellbogen auf die Tischplatte gestützt, ihr Kinn ruhte auf den gefalteten Händen, die mit kaum verheilten Kratzern übersät waren.
    Â»Sie sind am 14 . Mai in das versiegelte Haus Ihres Vaters eingebrochen und haben etwas aus dem Schrank eines Zimmers im obersten Stock genommen«, übernahm Cem wie verabredet. »Wir vermuten, dass Sie den Inhalt des Testaments Ihres Vaters kannten und es deshalb verschwinden lassen wollten.«
    Das Testament! Pia war noch immer fassungslos, wie Bodenstein ihr etwas so immens Wichtiges verschweigen konnte! Kurz nachdem er gegangen war, hatte Dr. Engel ihr ab sofort und bis auf weiteres die kommissarische Leitung des K 11 übertragen. Pia hatte gefragt, was zur Beurlaubung ihres Chefs geführt hatte, und daraufhin hatte ihr die Kriminalrätin von Hirtreiters Testament erzählt. In einem ersten zornigen Impuls hätte Pia Bodenstein beinahe angerufen und ihn für den Abend wieder ausgeladen, doch sie hatte es nicht getan. Eigentlich war sie mehr enttäuscht als wütend.
    Seit vier Jahren arbeiteten sie ausgezeichnet zusammen und hatten gemeinsam manch kniffligen Fall aufgeklärt. Mit der Zeit war die Distanz zwischen ihnen geschmolzen und ein Vertrauensverhältnis entstanden, das ihnen beiden erlaubte, sich rückhaltlos auf den anderen zu verlassen, doch auf einmal war alles anders.
    Es tat Pia in der Seele weh, mit ansehen zu müssen, wie Bodenstein sich nur noch mit seinen privaten Problemen beschäftigte und dabei seinen Scharfsinn und seine Besonnenheit verlor. Jetzt war sie ganz auf sich gestellt. Sie durfte ihn nicht einmal anrufen, um sich mit ihm zu beratschlagen, das hatte Frau Dr. Engel nachdrücklich betont.
    Â»Hören Sie.« Frauke unterbrach Pias Gedanken. »Ich habe keinen blassen Schimmer, wie das Gewehr in meine Wohnung gekommen ist. Aber ich habe weder meinen Vater noch Tell getötet. Wieso sollte ich das tun?«
    Â»Weil Sie Ihren Vater gehasst haben?«, schlug Cem vor. »Er hat Sie und Ihre Mutter jahrelang gedemütigt und erniedrigt. Außerdem wissen wir, dass Sie eine sehr gute Schützin sind und mit Waffen umgehen können.«
    Frauke Hirtreiter lachte bitter.
    Â»Um einen Menschen aus nächster Nähe mit einer Schrotflinte zu erschießen, muss man kein besonders guter Schütze sein.«
    Cem ging auf diese Bemerkung nicht ein.
    Â»Was haben Sie am Mittwoch auf dem Hof gewollt?«, fragte er stattdessen.
    Â»Sie kennen doch meine Brüder.« Frauke seufzte. »Und mittlerweile wissen Sie sicher auch, wie vollkommen pleite sie sind. Ich wollte ein paar Dinge, die meiner Mutter lieb und teuer gewesen sind, vor ihnen in Sicherheit bringen. Die werden alles zu Geld machen, was sie in die Finger kriegen.«
    Â»Das glaube ich Ihnen nicht.«
    Â»Na gut. Es waren nicht nur Erinnerungsstücke. Unter anderem waren in dem Karton die Papiere für die beiden Oldtimer. Ja, und auch eine Abschrift seines Testaments. Ich wusste also, dass ich den Hof erbe und mein Bruder das Elternhaus unserer Mutter in Bad Tölz. Mit meinem alten Auto wollte ich die Strecke nicht fahren, deshalb habe ich den Mercedes meines Vaters genommen.«
    Â»Sie sind nach Bad Tölz gefahren?«
    Â»Ja. Noch in der gleichen Nacht.«
    Â»Was haben Sie dort gemacht?«, schaltete Pia sich wieder in die Vernehmung ein.
    Â»Das Elternhaus meiner Mutter ausgeräumt. Seit ihrem Tod stand es leer, mein Vater wollte nicht mehr hinfahren. Der Großvater meiner Mutter war ein wohlhabender Münchener Geschäftsmann und Kunstmäzen. Er kaufte massenhaft Bilder von damals noch unbekannten Malern, bis er selbst arm wie eine Kirchenmaus

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