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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Und da geschah etwas in Marks Innerem. Es war, als ob plötzlich ein Schalter umgelegt worden wäre. Jetzt, da das Schlimmste, das er sich hatte vorstellen können, tatsächlich eingetreten war, fiel die Angst von ihm ab, dafür flammte kalter Hass in ihm auf. Sein ganzes Leben war bisher von der Furcht bestimmt worden, jemanden zu verlieren, den er liebte: erst seine Eltern, dann Micha, schließlich Jannis und Ricky. Nun hatte er sie verloren. Alle. Einer nach dem anderen hatte ihn enttäuscht, angelogen und im Stich gelassen. Wovor sollte er sich jetzt noch fürchten? Ihm war alles gleichgültig. Vollkommen gleichgültig.
    Â»Ich hör mir das nicht mehr länger an«, sagte Ricky entschlossen.
    Â»Bleib stehen«, warnte Mark.
    Â»Jetzt hör auf mit dem Scheiß.« Ricky klang verärgert, sie streckte den Arm aus und griff unerschrocken nach der Pistole.
    Da drückte Mark ab. Haarscharf flog die Kugel an ihrem Arm vorbei und bohrte sich in die Wand neben der Haustür. Der Knall des Schusses war viel lauter, als er erwartet hatte.
    Â»Bist du bescheuert?«, schrie Ricky und taumelte zurück. »Du hast doch echt nicht mehr alle Tassen im Schrank, du kleiner Idiot! Um ein Haar hättest du mich getroffen!«
    Â»Das nächste Mal treffe ich, das kannst du mir glauben«, versicherte Mark. Die Angst in ihren Augen gab ihm ein gutes Gefühl. Es war beinahe so, als säße er an seinem Computer. Doch diesmal war die Waffe in seiner Hand echt.
    *
    Â»Was soll das heißen, Sie haben die Streife abgezogen?«
    Â»Es war Schichtwechsel. Und dann mussten wir zu einer Schlägerei in einer der Schulen hier.«
    Pia musste sich bemühen, nicht zu schreien. Sie war stinksauer. Seit knapp drei Stunden war das Haus von Friederike Franzen ohne Überwachung!
    Â»Ich will, dass in spätestens zehn Minuten zwei Streifenwagen am Haus sind«, sagte sie scharf. »Einer direkt vor dem Haus und der andere unten auf dem Feldweg. Und gebt Bescheid, wenn sich dort etwas tut.«
    Sie legte auf, bevor der Kollege von der Königsteiner Polizeistation irgendwelche Einwände erheben konnte.
    Â»Idioten«, brummte sie verärgert. Das Chefbüro war unpraktisch, deshalb saß sie wieder an ihrem eigenen Schreibtisch.
    Â»Pia, ich hab von Frauke Hirtreiter Frau Franzens Handynummer bekommen.« Kathrin erschien im Türrahmen. »Die Anfrage bei ihrem Mobilfunkanbieter läuft schon. Außerdem habe ich einen Antrag auf Erstellung eines Bewegungsprofils von Mark Theissens Handy gestellt.«
    Â»Sehr gut. Wir brauchen von beiden auch Einzelverbindungsnachweise.«
    Â»Kriegen wir in der nächsten halben Stunde.«
    Â»Super. Sag bitte Kröger Bescheid, dass er mal rüberkommen soll.«
    Â»Mach ich.«
    Â»Die Fahndung nach Friederike Franzen läuft«, verkündete Cem. »Ich hab ihr Autokennzeichen herausgefunden.«
    Am Schreibtisch gegenüber telefonierte Kai mit der Staatsanwaltschaft wegen eines Haftbefehls. Cem rief als Nächstes die Schule von Mark Theissen an, um herauszufinden, ob der Junge zum Unterricht erschienen war. Zu Hause war er seit seiner Flucht über den Balkon nicht mehr aufgetaucht, seine Mutter war in heller Aufregung. Mit dem roten Roller konnte er nicht unterwegs sein, denn den hatte die Königsteiner Polizei seit Samstag in Verwahrung.
    Pia blätterte in der Akte Hirtreiter und ließ im Geiste den vergangenen Samstag Revue passieren. Wieso hatte sie nicht viel eher erkannt, dass mit Ricky Franzen etwas nicht stimmte? Sie hatte sich komisch verhalten. Ihre Tasche war nicht in der Küche, sondern im Auto gewesen, also hatte sie gelogen! Weshalb hatte sie sich so erstaunlich schnell von ihrem Schrecken erholt? Mit wem hatte sie telefoniert? Und was lief da zwischen ihr und Mark Theissen?
    Â»Du wolltest mich sprechen?« Kröger kam ins Büro.
    Â»Hey, Christian. Danke, dass du so schnell gekommen bist.« Pia sog nachdenklich an ihrer Unterlippe. »Was ist mit dem Bericht über das Gewehr, das wir bei Frauke Hirtreiter gefunden haben? Ich kann ihn in der Akte nicht finden.«
    Â»Liegt noch auf meinem Schreibtisch. Was brauchst du?«
    Â»Habt ihr Fingerabdrücke an der Waffe gefunden?«
    Â»Jede Menge.« Kröger runzelte die Stirn. »Wieso?«
    Â»Wir gehen mittlerweile davon aus, dass Friederike Franzen Hirtreiter erschossen und das Gewehr später Frauke

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