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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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so …« Sie verstummte, als sie die Waffe in seiner Hand sah, und runzelte die Stirn. »Was tust du hier? Woher hast du die Pistole?«
    Mark überhörte ihre Frage.
    Â»Ich hab drauf gewartet, dass du mich anrufst«, sagte er und merkte selbst, wie dünn seine Stimme klang. »Und als du dich nicht gemeldet hast, bin ich hierher gekommen.«
    Rickys Blick fiel auf Jannis, der auf einem Stuhl in der dunklen Küche saß, und sie riss überrascht die Augen auf.
    Â»Schatz!«, rief sie. »Wieso bist du nicht im Krankenhaus?«
    Â»Weil ich mich von dir verabschieden wollte, bevor du nach Los Angeles fliegst«, antwortete Jannis sarkastisch. »Du hattest das ja wohl nicht vor.«
    Â»Wie kommst du denn darauf, dass ich nach Los Angeles fliege?« Sie riss die Augen auf und lächelte ungläubig. »Ich bin auf dem Weg nach Hamburg, zu meinen Eltern.«
    Â»Ach ja? Seit wann wohnen deine Eltern in Hamburg? Vielleicht, seitdem dein Vater seinen Konzern verkauft hat und von seinen Millionen lebt?«
    Â»Verdammt, was soll denn das?« Ricky starrte ihn ein paar Sekunden lang an. Derart unvorbereitet ertappt, fiel ihr auf die Schnelle keine neue Lüge ein. Ein Ausdruck von Unsicherheit huschte über ihr Gesicht, aber sie hatte sich sofort wieder im Griff.
    Â»Hör doch endlich mal auf zu lügen«, fuhr Jannis sie an. »Mark hat die Bestätigung der Flugbuchung in deinem Laptop gefunden«, sagte Jannis. »Du hast die Pferde weggebracht und die anderen Tiere auch. Und damit du dich in Ruhe aus dem Staub machen kannst, hast du mir verschwiegen, dass bei einem Einbruch mein ganzes Arbeitszimmer ausgeräumt worden ist.«
    Â»Du hast was ?« Sie wandte sich zu Mark um. »Was fällt dir ein, in meinem Laptop herumzuschnüffeln?«
    Â»Ich … ich …«, stotterte er eingeschüchtert.
    Â»Sag es doch!«, forderte Jannis ihn auf. »Erzähl ihr, was Frauke dir gesagt hat! Von wegen in Amerika studiert und reicher Vater! Pah! Noch nicht mal deine Hundetrainerscheine und Auszeichnungen sind echt. Du bist eine verlogene Schlampe, mehr nicht!«
    Rickys Augen wurden schmal vor Zorn.
    Â»Na, du musst ja gerade was sagen!«, zischte sie. »Der Windpark war dir doch immer scheißegal, du wolltest dich doch bloß rächen, dafür war dir jedes Mittel recht!«
    Â»Das ist nur halb so jämmerlich wie deine erfundene Vergangenheit!«, erwiderte Jannis höhnisch. »Du bist echt nichts als eine leere Seifenblase!«
    Â»Und du bist ein egoistisches Arschloch, das nur große Sprüche klopfen kann und alleine nichts auf die Beine kriegt! Ein Versager bist du!«
    Fassungslos verfolgte Mark die gegenseitigen Beschuldigungen und Beschimpfungen, die immer verletzender und gehässiger wurden. Wort für Wort zerfetzten sie die Illusion von Liebe und Respekt, an die er geglaubt und sich geklammert hatte. Sie stritten wie seine Eltern, schlimmer noch. Bösartiger und vernichtender.
    Â»Ruhe!«, schrie Mark dazwischen. »Hört auf damit!«
    Er konnte es nicht länger ertragen, wie die beiden Menschen, die er am meisten auf der Welt geliebt und bewundert hatte, sich vor seinen Augen zerfleischten. Es war noch viel schlimmer als der Tag, an dem er Micha verloren hatte, tausend Mal größer die Enttäuschung und der Schmerz. Wie war er bloß auf die irrsinnige Idee gekommen, sie beide zu zwingen, ihre Lügen zu gestehen? So hatte er sich das nicht vorgestellt.
    Â»Und du, du kleiner mieser Schnüffler«, fauchte Ricky ihn an. »Was fällt dir überhaupt ein, in meinen Sachen herumzuwühlen, he? Kannst du mir mal sagen, was du hier für eine Nummer abziehst?«
    Die Verachtung in ihrer Miene war unbeschreiblich.
    Mark schluckte. Nichts an ihr war mehr schön, ihr Gesicht nur noch eine hässliche Fratze, hinter der die Person zum Vorschein kam, die sie wirklich war: eine rücksichtslose Egoistin, kalt und herzlos.
    Â»Ich will … ich will wissen, warum ihr mich so angelogen habt.« Er kämpfte verzweifelt gegen die aufsteigenden Tränen. »Ich will, dass ihr mir beide die Wahrheit sagt.«
    Ricky musterte ihn und schüttelte den Kopf.
    Â»Ts«, machte sie verächtlich. »Du bist doch nicht mehr ganz dicht! Was bildest du dir ein? Glaubst du, ich wäre dir Rechenschaft schuldig?«
    Sie machte eine wegwerfende Handbewegung und lachte spöttisch.

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