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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Seite.
    Â»Fahr nach Hause, wenn du willst. Altunay kann mit mir die Vernehmung machen«, bot er an.
    Â»Cem und Kathrin sind vor zehn Minuten gefahren«, sagte Pia. »Egal. Komm, wir reden mit Theodorakis. Auf eine Stunde früher oder später kommt es jetzt auch nicht mehr an.«
    *
    Jannis Theodorakis saß in einem Mannschaftswagen der Polizei, seine lädierte Nase war auf die Größe einer Kartoffel angeschwollen. Neben ihm kauerte schluchzend seine Freundin, aber Theodorakis hatte kein Wort des Trostes für sie übrig.
    Bodenstein und Pia quetschten sich auf die gegenüberliegende Bank, und Pia kramte Block und Kugelschreiber aus ihrem Rucksack. Sie schaute auf die Uhr. 23 : 45 .
    Â»Name, Adresse?«, fragte sie Theodorakis. »Geboren wann, wo?«
    Â» 12 .  5 .  1966 in Groß-Gerau. Eichenstraße 26 in Schneidhain.«
    Pia notierte seine Angaben fürs Protokoll. »Und Sie? Wie heißen Sie? Geburtsdatum und Adresse.«
    Â»Wer? Ich?« Theodorakis’ Freundin deutete fragend mit dem Finger auf sich.
    Â»Ja, natürlich. Sehen Sie hier sonst noch jemanden?« Pias Laune war nach dem anstrengenden Tag und vor einer drohenden Auseinandersetzung mit Christoph so schlecht wie selten. Im gnadenlos grellen Licht der Deckenlampe wirkte die Frau längst nicht mehr so jung wie am Nachmittag im Zooladen. Pia schätzte sie auf mindestens Anfang vierzig, wenn nicht noch älter. Falten am Hals, tiefe Fältchen über der Oberlippe, braune, ledrige Haut. Der Preis, den man früher oder später für exzessive Sonnenbäder zahlte.
    Â»Friederike Franzen«, flüsterte die Frau. »Ich wohne auch in der Eichenstraße 26 in Schneidhain. Geboren am 11 .  8 .  1967 .«
    Â»Sprechen Sie bitte etwas lauter«, entgegnete Pia gereizt. » 1957 ?«
    Â» 67 .« Frau Franzen warf Pia einen gekränkten Blick aus mascaraverschmierten Augen zu und zog die Nase hoch.
    Â»So. Machen wir es kurz, Herr Theodorakis«, begann Bodenstein. »Es ist gleich Mitternacht, und ich möchte nach Hause. Wir verdächtigen Sie, in der Nacht vom 8 . auf den 9 . Mai in das Firmengebäude der WindPro eingedrungen zu sein.«
    Â»Wie bitte?« Theodorakis blickte ihn irritiert an. Er war blass, aber hellwach.
    Â»Sie haben noch einen Schlüssel.«
    Â»Ja und? Was soll ich bei der WindPro?«
    Â»Wenn Sie erlauben, stelle ich hier die Fragen«, sagte Bodenstein. »Wo waren Sie in der Nacht vom 8 . auf den 9 . Mai zwischen 1 : 00 Uhr und 4 : 00 Uhr morgens? Und wo waren Sie vergangene Nacht, nachdem Sie die Krone in Ehlhalten verlassen haben?«
    Â»Wieso?«, fragte Theodorakis wieder.
    Â»Ich frage, Sie antworten«, erinnerte Bodenstein ihn. »Mir reichen kurze, präzise Antworten. Bitte.«
    Theodorakis zögerte.
    Â»Ich war gestern bei meinen Eltern«, antwortete er schließlich, und weder Bodenstein noch Pia entging der überraschte Blick, den Frau Franzen ihrem Lebensgefährten zuwarf. Er hatte also Geheimnisse vor ihr. Interessant.
    Â»Ah ja. Weshalb?«
    Â»Mein Vater leidet unter Alzheimer und Parkinson. Vor ein paar Tagen hat man ihn auf neue Medikamente umgestellt, die er nicht verträgt. Gestern Abend ist er auf meine Mutter losgegangen, weil er sie für einen feindlichen Soldaten gehalten hat. Sie hat mich völlig verzweifelt angerufen.«
    Â»Wieso sagst du mir das nicht?«, fragte seine Freundin pikiert.
    Â»Meine Eltern haben dich noch nie interessiert«, erwiderte er, ohne sie anzusehen. »Ich bin gegen elf in Büttelborn angekommen. Mein Vater saß im Keller auf dem Boden, er war blutüberströmt und weinte wie ein kleines Kind vor Angst. Es war entsetzlich. Meine Mutter weinte auch. Ich wusste mir nicht anders zu helfen und rief den Notarzt. Der kam eine halbe Stunde später und brachte meinen Vater nach Riedstadt in die Psychiatrie. Ich bin mit meiner Mutter hingefahren und wir haben noch mit dem Arzt gesprochen, dann habe ich sie noch nach Hause gebracht. Etwa um halb vier war ich zurück.«
    Das klang nicht so, als habe er sich die Geschichte spontan ausgedacht, und wahrscheinlich ließ sich das alles von Notarzt und Krankenhaus bestätigen.
    Â»Und wo waren Sie in der Nacht von Freitag auf Samstag?«
    Â»Er war zu Hause«, sagte Frau Franzen, als er nicht sofort antwortete. »Die ganze Nacht!«
    Â»Das stimmt nicht ganz.« Jannis Theodorakis

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