Wer Wind sät
widersprach Pia und hielt neben ihrem Geländewagen. »Und zwar kurz nachdem Theodorakis den Bürgermeister und Theissen als geldgeile Lügner beschimpft hatte.«
Sie sah Bodenstein an.
»Wahrscheinlich sollte es nur etwas Durcheinander geben. Mit so einer Massenpanik konnte ja niemand rechnen.«
»Sprich bitte nicht mehr davon.« Bodenstein verzog das Gesicht, als habe er Zahnschmerzen. »Ich versuche gerade, das zu verdrängen.«
»Mit zehntausend Kalorien, oder womit sonst?« Pia grinste süffisant.
»Ab morgen mach ich wieder Diät«, entgegnete er.
Pia machte noch keine Anstalten auszusteigen.
»Wer könnte ein Interesse daran gehabt haben, dass ein Chaos ausbricht?«, überlegte sie laut. »Die von der Bürgerinitiative nicht.«
»Theissen«, erwiderte Bodenstein. »So konnte er die Unterschriftenlisten verschwinden lassen. Ohne die wird eine Einwendung beim Regierungspräsidenten wenig Erfolg haben.«
»Na ja. Die haben doch wohl Kopien.«
»Nein, angeblich nicht.«
Pia zog ihre Zigaretten aus der Innentasche ihrer Jacke, zündete sich eine an und lieà das Fenster ein Stück herunter.
»Das ist ein Dienstwagen«, erinnerte Bodenstein seine Kollegin.
»Mir egal. Ich kauf morgen ein Duftbäumchen.« Sie hielt ihm das Päckchen hin, und er nahm sich ebenfalls eine. Eine Weile saÃen sie stumm da und rauchten.
»In der Halle waren fünfhundert Leute«, fasste Bodenstein schlieÃlich zusammen. »Von denen kann es jeder gewesen sein. SchlieÃlich waren da nicht nur Windparkgegner. Aber wenn das Theissens Absicht gewesen sein sollte, dann muss er die Tomatenwerfer beauftragt haben. Und falls das so ist, hat er sich strafbar gemacht.«
»Ich verstehe langsam überhaupt nichts mehr«, gab Pia zu und unterdrückte ein Gähnen. Sie öffnete die Tür. »Komm, fahren wir nach Hause.«
Bodenstein nickte, stieg aus und ging um das Auto herum.
»Ach, wer war eigentlich die Frau, mit der du da so einträchtig auf dem Blumenkübel gesessen hast?« Pia blieb stehen und musterte ihren Chef neugierig. Er zögerte, überrascht, dass Pia ihn und Nika gesehen hatte.
»Wieso fragst du?«, fragte er, um Zeit zu gewinnen.
»Das war die Frau, die sich bei Cem und mir als Theodorakisâ Putzfrau ausgegeben hat«, antwortete Pia. »Ich wusste nicht, dass du sie kennst.«
»Theodorakisâ Putzfrau?«, fragte er irritiert. »Sie ist eine Bekannte meiner Eltern. Von der Bürgerinitiative. Sie war plötzlich da, als ich ⦠als ich auf allen vieren aus der Halle herausgekrochen bin. Wer sie ist, spielt doch keine Rolle.«
Pia lieà die Kippe fallen und trat sie aus.
»Das ist ja vielleicht gar nicht so schlecht«, überlegte sie laut.
»Was meinst du damit?«
»Durch sie können wir möglicherweise mehr über Theodorakis und seine Freundin herausbekommen.«
Bodenstein widerstrebte der Gedanke, Nika auszuhorchen.
»Mal sehen«, sagte er vage. »Jetzt besänftige du erst mal deinen Zoodirektor. Einer im Team mit Beziehungsproblemen reicht voll und ganz.«
*
Das heiÃe Wasser rann über Bodensteins Gesicht, seine Schultern und den Rest seines Körpers, der von schmerzhaften Blutergüssen und Prellungen übersät war. Er hatte sich zwei Mal von Kopf bis Fuà eingeseift und fühlte sich noch immer schmutzig. Seine Ãberzeugung, Grossmann und Hirtreiter seien von ein und derselben Person getötet worden, war ins Wanken geraten. Bei Grossmann handelte es sich höchstens um Körperverletzung mit Todesfolge, sollte der Einbrecher ihn die Treppe hinuntergestoÃen haben, was bis jetzt nur eine Vermutung war. Hirtreiter hingegen war regelrecht exekutiert worden. Seine Kinder hatten ein starkes Motiv, aber auch Theissen. Und dazu kamen all diejenigen, die Hirtreiter aus anderen Gründen von Herzen gehasst hatten.
Morgen würden sie mehr wissen, die Obduktion von Hirtreiter war für 8 : 00 Uhr angesetzt. Bodenstein seufzte und drehte das Wasser ab, das nur noch lauwarm war. Er trat aus der engen Duschkabine und verbot sich jeden Gedanken an das groÃe Badezimmer mit FuÃbodenheizung in seinem Haus in Kelkheim. Hier war alles eng und klein, an den niedrigen Decken und Türrahmen stieà er sich immer wieder den Kopf an, und die altertümliche Heizung schwächelte ständig. Frierend
Weitere Kostenlose Bücher