Wer zweimal stirbt, ist laenger tot
skeptisch.
»Nein. Das Buch ist Sinclair. Es ist seine Haut, auf der das Buch geschrieben ist.«
Das Lachen blieb mir in der Kehle stecken.
22
Gut. Gut. Gut. Alles wird gut. Bleib einfach … ruhig. Alles wird gut. Ist gut. Ist in Ordnung. Sie irrt sich bloß, oder sie lügt. Sie ist nicht nur eine Lügnerin, sie ist die Tochter der Lady der Lügen. Sie hat lediglich die falschen Informationen gekriegt. Ich werde doch nicht Sinclair umbringen, häuten und in das Buch der Toten verwandeln. Das tu ich nicht, nicht, nicht, nicht, nicht!
Schmink dir das ab, Satan, denn die Vampirkönigin nimmt dir den Scheiß nicht ab!
Okay. Okay! So weit, so gut.
Ich stürzte aus dem Zimmer auf den Schrank zu. Ich spürte, wie jemand hinter mir herkam, aber ich hatte Dringenderes zu erledigen. Ich riss die Schranktür auf, schnappte mir blindlings das nächste Behältnis (bedauerlicherweise ein Schuhkarton von Beverly Feldman, den ich nach der UPS -Lieferung zunächst hier verstaut hatte), fetzte den Deckel herunter und erbrach mich über ein wunderschönes Paar Gladiatorensandalen in Zinngrau.
23
Ich war so schnell hinausgestürzt, hatte mich ausgekotzt und war zurückgekehrt, dass die anderen noch genauso da standen, wie ich sie verlassen hatte.
Es war nicht wahr.
Es konnte nicht wahr sein.
»Du kannst dir den Mund fusselig reden, bis du tot umfällst«, gab ich Satan zu verstehen und wischte mir verstohlen die Lippen ab – vermutlich war es höchste Zeit, meiner Vorliebe für Bananen-Schokoladen-Smoothies abzuschwören –, »aber das ändert gar nichts. Du wirst mich nie dazu bringen, dir zu glauben. Hörst du? Niemals. Verdammt, Satan, ich würde dir nicht mal glauben, dass der Boden nass wird, wenn es regnet.«
»Dann glaube mir!«, sagte eine Stimme.
Unsere Köpfe fuhren herum.
In der Salontür stand mein älteres Ich. »Ich habe es getan. Du wirst es tun.«
Ich reagierte auf die einzig vernünftige Art und Weise: Ich stürzte aus dem Zimmer und erbrach mich erneut.
24
Ich taumelte in den Salon zurück, wobei ich hin und her schwankte wie ein mit Koks zugedröhntes Model auf dem Laufsteg. »Das ist der schlimmste Albtraum, den ich jemals hatte.«
»Du glaubst, dass du weißt, was Angst ist?«, fragte mein älteres Ich. »Ich mache das alles hier schon zum zweiten Mal durch. Als hätte das erste Mal nicht gereicht.« Wütend funkelte sie Satan an. »Ich fange an zu wünschen, dass ich dich nie um jenen gewissen Gefallen gebeten hätte.«
»Dann sind wir schon zwei, Betsy.«
»Nenn mich nicht so, das ist kindisch, und du weißt, wie sehr ich das verabscheue!«, fauchte die ältere Betsy.
»Das weiß ich doch«, stimmte Satan ihr fröhlich zu.
»Und genau dort liegt die Quelle all unserer Probleme«, sagte Laura und zeigte auf das Buch, während die Blicke von Marc und Sinclair von mir zu der älteren Betsy und wieder zurückwanderten.
»Okay«, erklärte Marc schließlich, »du brauchst mich noch nicht umzubringen, denn das hier verspricht interessant zu werden. Stellen wir mein Ableben noch eine Weile zurück. Und kein Wunder, dass dir das Buch der Toten überallhin folgt! Wenn es Sinclair ist!«
»Es ist nicht Sinclair!«
»Es ist absolut und unwiderruflich Sinclair«, stellte mein älteres Ich klar.
»Warum bist du gekommen?«, schrie ich sie an. »Hast du nicht deine eigene Einöde der Zukunft, wo du nach Herzenslust herumkommandieren kannst?«
Die ältere Betsy, die wieder einmal eines ihrer scheußlichen grauen Kleider aus grauem Sweatshirt-Stoff trug – die Ellenbogen waren nahezu durchgescheuert, und der ausgeleierte Saum schlenkerte unterhalb ihrer Knie –, wirkte zorniger denn je. »Deinetwegen, Hohlköpfchen. Du musst das wieder in Ordnung bringen. Ich kann es ja leider nicht.«
»Wie soll ich das denn …?«
»Ich weiß es nicht!«, fauchte mein älteres Ich und betonte dabei jedes einzelne Wort. »Aber du solltest dir schnellstens etwas ausdenken. Du bist doch diejenige, die mit dem Zeitstrom herumgepfuscht hat! Meine Erinnerung ist nicht mehr zuverlässig, seit ihr beide in meiner Gegenwart aufgetaucht seid.« Sie stach mit einem knochigen Finger, den ein ungepflegter Nagel zierte, in meine Richtung. »In deiner Zukunft.«
»Okay, darf ich dir erst mal einen Tipp geben? Du musst dir dringend die Fingernägel polieren, klappriges Ich.«
»Ich bin nicht klapprig. Wir sehen ganz genau gleich aus.«
»Abgesehen von deinen Augen«, warf Sinclair mit Blick auf mein älteres Ich ein.
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