Wer zweimal stirbt, ist laenger tot
bestehen, die ganze schäbige Szene mit anzusehen.« Sie kicherte.
Sinclair stellte sich vor mich, was mir zuweilen das Gefühl gab, geliebt zu werden, aber oft auch – wie jetzt – den Eindruck machte, als drängte er mich in eine Ecke ab. Ich legte eine Hand auf seine Schulter und schob ihn beiseite. »Ist schon gut, Sinclair. Alles ist gut, und Satan wollte gerade wieder auf ihren Besen steigen, um zur Hölle oder nach Newark oder wohin auch immer zu sausen.«
»Soll das etwa ein New-Jersey-Witz sein?« Satan verdrehte die Augen. »Das wäre ja mal etwas ganz Neues.«
»Hat meine fiese Stiefmutter heute für dich nichts anderes auf dem Schirm?« Antonia Taylor – Ant – war Lauras leibliche Mutter und meine Stiefmutter, zumindest war das im Leben ihre Funktion gewesen. Nach ihrem Tod war sie Satans Sekretärin geworden oder was auch immer sie in der Hölle tat. Was mir erhebliche Kopfschmerzen bereitete. Zum einen, weil es ziemlich verrückt war, zwei Antonias in meinem Leben zu haben. Und sollte ich die eine etwa Antonia-aus-der-Hölle nennen? »Sag schon!«
»Leider nicht.« Der Teufel fasste Laura ins Auge. »Wirst du es ihr sagen, oder muss ich es tun?«
»Mutter, nicht! Ich hab dir doch gesagt, ich kümmere mich darum.«
»Nun, bis jetzt hast du es offenbar nicht getan.«
»Es ist doch kaum eine Woche her!«, heulte Laura.
»Die Zeit arbeitet nicht immer für dich, Laura, auch wenn du eine Zeitreisende bist.«
»Na, das war doch endlich mal keine rätselhafte oder unheimliche Ansage. Und nun mach dich endlich vom Acker, Satan! Wir haben eine Menge zu tun, und dein Name steht nirgendwo auf meiner Gästeliste für die Thanksgiving-Party.«
Satan zog ihre anbetungswürdige Nase kraus. »Aber du verabscheust Thanksgiving!«
»Na und! Verzieh dich!«
»In der Tat«, bekräftigte Sinclair und versuchte erneut, mich hinter sich zu schieben.
»Oh, doch, das geht auch dich an, Eric. Dich am meisten von allen, würde ich sagen.«
»Mutter. Nicht.«
Satan hatte den neckenden Ton abgelegt und strahlte nun die Wärme einer Eisskulptur aus. »Dann solltest du diese Aufgabe übernehmen, Tochter.«
Lange starrten Mutter und Tochter einander schweigend an, bis Marc sich verwirrt einschaltete. »Worum geht’s eigentlich? Was ist denn los? Äh, abgesehen von dem Offensichtlichen …«
Laura senkte den Blick und drehte sich langsam zu uns herum. »Ich wollte euch auf der Farm treffen …«
»Hundefarm«, fiel ich ihr ins Wort, denn die Hundehaare, die immer noch überall an mir hafteten, gingen mir gewaltig auf den Geist.
»… um über Jon Delk zu reden. Und dann wollte ich euch hierher begleiten, um darüber zu reden.« Sie huschte aus dem Salon, und ich hörte sie in einem Schrank herumwühlen, in dem wir unsere Wintermäntel aufbewahrten. Dann kam sie zurück und hielt das – uäh! – Buch der Toten im Arm. »Darüber müssen wir sprechen.«
»Widerlich! Warum denn nur? Jesus, Laura … ’tschuldige, Sinclair … Mensch, Laura, wir sind wie die Blöden in der Zeit herumgereist, sind wieder und wieder zur Hölle gefahren, nur damit ich das dämliche Teil lesen kann, ohne darüber verrückt zu werden. Dann stiehlst du es und willst es nicht zurückgeben, aber jetzt, eine Woche später, zerrst du es wieder hervor. Nachdem du es in einem Schrank versteckt hattest?«
»Danke für die Zusammenfassung, Vampirkönigin.«
»Halt den Rand, Lena Olin! Also … warum, Laura? Warum flippst du wegen dieses Buches dermaßen aus?«
Selbst jetzt, als wir ungeduldig auf die Enthüllung warteten, und der Teufel offensichtlich genervt war, konnte Laura sich nicht überwinden, es auszuspucken. Wir sahen, wie sie mit sich kämpfte, und als sie endlich den Mund aufmachte, presste sie die Worte förmlich hervor.
»Betsy, in der Zukunft schreibst du das Buch der Toten.«
Ich musste herzlich lachen.
»Nein, es ist wahr. Dann bittest du den Teufel, es in der Zeit zurückzuschicken, damit die Vampire es finden und über die Generationen weitergeben. Dieses Buch erzählt nicht deine Zukunft, sondern es zeichnet deine Vergangenheit auf, weil du es in der Zukunft geschrieben hast, als du alles Revue passieren lassen konntest.«
Ich lachte noch schallender. Oh, war das köstlich! Ich konnte ja nicht mal eine Einkaufsliste verfassen, geschweige denn dieses fiese Ding.
»Und der Grund, warum du es getan hast … tun wirst … ist, dass das Buch Sinclair ist.«
»Du meinst … dass es von Sinclair handelt?«, fragte Marc
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