Wer zweimal stirbt, ist laenger tot
ich dich ausspielen soll.«
»Er ist nicht dein Joker, sondern meiner. Ich spiele ihn aus«, korrigierte ich sie giftig. Ups! »Ähm, lasst es mich anders ausdrücken …«
»Brauchst du nicht, ich stimme dir voll und ganz zu«, sagte Marc grinsend.
»Wirst du dich also endlich vom Acker machen?«, fuhr ich sie an. »Wir haben Privatsachen unter Mitbewohnern zu besprechen. Außerdem krieg ich einen ganz starken Würgreflex, wenn du mit mir im gleichen Raum bist.«
»Meinst du, mir fiele es leichter?«, fragte sie mit einiger Schärfe in der Stimme. Mein älteres Ich hatte das Haar zu einem tiefen Dutt aufgesteckt – was bei uns beiden so aussah, als kultivierten wir einen Tumor im Nacken – und trug einen meiner dunkelroten J.-Jill-Pullover sowie schwarze Leggings, ebenfalls aus meinem Schrank. »Glaubst du, es gefällt mir, Leute zu treffen, die in meiner Zeit schon lange tot sind oder Schlimmeres?«
»Ach nee. Was ist denn mit meinen Gefühlen, jetzt, da ich weiß, was du … was wir Sinclair antun werden?«
»Meinst du, es gefällt mir, meinem Mann in seiner einstigen Pracht zu begegnen? Als er noch mutig und ehrenhaft und …«
»Stopp!« Marc hielt eine Hand hoch wie ein Zombie-Verkehrspolizist. »Ihr zwei könntet die Gold- und die Silbermedaille im Wettbewerb der Egozentriker gewinnen, doch ich wüsste nicht zu sagen, wer die Goldmedaille abräumt. Wollen wir uns darauf einigen, dass es für euch beide die Hölle ist, okay?«
Die Reaktion der älteren Betsy war ein spontanes Lächeln, das ihr gesamtes Gesicht veränderte. Oder ihre Augen. Es war schwer zu beschreiben. Sie schien sich mit einem Schlag zu verjüngen. Was fast so unheimlich wirkte wie ihr Eisblock-Ich. »Ich habe dich wirklich vermisst, Marc.«
»Na ja, danke, wie auch immer das gemeint ist. Aber ich hoffe, du erwartest keine Sympathiebezeugungen von mir. Ich habe sehr lange mit der Marc-Kreatur gesprochen und weiß daher, welchen Mist du fabriziert hast. Fabrizieren wirst.«
»Und deshalb hast du dich umgebracht.«
Er nickte. »Ja, aber es hat nicht vorgehalten.«
»Es ist nur so, dass du dich nicht umgebracht hast.«
»Was?«, riefen Marc und ich aus. »Könntest du diesen Geheimnisscheiß mal fünf Sekunden lassen?«, fügte ich hinzu.
»Versteht ihr denn nicht? Deshalb bin ich doch gekommen! Seinetwegen.« Sie zeigte auf Marc. »In meinem Zeitstrom ist er niemals ein Zombie gewesen! Keinen halben Tag und auch keine halbe Sekunde lang. In meinem Zeitstrom war er ein Vampir, und in diesem neuen Zeitstrom ist er ein Zombie.«
»Ja … aber das liegt doch auch an dir, oder nicht?«, wollte Marc wissen. Er war ebenso unsicher wie ich.
»Ja, schon, doch in meiner Erinnerung ist es so nicht geschehen. Versteht ihr denn nicht, was das bedeutet? Satan hat Angst, Garrett ist gerissener als jemals zu meiner Zeit, begnadete Schuh-Designer werden nie geboren …« Mein knorriges Ich brach ab. Ein Anflug von Schmerz glitt über ihr Gesicht … die erste »menschliche« Regung, die ich an ihr wahrnahm. Doch sie hatte sich rasch wieder in der Gewalt und war so bissig und eklig wie immer. »Die Veränderung hat begonnen, nachdem Tweedle Dum und Tweedle Dumbass in ihrer Zukunft – also in meiner Gegenwart – aufgetaucht waren. Jetzt wird Marc niemals mehr zum Vampir werden. Und das ist falsch. Was ich deinem anderen Ich angetan habe, war falsch.« Sie widmete Marc nun ihre volle Aufmerksamkeit. Er seinerseits starrte sie an wie ein Reh, das vom Scheinwerferlicht eines heranpreschenden Sattelschleppers voller Schlachtschweine erfasst wird. »Es war grundfalsch, und dass du ein wahnsinniger Mörder warst, dass du zu gefährlich warst, um freigelassen zu werden, andererseits aber so wertvoll, dass ich dich nicht töten wollte, ist noch lange keine …«
»Ich will das alles wirklich nicht wissen«, flüsterte Marc. »Ich hab von dem anderen Marc schon genug darüber gehört.«
»Wahllos gemordet?« Boah. Hatte mein runzliges Ich Marc etwa eingesperrt, weil er etwas Schlimmes getan hatte? »Weißt du was? Es ist mir scheißegal. Es ist ja noch nicht passiert, und ich werde alles dafür tun, dass es auch so bleibt.« Irgendwie.
»Zumindest haben wir ein paar Ziele gemeinsam. Ich habe den Teufel überredet, mich in der Zeit zurückreisen zu lassen, und ich habe Marc wieder zum Leben erweckt als Wiedergutmachung für alles, was er mir und anderen angetan hat, sowie für das, was ich ihm angetan habe. Du hast den Lauf der Dinge verändert,
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