Wer zweimal stirbt, ist laenger tot
ich ihm bei. Mannomann. Gott besitzt wirklich den schrägsten Sinn für Humor. Der große Häuptling wird mir einiges erklären müssen, wenn ich ihn bald treffe.
Das war aus meinem Leben geworden: erst Enthauptung, dann ein paar wirklich peinliche Fragen an Gott. Klang doch nach einem guten Plan.
»Schon witzig, wie sich die Dinge entwickeln«, bemerkte Marc.
»Was?«
»Nun ja. Als wir uns kennenlernten, wollte ich von einem Hochhaus springen. Gestern Abend haben wir darüber gesprochen, mich umzubringen, und jetzt bittest du mich um den gleichen Gefallen. Der Kreis hat sich geschlossen.«
»Wunderbar.«
»Wie wär’s, wenn wir dich in kleine Stücke hacken und dann, keine Ahnung … verbrennen?«
»Verbrennen?« Die Vorstellung entsetzte mich zutiefst. Dämlich, sicher, aber ich wollte doch als Leiche gut aussehen. Selbst ohne Kopf. »Keine Chance! Vergiss es.«
»Okay, okay. Es ist ja schließlich dein grässlicher Tod«, meinte er.
»Da hast du verdammt recht! Stell dir vor, ich habe mir schon viele Gedanken um meinen Selbstmord oder meine Ermordung gemacht.«
»Tja«, hob er fröhlich an, »es gibt eben immer ein erstes …«
»Halt die Klappe! Ich will gut sein, und ich will tot sein … ohne jemals wiederzukehren. Am besten schleiche ich mich auf eine Baustelle und jage mich mit den dort vorhandenen Sprengstoffen in die Luft. Oder ich lasse mich mitten über dem Atlantik mit Zement an den Füßen abwerfen … Eine Müllverbrennungsanlage würde es auch tun. Nein, verdammt, das wäre ja schon wieder Verbrennung … also, wie auch immer, ein Overkill scheint mir genau das Richtige zu sein.«
»Das ist die schrägste Unterhaltung, die ich jemals geführt habe«, sagte Marc und klang mehr als fröhlich … eigentlich sogar richtig glücklich.
»Was bin ich froh, dass ich ein wenig Freude in dein tristes Zombie-Dasein bringen konnte. Hör mal: Sinclair darf nichts, aber auch gar nichts davon erfahren.«
»Von mir kein Sterbenswörtchen.«
»Gut, wir verstehen uns also. Er wäre nämlich strikt dagegen. Und würde mir endlose Vorträge halten … Ich darf gar nicht erst daran denken. Argh.« Ich rieb mir die Augen. »Es wird immer komplizierter.«
»Kompliziert ist doch gut.«
»Sagte der Zombie«, erwiderte ich trocken, und der Zombie lachte und stimmte mir zu.
28
Wir hatten also das Thema meiner Ermordung abgehandelt, und ich ermahnte Marc gerade, mit seinem Schraubenzieher bloß nicht in die Nähe des Ladegerätes für meinen iPod zu kommen, als mein älteres Ich dreist in die Küche spaziert kam. Sofort sprang ich auf.
»Warum trägst du meine Klamotten?«, fragte ich vorwurfsvoll.
»Es sind auch meine«, lautete ihre Antwort.
»Oh, verdammt noch mal, nein!«
Sie steuerte auf den Schrank zu, in dem wir die hohen Gläser aufbewahrten, nahm eins heraus, ging zum Kühlschrank und suchte nach einem Milchkarton, als gehörte ihr das Haus oder so. Äh, Moment mal …
Scheiß drauf. »Hast du jemals gehört, dass man vorher fragt? Es ist schon schlimm genug, dass du die garstige, untote Gewaltherrscherin einer Eiswelt bist, doch von guten Manieren hast du wohl noch nie etwas gehört?«
»Es ist auch ebenso mein Haus«, erwiderte sie derart gelassen, dass ich ihr am liebsten sämtliche Strähnchen einzeln ausgerissen hätte. »Ich weiß genau, was du jetzt denkst, und glaub mir, dein Genick ist schneller gebrochen, als du ahnst.«
»Wow«, machte Marc respektvoll. »Jetzt brauchen wir nur noch eine Steppenhexe, die vom Wind durch die Küche getrieben wird, und haben alle Zutaten für High Noon. Oder High Late Afternoon.«
Ich achtete nicht auf ihn. »Ich dachte, du wärst wieder in deine Zeit gereist.«
»War ich auch«, antwortete sie. »Ich bin zurückgekommen.«
»Warum?«
Sie setzte sich Marc gegenüber, der abwechselnd ärgerlich und aufgeregt wirkte. »Ich warte darauf, dass du etwas unternimmst. Oder eben nicht.«
»Immerhin werde ich auf meine alten Tage nicht geheimnisvoll. Und jetzt verzieh dich, wir haben eine vertrauliche Besprechung!«
»Ich könnte mich ja verziehen«, schlug Marc vor. »Falls ihr privaten Vampirköniginnenkram besprechen wollt. Den Toaster kann ich auch woanders schrotten.«
»Du kannst bleiben, weil du für mich sozusagen ein Unbekannter bist«, sagte sie.
»Äh … was?«
»Ich kenne dich nicht.« Die ältere Betsy klang geradezu gelangweilt. »In meinem Zeitstrom bist du nie ein Zombie gewesen. Du bist jetzt der Joker, Marc. Und ich weiß nicht, wie
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