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elfengleich davon.
Meine Mittagspause verbringe ich in der Kantine. Mehr oder minder unfreiwilligerweise muss ich neben Perry sitzen, unserem Kundenkontakter, der versucht, seinen Opfern – egal ob Bestandskunden oder potenzielle Neukunden – per Telefonmarketing Internetauftritte & Co. aufzuschwatzen. Perry ist zwar ein netter Bursche, aber seitdem die männliche Belegschaft weiß, dass er über Online-Auktionen getragene Damenslips verhökert, ist er ein wenig – sagen wir mal – auf der Loser-Seite angelangt. Zusammen mit ihm gesehen zu werden, ist also nicht gut für das Image. Mir egal. Meine Meinung ist, dass die anderen Kerle in der Firma einfach nur neidisch auf sein schönes Hobby sind.
Während er seine Kundschaft übrigens Liebhaber des Außergewöhnlichen nennt, bevorzuge ich die griffigere Bezeichnung Slipischisten beziehungsweise Slip-Fetischisten .
Ironisch an der ganzen Situation ist, dass die Frauen der Agentur trotzdem alle auf ihn fliegen. Kein Wunder, ist er doch ein hübsch anzusehender Bursche, der was von guten Klamotten versteht und mit seiner Machomentalität dem Alphamännchen entspricht. Vielleicht mögen die Weiber ihn aber auch gerade wegen der schlüpfrigen Slip-Geschichten. So haben Jan und ich schon lange den Verdacht, dass die Mitarbeiterinnen von BIG als Lieferantinnen an seinem Internetshop Slip-Perry when wet mitverdienen.
Just als Perry mir von einer seiner vielen Wochenendbekanntschaften respektive Bettgeschichten aus Köln erzählen will, setzt sich Jan zu uns.
»Hey, Leute! Ein Tipp – nehmt keinen Pudding. Die dicke Alte hinter der Kantinentheke ist vorhin von der Toilette gekommen und hat ihre ungewaschenen Finger in den Topf gesteckt.«
»Danke für den Hinweis«, spucke ich Moss Man meinen Pudding entgegen. Während ich den, ohnedies viel zu flüssigen, Brei in den Kübel des Ficus neben mir kippe, holt Perry weiter aus und erzählt von seinem letzten Betthäschen.
»Mama mia. Ihr hättet hören sollen, wie die Olle geschrien hat, als sie gekommen ist! Das hätte Gina Wild damals nicht besser gekonnt.«
Ich lache, aber nur aus Höflichkeit.
Solche Bettgeschichten sind frustrierend für jemanden wie mich, der seit so langer Zeit Single ist, schon Haare auf den Handinnenflächen hat und bald nicht mehr genug Rückenmark für eine Lumbalpunktion vorweisen kann. Jede Woche berichtet er uns von einem anderen One-Night-Stand. Moss Man und ich können es schon nicht mehr hören.
Deswegen haben er und ich beschlossen, am kommenden Wochenende mit Perry auf die Piste zu gehen. Vielleicht können wir etwas von seinem Glanz abbekommen, den er sonst nur in seiner Heimat Köln von sich gibt.
Ich erkenne den richtigen Augenblick: »Perry, haste nicht Bock, mit Jan, ein paar Freunden und mir am Samstag um die Häuser zu ziehen?«
Mit überschwänglicher Freude sagt er uns zu. Wir verabreden, dass er bei mir zu Hause in Düren pennen kann, um nicht zusätzlich den ganzen Weg nach Köln zurückzumüssen.
Den Rest des Tages vermeide ich es, meinem Chef zu begegnen. Ehe ich ihn mit schuldbewusster Miene anlügen muss, umgehe ich das Problem lieber und arbeite an der Website mit meinem Laptop am einzigen Ort der Firma, an welchem man ganz Mann und absolut alleine sein kann.
Welchen anderen Platz als das Herren-WC könnte ich wohl meinen? Nicht nur, dass der WLAN-Hotspot unseres Netzwerks bis in Kabine Nummer sieben reicht. Nein, zum allgemeinen Amüsement liegen am Eingang diverse Zeitschriften und Hochglanz-Herrenmagazine bereit, um meiner Agonie entgegenzuwirken.
Das Tollste ist, dass man die Playboy-Interviews endlich alle lesen kann. Warum dieses Feature so außergewöhnlich ist, kann man sich jetzt selbstverständlich fragen.
Nun … zu früheren Zeiten hatte Herr Imhagen – das I in BIG-Design – dafür gesorgt, dass man die Seiten des Bunny-Magazins unmöglich umblättern konnte.
Es wird gemunkelt, dass das G in BIG – Frau Gärtner – ab und zu bei Handentspannungsübungen von Herrn Imhagen in den Bedürfniseinrichtungen behilflich war. Natürlich nur nach Geschäftsschluss und in Abwesenheit der Angestellten. Pietät muss sein! Das Naturkleber-zwischen-den-Seiten-Phänomen verschwand jedenfalls mit der Steuerflucht der beiden.
Kurz vor Geschäftsschluss – gegen fünf Uhr – höre ich, wie jemand die Toilette betritt. Ein Blick durch den Türspalt von Restroom-Heaven-Number-Seven lässt mich erkennen, dass dies Dieter Beaujean ist: mein
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