Werden sie denn nie erwachsen?
Wildlederpumps bis zu Plastikpantoffeln alles durchgesucht hatten, mußten wir einsehen, daß die frommen Moslems auch nicht alle den Koran beherzigten, sondern ungeniert Touristen beklauten.
»Um die alten Treter tut es mir ja nicht leid, die hätte ich sowieso dem Roomboy geschenkt, aber ich kann doch nicht den ganzen Tag auf Socken herumlaufen.«
Das war einzusehen. »An der vorvorletzten Ecke war ein Schuhgeschäft«, erinnerte sich Katja, »da kriegen wir bestimmt ein Paar einfache Latschen.«
Der angepeilte Laden hatte die Größe eines Wohnzimmers und überwiegend Kunststoffsandalen mit Golddruck zu bieten, die als Hochzeitsschuhe angepriesen wurden.
»Gibt’s denn hier keine Espandrilles?« Nicki zog ein Paar Leinenschuhe aus dem Regal, die durchaus ihren Bedürfnissen genügt hätten, jedoch nur in Größe sechsundvierzig vorrätig waren.
Der Verkäufer, ein freundlich lächelnder Inder, bedauerte. Espandrilles habe er nicht, aber wie es denn mit entzückenden weißen Sandaletten wäre? Er verschwand durch eine Klapptür in irgendwelchen Kellergewölben und kam mit wirklich hübschen Schuhen zurück, die zu einer Gartenparty gepaßt hätten oder zu einer Freilicht-Aufführung, wo man sitzen kann, doch bestimmt nicht zu einem Marsch durch Mombasas teilweise ungepflasterte Straßen.
Wir bedankten uns höflich und suchten das nächste Schuhgeschäft. Im dritten Laden wurden wir fündig. Zu Hause hätte meine Tochter diese Jesuslatschen keines Blickes gewürdigt, zumal sie nur aus einer Ledersohle mit langen Riemchen bestanden, die man kreuzweise um die Waden zu wickeln hatte, aber die Socken hatten inzwischen große Löcher. »Ich komme mir vor, als ob ich über glühende Kohlen laufe«, seufzte sie. »Fakir habe ich nicht gelernt.«
Frisch beschuht, sammelte sie wieder so viel Energien, daß es bis zum nächsten Whimpy’s reichte. Direkt vor der Tür versagten dann auch Katjas Kräfte. »Wenn ich nicht bald was zu essen und vor allem zu trinken kriege, falle ich um.«
Nun habe ich um Restaurationen dieses Genres schon immer einen großen Bogen gemacht und nie die Überzeugung aller Teenager teilen können, in einem Pappbrötchen mit einem Klops in der Mitte das Nonplusultra der Gastronomie zu sehen. Bewundert habe ich lediglich ihre Fähigkeit, auch in völlig unbekannten Städten zielsicher den richtigen Weg einzuschlagen, an dessen Ende der ersehnte Gourmettempel liegt.
Von Whimpy’s hatte ich noch nie etwas gehört, was Katja als absolute Bildungslücke bezeichnete, doch innen sah es genauso aus wie in den mir – nur vom Sehen her! – bekannten Imbißstätten. »Da kriegen mich keine zehn Pferde rein!« sagte ich denn auch sofort.
»Mußte ja nicht, du kannst ruhig draußen warten. Es dauert nicht lange«, gestattete Katja gnädig, bevor sie hinter ihrer Schwester durch die Tür schritt.
»Mache ich auch!«
Draußen war es warm, um nicht zu sagen brüllendheiß.
Da drinnen war es bestimmt kühl. Dann sah ich die Colaflaschen, die man den Mädchen gerade auf den Tisch stellte, sah die herablaufenden Wassertropfen und merkte erst jetzt, wie durstig ich war. Ach was, zum Kuckuck mit den Prinzipien, man kann sowieso nicht etwas verurteilen, was man genaugenommen gar nicht kennt.
Die Zwillinge grinsten sich nur vielsagend an, als ich mich auf den freien Stuhl setzte, doch ich hatte schon eine Entschuldigung parat. »Ihr habt ja gar kein Geld dabei.«
Dann bat ich um Menüvorschläge. »Was ißt man denn hier so?«
»Steht alles da oben dran.« Nicki deutete auf die großen Schilder direkt über der Theke, nur konnte ich mit den diversen »Burgers« nichts anfangen, und was um mich herum von den überwiegend jugendlichen Touristen gemampft wurde, ließ mich zweifeln, ob ich überhaupt Hunger hatte.
»Am besten nimmst du eine Portion Pommes, da kann nichts schieflaufen. Ich weiß ja auch nicht, was die hier in ihre Buletten reinmachen, vielleicht Antilopen oder Nashörner. Wenn ich an die unterernährten Kühe denke, die wir vorhin gesehen haben, kann ich mir nicht vorstellen, daß da zwischen den Knochen noch Fleisch sitzt.«
Am Ende begnügte ich mich aber doch nur mit Mineralwasser, kaufte später im Supermarkt eine Packung Kekse deutscher Herkunft und mußte hinterher feststellen, daß das aufgedruckte Verfallsdatum um knappe vier Monate überschritten war. Nun hatte ich auch genug von Mombasa.
»Von dem, was wir nicht besichtigt haben, kaufen wir einfach Ansichtskarten«, schlug die
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