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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Nacktheit präsentiert hatten. Die Kleider entdeckte man später in den Ästen des großen Affenbrotbaums. Natürlich wurden die Übeltäter nicht gefunden, doch die Zwillinge schienen ganz genau zu wissen, wer dahintersteckte. Mit Sicherheit waren sie sogar daran beteiligt gewesen.
    Die Dame, diesmal ganz in Kaffeebraun gehüllt, schwieg beharrlich, machte jedoch keine Anstalten, wieder zu gehen. Weiterschreiben wollte ich aber auch nicht, man weiß ja, was sich gehört. So suchte ich krampfhaft nach einem Anknüpfungspunkt. »Sind Sie schon lange hier?«
    »Zu lange«, sagte die Dame.
    Aha. »Dann ist Ihr Urlaub wohl bald zu Ende?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Merkwürdig. Wohl alle Gäste wußten, wie lange sie diese unbeschwerte Zeit genießen konnten, wir zählten ja auch schon rückwärts, weil die Halbzeit bereits hinter uns lag, und dieses eigenartige Wesen wollte keine Ahnung haben, wann es wieder nach Hause ging? »Ja, haben Sie denn kein Rückflugticket?«
    Sie sah mich an, oder besser, sah durch mich hindurch, stand auf und ging.
    »Was wollte denn das Gespenst von dir?« Von weitem hatte Nicki abgewartet, bis die braune Dame entschwunden war.
    »Das hat es nicht gesagt.«
    »Komische Heilige. – Kann ich deinen Tee austrinken? Danke. Angeblich hat die mit noch keinem Menschen hier gesprochen, und jetzt soll ich dich fragen, wieso sie ausgerechnet mit dir redet.«
    »Sie hat überhaupt nicht geredet, sie hat lediglich einige Wörter von sich gegeben, und die waren auch nicht sehr ergiebig. – Hier, schreib mal ’n Gruß an Sven drunter.«
    Ich schob ihr die Karte hinüber.
    »Das hat doch noch Zeit bis nachher.« Weg war sie.
    Von diesem Nachmittag an fühlte ich mich regelrecht verfolgt. Sobald ich einen der Aufenthaltsräume betrat, sei es nun den Speisesaal, die Lounge oder auch nur den Waschraum, tauchte wie ein Schatten diese Dame auf.
    Manchmal drückte sie mir eine wohl gerade abgepflückte Blume in die Hand, ein anderes Mal war es eine Muschel, doch meistens sah sie mich bloß fragend an. »Sind Sie allein?« Nur wenn ich in Begleitung eines oder beider Mädchen war, ließ sie sich nicht sehen oder verschwand gleich wieder.
    »Die hat doch echt einen an der Waffel«, stellte Katja mitleidlos fest, »weshalb beschwerst du dich nicht?«
    »Bei wem denn? Und warum? Sie tut mir doch nichts, sie ist einfach bloß da. Das ist nicht gerade angenehm, aber kein Grund zum Meckern.«
    Trotzdem erkundigte ich mich bei der Reiseleitung, die in Gestalt einer etwas unbedarften, gerade dem Teenageralter entwachsenen Blondine täglich von zehn bis elf Uhr hinter ihrem Schreibtisch Hof hielt, nach diesem eigenartigen Hotelgast.
    »Ich kenne sie auch nur vom Sehen, zu uns gehört sie nicht. Sie wird wohl privat hier sein«, lautete die erschöpfende Auskunft.
    Wenigstens entwickelte ich jetzt sportlichen Eifer.
    Sobald ich das sichere Freigelände verließ, joggte ich in zügigem Tempo durch alle Räumlichkeiten bis zu meinem Ziel, nahm auch Umwege in Kauf, wenn ich irgendwo die hagere Gestalt erblickte, und zum Geldwechseln, einem etwas zeitraubenden Unternehmen, wagte ich mich nur noch in Begleitung der Mädchen. Sogar zum Teetrinken setzte ich mich künftig an den Pool, der lag in der Sonne und war gespensterfrei.
    Wir haben nie herausgebracht, was es mit dieser merkwürdigen Dame auf sich hatte. Wahrscheinlich lag Katja mit ihrer Vermutung halbwegs richtig. »Das ist bestimmt eine Verwandte vom Hotelmanager, Schwester, Tante oder so was in der Richtung. Hier unten ist man doch humaner als bei uns, wo leicht Umnachtete einfach in die Psychiatrie gesteckt werden.«

4
    »Übermorgen müssen wir noch mal nach Mombasa!« rief mir Nicki entgegen, als ich bepackt wie ein Lastesel den Bungalow betrat.
    »Könnt ihr eure Klamotten nicht mal selber zurücktragen? Ich bin doch nicht eure Kammerzofe!«
    Jeden Abend sammelte ich die zurückgelassenen Sachen von den Liegen, jeden Abend gelobten die Mädchen Besserung, und am nächsten Tag begann das gleiche Spiel von vorn. Unser Zimmer sah auch schon wieder aus wie ein Wühltisch bei Woolworth. »Räumt endlich diesen Saustall auf! Eigentlich dürfte man diesen Raum gar nicht betreten, ohne sich vorher eine Tetanusspritze geben zu lassen! Wo kommt denn der ganze Sand her?« Ich warf Badelaken, Bücher und Bikinis auf den einzigen noch freien Stuhl.
    »Jetzt hängt wenigstens die nassen Badeanzüge auf den Balkon!«
    »Soll ich vielleicht so rausgehen?«
    Nein, das war wohl

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