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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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es denn jetzt in Griechenland?«
    »So g’nau woiß i des au net, i bin vor fünf Johr im Sommer dog’wesa, do war’s arg heiß. Was tat Se denn interessiera? Vielleicht Kreta? Do gibt’s an Haufa Kultur zum Sehe, kaputte Tempel und so.« Sie wälzte einen anderen Katalog. »Oder Rhodos? Do isch’s g’wieß warm, sonscht hält sich doch die Kaiserin Sissi riet scho vor hundert Johr ihre Tuberkolos do unta ausheila kenne.«
    Das allerdings war ein Argument. Nur wußte ich nicht genau, zu welcher Jahreszeit Ihre Kaiserliche Hoheit den (K)Urlaub genommen hatte, Tb hatten wir auch nicht, was also sollten wir mitten im Winter auf Rhodos? Mir schwebte plötzlich etwas ganz anderes vor. »Afrika! Haben Sie nicht Prospekte von Afrika?«
    Frau Erlemann hatte. Sogar eine ganze Menge. Sie fielen in die Kategorie Fernreisen und zeigten Bilder von hübschen Balineserinnen, von fast weißen Stranden mit der so beliebten, beinahe ins Meer hängenden Palme im Vordergrund, von traumhaften Inselchen mit glasklarem Wasser, von kleinen, fröhlich winkenden Mohrenkindern – nur die Preise neben den Fotos gefielen mir ganz und gar nicht. Viel zu teuer. Das sagte ich auch Frau Erlemann, als ich ihr nach flüchtigem Durchblättern die Kataloge wieder zurückgab. »Dann bleiben wir eben hier und schippen weiter Schnee.«
    Doch so leicht gab sie sich nicht geschlagen. »Sie müsset sich des in Ruh ogucka. No findet Se b’schtimmt ebbes, wo riet so viel koscht.«
    Mit anderthalb Pfund Urlaubsträumen auf Hochglanzpapier zog ich nach Hause, wo ich sie erst einmal versteckte.
    Beim einsamen Frühstück am nächsten Morgen holte ich sie wieder hervor. Zwischen leergegessenen Müslischalen, verkleckertem Eigelb und halbvollen Kaffeetassen war ich für die Fotos von blumengeschmückten Büfetts und makellos aufgeräumten Zimmern besonders empfänglich.
    Warum, zum Donnerwetter, sollte ich mir nicht endlich mal einen richtigen Urlaub gönnen und nicht bloß drei Tage Niederbayern, weil Rolf dort an einer Tagung teilnehmen mußte und jemanden brauchte, bei dem er jeden Abend seinen Frust loswerden konnte. Oder neulich die Woche in Hamburg! Vier Tage Kongreß mit Damenprogramm, bestehend aus der obligatorischen Hafenrundfahrt, bei der mir schlecht geworden war, Besichtigung des Zoologischen Gartens bei Nieselregen, abends
Die lustige Witwe,
und das immer in Gesellschaft von Seidenkleidern und raschelndem Taft. Auch das anschließende Wochenende in einer von Hamburgs Nobelherbergen hatte mich nicht versöhnen können. Nach dreißig Jahren Ehe verliert selbst das schönste Hotelzimmer, von dem aus man früher mit wohligem Schauer in den Schnürlregen gestarrt hätte, seinen Reiz.
    Nein, ich wollte jetzt mal einen Urlaub nach meinem Geschmack haben, wollte ans Meer (und nicht in die Berge), wollte faulenzen (und nicht in einem dieser entzückenden kleinen Ferienhäuschen im Schweizer Stil Kartoffeln schälen und Zwiebeln hacken), wollte barfuß laufen und nicht in klobigen Bergstiefeln drei Stunden lang aufwärts steigen, damit ich von oben auf das entzückende kleine Ferienhäuschen runtergucken konnte.
    Zugegeben, Afrika war teurer als Kärnten und auch ein bißchen weiter weg, aber unerschwinglich war’s nicht.
    Außerdem haben Autoren das Recht, Eindrücke zu sammeln, um Inspirationen für neue Bücher zu bekommen. In den Alpen hatte ich jedenfalls keine gekriegt. Ob nun ausgerechnet die kenianische Küste das geeignete Terrain sein würde, blieb dahingestellt, jedenfalls redete ich es mir ein, und damit war mein Entschluß gefaßt: Während Rolf im Schwarzwald heilsame Wannenbäder nahm, würde ich zwar weniger gesunde, aber dafür wesentlich vergnüglichere Bäder im Indischen Ozean nehmen. Und die Zwillinge auch. Basta!
    Frau Erlemann lächelte erfreut und machte sich an die Arbeit. Es dauerte auch nur eine halbe Stunde, dann hatte sie die richtige Telefonverbindung, und nach weiteren zehn Minuten, während derer sie mich über ihre Ansichten zur Apartheidpolitik aufklärte (»mich tätet ja koine zehn Gaul nach Afrika zu de Neger bringa!«), die Buchungsbestätigung. Am 17. Februar, also einen Tag nach Rolfs Abreise, würden wir ebenfalls türmen. Er wußte es bloß noch nicht.
    Nachdem sich bei den Zwillingen die Aufregung und die stürmischen Dankesbezeugungen etwas gelegt hatten, hielten wir Kriegsrat. Und kamen zu keinem Ergebnis.
    »Muß er das denn überhaupt erfahren?« meinte Katja treuherzig. »Wie fliegen doch nach ihm weg und

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