Werke
Wagen stehen und schlug den Pfad gegen seine bekannte Steinwand ein. Er ging an ihr vorüber, er ging gegen die Buchen, schritt auf den Waldsteig und ging auf ihm fort, bis er zu dem vertragsmäßigen Steine gelangte. Auf denselben setzte er sich nieder und blieb sitzen. Man konnte wohl in diese Entfernung und Wildnis keine Mittagsglocke hören, aber die Zeit, in welcher sie alle auf den Türmen und Türmlein des Landes tönen müssen, kannte Tiburius sehr wohl; denn er hatte die Uhr in der Hand;- und als diese Zeit gekommen war, sah er auch schon Maria in der Waldesdämmerung genau so wie vorgestern gekleidet auf sich zu gehen.
»Aber wie weißt du denn, daß es jetzt gerade Mittag ist, da man nicht läuten hört, und da ich keine Uhr bei dir sehe?« sagte Tiburius, als das Mädchen bei ihm angekommen war und stehen blieb.
»Habt Ihr vorgestern nicht die Uhr mit den langen Schnüren in unserer Stube hängen gesehen?« antwortete sie, »diese geht sehr gut, und wenn sie auf eilf zeigt, gehen wir zum Mittagsessen, dann richte ich mich zum Erdbeersammeln zusammen, und wenn ich auf den Zeiger schaue, ehe ich fort gehe, weiß ich genau, wann ich hier eintreffen werde.«
»Heute bist du ganz zu der versprochenen Zeit gekommen«, sagte er.
»Ihr auch,« antwortete sie, »das ist gut; nun aber kommt, ich werde Euch führen.«
Tiburius stand von dem Steine auf. Er hatte wieder seinen grauen Rock an, und so gingen sie, das Mädchen in der oben beschriebenen Kleidung, er in seinem grauen Rocke, durch den Wald dahin. Sie hatte wieder das flache Körbchen mit dem weißen Tuch darum, aber da es leer war, hing es lose an ihrem Arme. Sie führte Herrn Tiburius eine gute Strecke auf dem Waldpfade fort, den er kannte, der ihm einmal so Angst eingejagt hatte, und der jetzt so schön war. Als sie in das hohe Tannicht gekommen waren, wo die Pflöcke über den Weg liegen, beugte Maria von dem Pfade ab und ging in das Gestein und in die Farrenkräuter hinein. Tiburius hinter ihr her. Sie führte ihn ohne Weg, aber sie führte ihn so, daß sie auf trockenen Steinen gingen und das Naß, welches in dem Moose und auf dem Pfade war, vermieden. Später kamen sie auf trockenen Grund. Zuweilen war es wie ein schwach erkennbarer Weg, worauf sie gingen, zuweilen war es nur das rauschende Gestrippe, die Steine und das Gerölle eines dünn bestandenen Waldes, durch den sie gingen. Nach mehr als einer Stunde Wandelns kamen sie auf einen Abhang, der weithin von Wald entblößt war und durch die unzähligen noch deutlichen Stöcke zeigte, daß die Bäume erst vor wenig Jahren umgeschnitten worden waren. Der Abhang blickte gegen Mittag, war von warmer Herbstsonne beschienen und von Bergen und Felsen so umstanden, daß keine rauhe Luft herein wehen konnte. Es wuchs allerlei Gebüsche und Geblüme auf ihm, und man konnte vielfach das Kraut der Erdbeeren um die Stöcke geschart erblicken.
»Wir wollen nun hier in dem Urselschlage hinab sammeln,« sagte Maria, indem sie über dieses seltsame Baumschlachtfeld hin wies, »und wir werden nach einer Weile sehen, wer mehr hat.«
Nach diesen Worten ging sie schnell von der Seite Tiburius' in den Holzschlag und in das sonnige Gestrippe hinein, und in einiger Zeit konnte er schon sehen, wie sie sich hier und dort bücke und etwas auflese. Das Körbchen mußte sie irgendwo hingestellt haben; denn er sah nicht mehr, daß sie es noch am Arme habe.
Er wollte nun also auch Erdbeeren pflücken, allein er sah keine. Wo er stand, war alles grün oder braun oder anders – nur keinen einzigen roten Punkt konnte er erblicken, der eine Erdbeere angedeutet hätte. Er ging also weiter in den Schlag hinein. Jedoch hier sah er wieder nur das grüne Erdbeerkraut, allerlei braune und gelbliche Blätter, herabgefallene Baumrinde, und ähnliches; aber keine Erdbeere. Er nahm sich also vor, noch weiter zu gehen und noch genauer zu schauen. Es muß ihm auch gelungen sein; denn nach einer Weile hätte man schon sehen können, wie er sich bückte und wieder bückte. Es war ein seltsamer Anblick, die zwei Wesen in dem gemischten Gestrippe des Holzschlages zu sehen. Das flinke, geschickte Mädchen, welches sich gelenk zwischen den Zweigen bewegte, und den Mann in seinem grauen Rocke, dem man es gleich ansah, daß er aus der Stadt hieher in den Wald gekommen sei.
Nach einiger Zeit sah Maria ihren Begleiter stehen, wie er einige Erdbeeren, die er gepflückt hatte, auf der flachen Hand hielt. Sie ging in Folge dieser Beobachtung zu
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