Werke
über eine Matte hinauf ging, zeigend, sagte sie: »Hier geht man zu unserem Hause hinauf, wenn Ihr mitkommen wollt, seid Ihr eingeladen.«
»Ich gehe schon mit«, antwortete Tiburius.
Sie schritt also voran, und er folgte. Da sie in Windungen, weil die Matte bedeutend steil war, nicht gar soweit gegangen waren, zeigte sich das Haus. Es stand in einer breiten, bequemen Mulde des Abhanges, der in einem Halbkreise etwas weiter von dem Hause eine Steinwand bildete, die das Haus von allen Seiten, außer der des Mittags, wohin die Fenster gingen, schützte. Darum war es auch möglich, daß viele Obstbäume um das Haus standen und ihre Früchte zeitigen konnten, während doch in der ganzen Gegend, und insbesonders in der Höhe dieser Matte keine günstigen Bedingungen für Obst sind. Tiefer gegen die Wand hin standen auch Bienenstöcke. Der Größe nach gehörte das Haus eher zu den kleineren der Art, wie sie gerne in jenem Teile der Gebirge liegen. Maria ging voran über die Schwelle der offen stehenden Haustür, Tiburius ging hinter ihr. Sie führte ihn an der Küche in welcher eine Magd scheuerte, vorüber in die Wohnstube, die von dem durch die Fenster herein fallenden Sonnenlichte hell erleuchtet war. An dem weißen buchenen Tische der Stabe saß der Vater Marias, der einzige Bewohner der Stube und des Hauses, da die Mutter des Mädchens schon lange gestorben war. Sie stellte das Erdbeerkörbchen vorerst in einen Winkel der Bank und rückte für Tiburius einen Stuhl zu dem Tische und lud ihn zum Sitzen ein, indem sie dem Vater erzählte, daß sie den Herrn da im Schwarzholze gefunden habe, und daß er mit ihr herauf gegangen sei. Hierauf breitete sie ein weißes Tüchlein auf den Tisch, stellte drei Tellerchen, für den Vater, für Tiburius und sich, darauf, und brachte dann die Erdbeeren, in eine bemalte hölzerne Schüssel geleert, herbei. Die Magd stellte auch Milch hin, mit welcher der Vater von den für ihn gebrachtenFrüchten aß. Tiburius nahm nur äußerst wenig, und Maria sagte, daß sie sich ihren Anteil für abends aufhebe.
Nachdem Tiburius eine Weile mit dem Manne, der noch gar nicht alt war, sondern an der Schwelle des Greisenalters stand, über verschiedenes geredet hatte, erhob er sich von seinem Stuhle, um fort zu gehen. Maria sagte, sie wolle ihn bis an die Straße geleiten, auf welcher er dann nur fort zu gehen brauche, um zu seinem Diener zu gelangen.
Das Mädchen führte ihn nun auf einem andern, eben so feinen Wege über die Matte hinab. Sie bogen gleich unterhalb des Hauses um die Steinwand der Mulde und gingen an deren sanfter Außenseite schräge hinab, gerade der Richtung entgegengesetzt, in der sie gekommen waren. Nach einer kleinen Zeit kamen sie in die Tiefe des Tales, und in demselben eine Weile unter Gebüschen und Bäumen fortgehend, gelangten sie auf die Straße.
»Wenn Ihr nun in dieser Richtung hin fort geht,« sagte sie, »so müßt Ihr an die Stelle kommen, wo Euer Diener steht, wenn Ihr nämlich auf dem kleinen Pfade an der Andreaswand in das Schwarzholz hinein gegangen seid und ihn dort an der Straße stehen gelassen habt.«
»Ja, ich bin dort hinein gegangen«, antwortete Tiburius.
»So lebt nun wohl, ich gehe nach Hause zurück. Weil Ihr vielleicht gar nicht einmal in die Urselschläge hinüber finden würdet, so will ich Euch dieselben zeigen, wenn Ihr übermorgen um Zwölf-Uhr-Läuten auf dem Steine auf mich warten wollt, wo Ihr mich heute angetroffen habt. Ihr könnt Euch dann genug Erdbeeren pflücken; denn ich werde Euch auch die Plätze zeigen, wo sie jetzt gerade am meisten sind.«
»Ich danke dir recht schön, Maria,« antwortete Tiburius, »daß du mich beschenkt und nun hieher geführt hast, ich werde gewiß kommen.«
»Nun so kommt«, erwiderte das Mädchen, indem es sich umwandte, und schon unter den Gebüschen wieder davon ging.
Tiburius schritt auf der Straße in der bezeichneten Richtung fort. Er ging ziemlich lange, bis er endlich seinen Wagen und seine Leute stehen sah. Diese gaben, als er bei ihnen war, ihre Verwunderung zu erkennen, daß sie ihn heute nicht auf seinem Fußpfade, sondern auf der Straße daher kommen sahen. Er aber sagte keine Ursache, sondern saß in den Wagen und fuhr in das Bad zurück. Auch in dem Badeorte sagte er keinem Menschen etwas von dem Begegnisse, und daß er in dem Gebirgshause auf der Mulde gewesen sei.
Aber am zweiten Tage darauf fuhr er schon vormittags zu seiner gewöhnlichen Stelle hinaus. Er stieg aus, ließ den
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