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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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zuweilen mit Leuten und reinigte und fegte es, und ließ ausbessern, wo etwas fehlte.
    In dem dritten Sommer kam Stephan mit den Kindern. Aber er kam erst, da schon der größte Teil des Sommers verflossen war. Er ging zu dem Holzbaue der Großmutter und Julianas. Die Großmutter saß in der Sonne und lächelte. Juliana stand neben ihr. Sie war höher geworden und schien nun ihr Wachsen vollendet zu haben. Sie war magerer und ernster. Stephan und die Kinder grüßten sie und die Großmutter und wurden von Juliana wieder gegrüßt. Sie gaben die Geschenke, welche nun in wertvollen Sachen bestanden, und die Geschenke wurden freudig angenommen. Stephan ging auch zu Magdalena und Anna, gab ihnen die Dinge, die er für sie gebracht hatte, und erntete vielen Dank. Da er wieder in sein Häuschen gekommen war, sendete er erst noch mehreres in das Holzhäuschen, das er dafür bestimmt hatte und das er nicht hatte mittragen können.
    Zwischen den Bewohnern des Schreinerhäuschens und Juliana war nun wieder ein Zusammensein wie früher. Juliana kam sehr oft und brachte wieder Dinge; sie blieb aber immer in der Stube des Häuschens oder auf dem Anger vor den Fenstern.
    Stephan verbesserte manches an seinem Häuschen und der Umgebung, und ließ Arbeiten vornehmen, die auf größere Bequemlichkeit hin zielten.
    Er fuhr dieses Mal mit seinen Enkeln viel früher als sonst wieder fort. Juliana stand an der Mühle.
    Und so geschah es mehrere Jahre.
    Einmal, da er sich wieder in dem Häuschen befand und sehr schöne Tage waren, kam eines frühen Morgens Anna, und sagte, daß in der Nacht die Großmutter gestorben sei.
    Stephan ging sogleich mit den Kindern in das Holzhäuschen.
    Da lag die Großmutter in dem schönen Bette, das er ihr in der großen Holzstube hatte aufrichten lassen, und auf ihrem entseelten Angesichte war das nämliche Lächeln, das sie gehabt hatte, als er die vielen Federn und die anderen bunten Dinge gebracht hatte. Zu ihren Häupten saß Juliana.
    Er ließ die Vorbereitungen zur Beerdigung machen.
    Die Großmutter lag bald auf ihrer Bahre in einem weißen Kleide mit veilchenblauen Schleifen, wie sie nie ein so schönes Gewand in ihrem Leben gehabt hatte. Ihre Hände hielten ein Kreuz. Die Nachbarn kamen und legten Bildchen auf sie, daß sie fast so geschmückt aussah wie einst, da sie von Juliana geziert worden war.
    Endlich, da die Zeit erschien, wurde sie in ihren Sarg geschlossen. Stephan ließ sie in einem schönen Wagen nach dem Kirchhof von Breitenberg bringen, und dort wurde sie unter den kirchlichen Gebräuchen zur Erde bestattet. Es waren um des vornehmen Mannes willen viele Menschen herbei gekommen und gaben der alten Frau die letzte Ehre. Magdalena und Anna weinten und jammerten an dem Grabe, und erzählten, wie die alte Frau so gut gewesen sei. Juliana stand still dabei und sagte gar nichts.
    Des andern Tages kam sie zu Stephan und sprach: »Großvater, jetzt gehe ich mit dir, und will bei dir sein, wie ich bei der Großmutter gewesen bin.«
    »Juliana,« erwiderte Stephan, »du verlässest deine Mutter.«
    »Sie denkt es sich, daß du mich mitnimmst, und ist froh darüber,« entgegnete das Mädchen, »sie hat es schon Nachbarinnen erzählt, daß ich schöne Kleider und Sachen bekommen werde. Die Großmutter hätte sich nicht gefreut, wenn ich mit Engeln in den Himmel gegangen wäre.«
    »Liebst denn du deine Mutter nicht, Juliana?« fragte Stephan.
    »Ich liebe meine Mutter,« antwortete Juliana, »sie hat mir Gutes getan, ich werde oft zu ihr zurück kehren und werde ihr wieder Gutes tun.«
    »Ich sage wieder wie einst,« antwortete Stephan, »Juliana, tue, wie du willst.«
    Und sofort brachte er nun diese Angelegenheit mit der Mutter des Mädchens ins Reine, sorgte noch in manchen Dingen für Magdalena und Anna, und in kurzer Zeit darauf fuhr Juliana, wie Katharina gekleidet, mit Stephan und seinem Enkel von dem Wirtshause der Klafferstraße in dem schönen Wagen fort, den Weg gegen Jandelsbrunn hin.
    Da mehrere Jahre vergangen waren und Stephan die Hand seines Enkels Franz in die seines Kindes Juliana, wie er sie nannte, legte, sagte er: »Franz, du erhältst eine Gattin, welche wirklich liebt und auch ihre Pflicht versteht, und das ist das Höchste. Halte dieses Höchste in Ehren, und du wirst glücklich sein und glücklich machen. Du liebst mich und Katharina liebt mich aus Verwandtschaftstrieben und weil ich bin, der ich bin, Juliana liebt mich allein, weil ich bin, der ich bin, und diesen

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