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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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sehr angelegentlich geredet hatte, sagte ich: »Die Freiheit als die Macht, unbeirrt von jeder Gewalt, die höchste Menschheit an sich zu entwickeln, ist das größte äußere Gut des Menschen. Der rechte Mensch ist frei von den Gelüsten und Lastern seines Herzens, und schafft sich Raum für diese Freiheit, oder lebt nicht mehr. Wer so nicht frei ist, kann es anders nicht sein. Das andere ist die Freiheit des Tieres, das nach seinen Trieben tut. Ich hoffe, daß bei uns Männer sind, diese Freiheit zu fördern und ihr einen Weg in das Staatsleben zu bahnen, daß sie in ihrer Schönheit erblühe. Wie lange es bis dahin dauern wird, weiß ich nicht. Die meisten derer, die jetzt nach Freiheit rufen, sind noch in den Banden ihrer Gier nach Herrlichkeit, Nutzen und Gewalt, und sind gegen die Unterdrückung Unterdrücker, wie der Dichter vor langem gesagt hat: ›Um den Vorteil der Herrschaft stritt ein verderbtes Geschlecht, nicht würdig, das Gute zu schaffen.‹ Bei uns tut es not, daß das Reich nicht wanke, und wenn es fest steht, dann mögen in ihm die rechten Männer den Pfad der Freiheit suchen und wir vorerst dazu die rechten Männer finden. Weil ich aber in den Rat nicht tauge, gehe ich zu dem Feldherrn, der jetzt das Reich vertritt, und diene ihm. Ich werde ohne Abschied von hier fortgehen, und einmal nach einer finsteren Nacht nicht mehr da sein. Der Herr Verwalter wird zum Öffnen des Pförtchens die Stunde wissen und sie nicht verraten.«
    »Nein, nein, das darf nicht sein,« rief die Base, »du mußt Lebewohl sagen.«
    »Das führt zu Weitläufigkeiten oder Rührungen und Störungen,« sagte ich, »so etwas muß frisch getan sein, und einmal komme ich und sage: ich bin da. Endlich kann mich zu einem Abschiede niemand zwingen, wenn ich keinen nehme.«
    Man stritt noch mit halbem Willen fort, und gab es mit halbem Willen zu.
    Dann kam das Gespräch erst recht auf meine Worte, und wurde mit Lebendigkeit über Freiheit, Staatswohl, Volksvertretung, Regierungsart und derlei Dinge geführt. Alle beteiligten sich daran, nur Hiltiburg nicht.
    Wir gingen spät in der Nacht auseinander.
    Ich machte nun bald Anstalten zur Abreise.
    Ich sagte am Abende vor der dazu bestimmten Nacht dem Verwalter die Stunde, in der er mir die Pforte offen halten sollte. Christoph trug zu dieser Stunde meinen Mantelsack hinab, um ihn auf das Bauerwägelchen zu laden, das ich vor das Schloß bestellt hatte. Ich folgte ihm dann. Ich ging mit unhörbaren Schritten, daß ich niemand erwecke, über den finsteren Gang. Da streifte etwas an mich wie ein Frauenkleid, zwei weibliche Arme umschlangen mich, und plötzlich fühlte ich einen Kuß auf meinen Lippen. Dieser Kuß war so süß und glühend, daß mein ganzes Leben dadurch erschüttert wurde. Die Gestalt wich in die Finsternis zurück, ich wußte nicht, wie mir war, und eilte auf dem Gange fort, über die Treppe hinab, durch das geöffnete Pförtchen hinaus, auf dem Wagen zur Post, auf dem Postwagen in der Richtung nach meinem Reiseziele dahin, und konnte den Kuß nicht aus dem Haupte bringen. Ich bin später bei Wachtfeuern gewesen, auf der Vorwacht in der Finsternis der Nacht, auf wüsten Lagerplätzen, in Regensturm und Sonnenbrand, in schlechten Hütten und in schönen Schlössern, und immer erinnerte ich mich des Kusses und dachte, welches der Mädchen mußte das Ungewöhnliche getan haben. Das erkannte ich, daß der Kuß ein tiefes Geheimnis sein sollte, ich forschte nicht und sagte keinem Menschen ein Wort davon.
    Der alte Feldherr hatte mich sehr freundlich aufgenommen und mich zu seinen Männern eingeteilt. Ich fand alte Bekannte und erwarb neue, und Kameradschaft und Freundschaft erneuerte sich und gründete sich. Was auch einer für eine Muttersprache redete, wir fragten nicht darnach, Deutsch konnte ein jeder, und in der deutschen Sprache, gut oder schlecht, selten nach der Schrift, sondern meist nach der Landessitte des einzelnen, plauderten wir und schlossen den Bund, in Not und Tod mit einander zu gehen. In den Gefilden, die ich einmal, da sie ruhig und blühend waren, durchwandelt hatte, war nun der Krieg und mancherlei Elend und Verwirrung. Aber für uns kamen immer günstigere Tage. Wir gingen vorwärts und vorwärts, der Ehrenglanz der Waffen wuchs, eine Tat gelang, die zweite wurde gewagt, und nach vielerlei Ereignissen und mancher Unterbrechung kam der letzte Sieg, der den Frieden brachte.
    Meine Absicht war nun zunächst erreicht, ich verabschiedete mich auf Zeit und

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