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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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ersten zwei Abteilungen unseres Stammes und bist jetzt, obgleich um so viel jünger als ich, in der dritten Abteilung, und verschenkst auch Güter und kostbare Sachen.«
    »Nun, ich bestrebe mich, so gütig und einfach zu sein, als es möglich ist,«sagte Gerlint, »nehme meinen Verstand zusammen, und hoffe, so zu bleiben. Güter und Kostbarkeiten verschenke ich auch nicht an alle Menschen. Ich habe auch an die Dinge, von denen du gesprochen hast, schon sehr oft gedacht, und habe ihre Merkwürdigkeit gefunden. Wunderbar sind die Namen der Kinder, wunderbar ihr gleicher Alterunterschied, wunderbar die Verhältnisse, die sie zu uns gebracht haben, wunderbar ihre Ähnlichkeit mit uns, und am wunderbarsten, daß wir beide unabhängig von einander den Gedanken ihrer Verehlichung faßten. Weil nun die Sache diese zwei Seiten hat, was meinst du denn, daß wir tun sollen, um nach dem Spruche deines Hauptmannes Gott zu helfen, daß er uns hilft. Sollen wir etwa die Kinder einander empfehlen?«
    »Du scherzest, Gerlint,« antwortete Dietwin, »das wäre eine Ehe, die nicht in dem Himmel geschlossen ist, und wäre wie bei uns Soldaten ein Gebet auf Befehl. Ich glaube, ich bin unvermählt geblieben, weil man mir so viele Mädchen so sehr empfohlen hat.«
    »Siehst du also,« sagte Gerlint, »wie mißlich es ist, dem Himmel helfen zu wollen. Und darum kann ich mich auch mit dem Gedanken gar nicht befreunden. Oder meinst du, daß wir die Empfehlung nur so, wie man zu sagen pflegt, auf Umwegen versuchen sollen?«
    »Die werden bemerkt,« entgegnete Dietwin, »und dann ist es erst recht nichts mit der Sache. Ich meine nur so: Dietwin ist jetzt in Weidenbach, er kommt sehr oft zu dir nach Biberau und sehr oft zu mir nach Weiden. Gerlints Erziehung ist, wie du sagst, vollendet; es ist nun nichts natürlicher, als daß sie zu dir unter deine mütterliche Aufsicht kommt. So sehen sich die jungen Leute dann sehr oft. Das genügt für den Anfang. Wer weiß es, wie sie sich jetzt betrachten. Beide sind von Bedeutung, und müssen es bemerken. Dietwin scheint schon in die zweite Abteilung unseres Stammwesens eingetreten zu sein; er glaubt, alle Erdstellen, unter denen Quellen verborgen sind, zu kennen, und hat in seinem Verwalter einen großen Musikgeist entdeckt. Gerlint wird auch allerlei Sänftigungen und Milderungen aus der Anstalt mitgebracht haben. Und wenn er in der Abteilung der Einbildungen ist, so nützt uns das; denn es bedarf nur eines Funkens, und er setzt alle seine Einbildungen für Gerlint in Flammen, und wenn Gerlint auch gelassener ist, so muß sie den Unterschied zwischen ihm und andern Männern sehen, und es können mannigfaltige Gedanken in ihr Herz kommen. Und so lassen wir die Dinge gehen, und erwarten, was sich ereignen wird.«
    »Wenn nur dein Neffe nicht schon Einbildungen hat,« sagte Gerlint, »es ist ein Gerücht zu mir herein gekommen, er habe eine Herzenskönigin, der er es nicht sagt, und zu der auch kein anderer sein Auge erheben darf.«
    »Ich habe auch davon gehört,« antwortete Dietwin, »glaube es aber nicht, wenn er mir es nicht selber sagt. Und wenn es ist, so ist es in der ersten Abteilung gewesen, und solche Schäume zerstäuben und zerrinnen; denn sonst hätte ich jedes Mädchen, für das ich mich vielleicht geschlagen hätte, auch heiraten müssen. Die Zeit bringt neue Dinge, und so könnte wohl auch Neigung aus Abneigung hervorgehen, die übrigens bei Dietwin und Gerlint nicht so arg gewesen sind; denn du erinnerst dich, daß, wenn irgend jemand einem von ihnen gegen das andere helfen wollte, sie es nicht litten.«
    »Weil sie beide herrschsüchtig sind, und die alleinige Macht haben wollen«, sagte Gerlint.
    »Nun, das werden sie an einander achten, und das wird sie reizen, daß jedes versucht, das andere zu unterwerfen, und so werden sie beide unterworfen werden«, sagte Dietwin.
    »Nun, ich will Gerlint kommen lassen«, antwortete die Schwester; »es ist ja ohne dem nötig, daß ich ihre Erziehung fortsetze, soweit es meine Gaben vermögen. Wenn aber dann die Kinder anders als sich gegenseitig wählen, und die Wahl eine vernünftige ist, dürften wir ihnen nicht entgegentreten.«
    »In Gottes Namen, dann sind diese Ehen im Himmel geschlossen«, sagte Dietwin.
    »Ja, dann sind sie in dem Himmel geschlossen«, erwiderte Gerlint.
    »Und so ist denn auch, wenn du mir nichts mehr zu eröffnen hast, unser Frühlingsreichstag geschlossen«, sagte Dietwin.
    »Er ist geschlossen,« sprach Gerlint, »und

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