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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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habe Dank dafür, geliebter Bruder, daß du auch heute wieder gekommen bist, den Tag mit mir nach meiner Weise zu feiern. Du bist ja immer gut und lässest mich nach meiner Art leben, und schenkest mir manchen Tag und manche Stunde.«
    »Ich ehre dich und deine Art zu leben,« sagte Dietwin, »wenn sie auch in manchen Stücken anders ist als die der andern.«
    »Manche werden sie auffällig finden,« erwiderte Gerlint, »und manche werden sie tadeln. Aber mir tut es wohl, in der Vergangenheit zu leben, und die Weise in Ehren zu halten, die unsern Vorfahren würdig und sinnvoll erschienen ist. Vielleicht werden auch die, die nach uns kommen, sie ehren; vielleicht aber werden auch sie ihren Blick mehr nach den Gestaltungen der Zukunft richten. Mögen sie es, und mögen jene Gestaltungen der Zukunft nur eben so würdig und sinnvoll sein, wie die der Vergangenheit es waren.«
    »Möge es so sein«, sagte Dietwin.
    Dann standen die Geschwister auf, und küßten sich noch einmal recht herzlich.
    Hierauf schellte Gerlint mit einer Glocke. Ein Diener trat ein.
    »Ist etwas zu berichten, oder ist jemand gekommen?« fragte sie.
    »Der junge Herr Baron wartet schon lange, und ein Brief und ein Päckchen von dem Fräulein ist da«, sagte der Diener.
    »So bringe den Brief und das Päckchen, und sage dem Herrn Baron, er möge noch ein wenig Geduld haben«, befahl Gerlint.
    Der Diener ging fort, kam bald wieder, und brachte auf einem silbernen Teller einen Brief und ein Päckchen in grauer Seide.
    Gerlint nahm beides, und der Diener entfernte sich.
    Die Geschwister setzten sich wieder.
    »So vergißt denn das gute Kind seine Wünsche und seine Gaben nie, und immer treffen sie zu gleicher Stunde ein«, sagte Gerlint; »nun, ich hoffe, im nächsten Frühlinge wird sie persönlich an dem Feste Teil nehmen, und stets hat sie die Zartheit, meine Farbe zur Einhüllung zu wählen.«
    »Möge sie dem nächsten Feste schon als Gattin nach unserem Wunsche beiwohnen«, sprach Dietwin.
    »Das wäre rasch«, sagte Gerlint.
    »Alle Himmelsgaben erscheinen rasch«, entgegnete Dietwin Gerlint öffnete den Briefumschlag, und nahm zwei Briefe heraus.
    »Da ist der an dich«, sagte sie zu dem Bruder.
    »Ich lasse dem deinen wie gewöhnlich den Vorzug«, sprach Dietwin.
    »So höre«, sagte Gerlint, und las den Brief.
    »Hochverehrte, geliebte Tante! Nimm auch heuer wieder meine schwachen Worte zu dem Feste, zu welchem ich, an die Satzungen der Anstalt gebunden, nicht eilen kann. Philipp wird sie um zehn Uhr übergeben. Zuerst muß ich berichten, daß ich heute wieder im heiligen Gottesdienste für Dich gebetet habe. Ich habe Gott um alles Gute für Dich gebeten, dessen nur immer ein Mensch in Deiner Stelle teilhaftig werden kann. Ich habe auch wieder das Gelübde getan, daß ich Dir jedes Opfer bringen werde, das notwendig sein sollte. Dann sage ich Dir abermals meinen tiefsten Dank für die unaussprechliche Mutterliebe, die Du mir schon so lange zuwendest, und ich könnte meinen Dank nicht besser erweisen, als wenn mein Gelübde wahr würde. Ich suche mich Deiner ferneren Liebe immer würdiger zu machen, und bin ich Deiner so großen Liebe auch nicht wert, so gib sie mir, ich bitte, als Geschenk, wie Du sie mir bisher als Geschenk gegeben hast. Lege das kleine Ding, welches in dem Päckchen mitfolgt, zu anderen ähnlichen Sachen, und habe eine kleine Freude daran. Ich habe es selber ganz allein gearbeitet. Denke in einer Minute dieses Tages an mich, die alle Minuten desselben an Dich denkt. Und alle Minuten aller Tage, die für mich noch folgen werden, bleibe ich die Dich liebende und verehrende und Dir dankende Gerlint.«
    »Nun höre mich«, sagte Dietwin, und las:
    »Herzlieber Oheim! Ich sende Dir wieder in dem Päckchen der Tante den Brief. Nimm ihn freundlich an. Ich bitte den Himmel, daß er Dein liebes Haupt segne und bewahre, daß er es eine lange Reihe von Jahren erhalte, und daß er Dir gebe, was Dir lieb ist. Ich lebe in die Erkenntnis Deiner Güte hinein, und danke Dir mehr, als ich Dir in den früheren Jahren zu danken vermocht habe, weil ich unvernünftiger war. Gib mir auch in der Zukunft Deine Neigung, die ich erst verdienen muß. Ich will dies zu erreichen ernstlich bestrebt sein. Nimm die Arbeit, welche ich Dir verfertigt habe, wieder gütig an, und denke dabei unter Deinen vielen Sorgen auch zuweilen an Deine in Liebe ergebene Nichte Gerlint.«
    »Nun, die Briefe sind wieder artig«, sagte Dietwin.
    »Wie sie das in der Anstalt

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