Werke
Freundin, werdet wissen, daß ich eure Freundin noch bin, und wenn ihr auch die Steuern nicht mehr auf mein Schloß tragt, so sind doch die andern Bande geblieben. Kann ich jemanden aus euch ein Gutes tun, so komme er und eröffne sich mir. Jetzt, Kinder, gehet, und genießet des heutigen Tages als eines Feiertages.«
»Ich bitte dich, Gerlint,« sagte Dietwin, »gib ihnen mir zu Liebe ein Glas guten Weines, daß sie außer deiner Gesundheit auch die meine trinken und die Gesundheit meiner Leute zu Hause, welche alljährlich dieses Fest ohne mich begehen müssen. Eure Geschenke von mir, meine Lieben, sind schon in dem Vorsaale, und jedes hat den Namen.«
»Sie haben den besten Tischwein meines Kellers,« entgegnete Gerlint, »und sollen ein Glas feinen Nachtischwein bekommen, wie wir ihn selber bei unserem heutigen Mahle haben.«
»Und so wäre nun alles in diesem Saale in Ordnung«, sprach Dietwin.
»Ich glaube, alles«, entgegnete Gerlint.
Die Leute drängten sich noch herzu, küßten Gerlint die Hand, oder verbeugten sich, und taten Ähnliches bei Dietwin.
Dann verließen sie den Saal.
»Geliebte Schwester,« sagte nun Dietwin, als er mit Gerlint allein war, »lasse uns jetzt in deiner trauten Kammer das Gespräch pflegen, das wir an diesem Tage gerne über unsere Angelegenheiten führen, ehe die aus der Nachbarschaft kommen, die wieder zahlreich sein werden, weil du sie nach deinem Gebrauche an keinem früheren Tage zum Wunsche zulässest. Ich habe dir heute Besonderes zu sagen.«
»So komme«, sprach Gerlint.
Sie nahm das Fach mit den Perlen, er steckte die Brieftasche zu sich, reichte ihr den Arm, und führte sie aus dem Saale in ihr Wohngemach. Dort schloß sie die Perlen in einen Kasten, und setzte sich dann in einen Armstuhl. Dietwin setzte sich in einen andern, ihr schräge gegenüber.
»Und nun sprich, Dietwin«, sagte sie.
»Ich glaube, ich bringe heute gute Dinge«, sagte er »Zuerst kann ich dir eröffnen, daß unser Neffe nun völlig frei ist. Er hat sich ohne Zureden von irgend einer Seite entschlossen, seinen Abschied zu fordern, und vor drei Wochen hat er ihn erhalten. Du weißt, wie wir von der Sache stets gesprochen haben. Er hat sich ausgezeichnet; aber da der Krieg längst aus ist, was hätte er weiter vollbringen können? In der Zeit, die er nun völlig frei in Weidenbach zubrachte, ist er völlig doppelt eifrig geworden, so daß ich glaube, er hat aus Freude an der Sache die Städte und die Waffen verlassen. Das sage ich dir von der Freiwerdung Dietwins, jetzt komme ich zu dem zweiten. Die lange Waldnase, welche von dem Gute Sebenau in die Gründe von Weiden herein ragte, und den Verdruß und Störefried für mich und meine Vorfahrer so wie für den Besitzer von Sebenau darstellte, ist für Weiden erworben. Der Lindmayer hat sich plötzlich besonnen, und hat mir endlich, freilich für schweres Geld, sein Waldland, das an den Sebenauerforst grenzt, angeboten. Ich habe, ohne vorher mit dir reden zu können, zugegriffen, daß er nicht wieder reuig würde, und habe das Waldland gegen die Nase vertauscht. Da es doppelt größer ist als die Nase, und da die Sebenauer ihr Gut als Familiengut wohl vergrößern, aber nicht verkleinern dürfen, so ist Julias von Sebenau über den Handel so erfreut wie ich. Wir sind beide nun gerundet, und haben die Ärgerlichkeiten aus Streiten und Übergriffen unserer Leute hinter uns.
Und nun, liebe Schwester, komme ich zu dem dritten. Ich sage nur so meine Gedanken, ohne dir etwas einreden zu wollen. Wir könnten jetzt vielleicht das, was wir beide so sehnlich wünschen, mit Gefügigkeit erreichen. Wenn ich an Dietwin zu Weidenbach noch Weiden abtrete, du an Gerlint Biberau, und wenn Dietwin Gerlint heiratete, so hätte das Paar einen Güterverein, wie weit und breit keiner von solcher Große und von so kurzer Grenze gefunden werden könnte. Ich rede nicht einmal von der Güte des Bodens, der Strotzigkeit der Wälder, der guten Sonnenlage und der Schönheit für die Augen. Wenn ich dann auf Weidenholz ginge, und du nach Bergen, so wären wir unter uns und mit den Kindern Nachbarn, und könnten uns sehr oft besuchen. Etwas Schöneres ist kaum zu denken. Und weil es doch in der Wesenheit der Dinge liegt, daß wir früher sterben können als Dietwin und Gerlint, und weil wir niemanden haben, der uns nahe ist, so fielen nach unserem Tode Weidenholz und Bergen auch zu dem Ganzen, und wenn Steinberg und Tannheim, und wenn die Forste in den Brunnenbergen, weil
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