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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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eher eine Strafe als ein Glück sein.«
    »Die in solcher Schönheit blüht, ist mit hundert Jahren noch nicht alt«, unterbrach sie der Neffe.
    »Gewöhne dir nur nicht die frevlen Reden deines Oheims an,« sagte Gerlint, »und was deine Muhme anbelangt, so haben wir ihren Brief zuerst vorgenommen, weil er abgetan sein muß, ehe die Leute kommen, und von den Leuten bist du immer der erste und wirst in meiner Wohnstube empfangen. Ich sage dir noch einmal den herzlichsten Dank für alle deine Wünsche.«
    »Ich sage dir auch vom Grunde des Herzens meinen Dank,« sagte der Oheim, »und es freut mich, daß du deine Fehler verringern willst, und unsere Güte gegen dich wird nicht aufhören, sie ist größer, als du glaubst. Und das weißt du auch, daß ich heute fünfzig Jahre alt bin?«
    »Ich habe sie gezählt«, sagte der Neffe.
    »Poche nicht, du wirst auch so alt werden, ehe du es denkst«, entgegnete der Oheim.
    »Wenn ich nur dann auch so sehr einem Dreißiger ähnlich sehe, wie du, Oheim«, sagte der Neffe.
    »Trinke nicht viel Wein, enthalte dich der Leidenschaften, und sei mäßig, dann wird es bei dir auch so sein,« sprach der Oheim, »unser Geschlecht hat Ausdauer und Kraft.«
    »Ich trinke, wie du weißt, nicht viel Wein,« antwortete der Neffe, »bin auch sonst mäßig, habe gar keine Leidenschaften, nur Gefühle, und da sind die für dich und die Tante die mächtigsten.«
    »So wirst du sehr alt werden, und mußt dann die Tante oder mich heiraten«, sagte der Oheim. »Und im übrigen danke ich dir auch noch einmal von ganzem Herzen für deine Wünsche.«
    »Möge es dir gefällig sein, das Kästchen zu öffnen, liebe Tante,« sagte der Neffe, »ich habe es gewagt, dir auch ein Angebinde zu bringen.«
    Mit diesen Worten reichte er der Tante ein kleines Schlüsselchen. Dann rückte er eines ihrer Arbeitstischchen vor sie, und stellte das Kästchen darauf. Gerlint drehte den Schlüssel, schlug den Deckel empor, löste das weiße, feine Papier auseinander, das sich zeigte, und rief: »Ach, die unvergleichlichen Edelmarderbälge!«
    »Es ist nicht etwa der oberste der schönste, wie Geschäftsleute die Dinge gerne legen,« sagte der Neffe, »sie sind alle gleich.«
    »Ich habe nie so schöne gesehen«, sagte die Tante.
    »Es ist nicht leicht möglich, sie im Verkehre zu bekommen,« antwortete der Neffe, »ich habe sie in der Zeit gesammelt, und aus hundert Stücken diese zwanzig für dich ausgelesen, daß du von ihnen wieder nur die vornehmsten Teile zu einem Pelze für dich verwendest.«
    »Zwanzig sind zu viel«, sagte die Tante.
    »Es sind eben zwanzig, und nimm die zwanzig«, sagte der Neffe.
    »Ich nehme sie«, antwortete die Tante.
    Und nun legte man die Stücke heraus, und betrachtete sie. Dieselben waren wirklich alle gleich und herrlich. Und nach vielfacher Bewunderung legte man sie wieder zierlich in das Kästchen.
    »Das ist ein adeliges Geschenk,« sagte die Tante, »der edle Stoff in dem edlen Gefäße. Was werde ich dir geben können?«
    »Ich fordere etwas sehr Hohes,« antwortete der Neffe, »die Dauer deiner Neigung zu mir.«
    »Die hast du ja ohne die Bälge, du unvernünftiger Mensch«, sagte die Tante.
    »So bleiben die Bälge ein Überschuß«, entgegnete der Neffe. »Was ich dir gebracht habe, teurer Oheim, konnte ich nicht in die Stabe tragen lassen, die Tante hätte es nicht zugegeben. Es sind die zwei Rappenfüllen, an denen, wie du neulich gesagt hast, kein weißes Härchen ist. Ich habe sie für dich auferzogen, und habe mich ein wenig mit ihrer Erziehung abgegeben. Und damit die Gaben zu dem heutigen Tage doch in dem Schlosse vereinigt sind, stehen sie unten in dem Stalle der Pferdejugend. Habe eine kleine Freude an ihnen.«
    »Eine große habe ich, du Narr,« sagte der Oheim, »du machst heute Geschenke, wie die Herzoge und Könige der alten Zeit: Pferde und Pelzwerk. Und verlangst du von mir auch die Neigung als Gegengeschenk?«

    »Freilich, mein verehrter Oheim«, antwortete der Neffe.
    »Nun, die hast du, und meinen Dank dazu,« sagte der Oheim, »und es wird sich schon sonst auch noch etwas finden. Die Pferde freuen mich, du wirst sehen, wie die werden eingeschult sein, und Leiber werden sie haben wie die feinsten Schlangen.«
    »Das glaube ich,« antwortete der Neffe, »ich werde indessen die Braunen heranziehen, und wir werden wetteifern.«
    »Und wer die beste Erziehung geliefert hat, fahrt mich mit dem neuen Pelze im Schlitten«, sagte die Tante.
    »Die Füllen müssen wir

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