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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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bekannt,
    Fing, um die Sechzig, er sich wieder an zu fühlen.
    Es flatterte, von Alt und Jung begafft,
    Mit Reizen ganz besondrer Kraft,
    Ein Bürgermädchen in der Nachbarschaft.
    Dies Bürgermädchen hieß Finette.
    Finette ward des Freiherrn Siegerin.
    Ihr Bild stand mit ihm auf, und ging mit ihm zu Bette.
    Da dacht’ in seinem Sinn
    Der Freiherr: »Und warum denn nur ihr Bild?
    Ihr Bild, das zwar den Kopf, doch nicht die Arme füllt?
    Sie selbst steh’ mit mir auf, und geh’ mit mir zu Bette.
    Sie werde meine Frau! Es schelte, wer da schilt;
    Genäd’ge Tant’ und Nicht’ und Schwägerin!
    Finett’ ist meine Frau, und – ihre Dienerin.«
    Schon so gewiß? Man wird es hören.
    Der Freiherr kömmt, sich zu erklären,
    Ergreift das Mädchen bei der Hand,
    Tut, wie ein Freiherr, ganz bekannt,
    Und spricht: »Ich, Freiherr von Chrysant,
    Ich habe Sie, mein Kind, zu meiner Frau ersehen.
    Sie wird sich hoffentlich nicht selbst im Lichte stehen.
    Ich habe Guts die Hüll’ und Fülle.«
    Und hierauf las er ihr, durch eine große Brille
    Von einem großen Zettel ab,
    Wie viel ihm Gott an Gütern gab;
    Wie reich er sie beschenken wolle;
    Welch großen Witwenschatz sie einmal haben solle.
    Dies alles las der reiche Mann
    Ihr von dem Zettel ab, und guckte durch die Brille
    Bei jedem Punkte sie begierig an.
    »Nun, Kind, was ist Ihr Wille?«
    Mit diesen Worten schwieg der Freiherr stille,
    Und nahm mit diesen Worten seine Brille –
    (Denn, dacht’ er, wird das Mädchen nun
    So wie ein kluges Mädchen tun;
    Wird mich und sie ihr schnelles Ja beglücken;
    Werd’ ich den ersten Kuß auf ihre Lippen drücken:
    So könnt’ ich, im Entzücken,
    Die teure Brille leicht zerknicken!) –
    Die teure Brille wohlbedächtig ab.
    Finette, der dies Zeit sich zu bedenken gab,
    Bedachte sich, und sprach nach reiflichem Bedenken:
    »Sie sprechen, gnäd’ger Herr, vom Freien und vom Schenken:
    Ach! gnäd’ger Herr, das alles wär’ sehr schön!
    Ich würd’ in Sammt und Seide gehn –
    Was gehn? Ich würde nicht mehr gehn;
    Ich würde stolz mit Sechsen fahren.
    Mir würden ganze Scharen
    Von Dienern zu Gebote stehn.
    Ach! wie gesagt, das alles wär’ sehr schön,
    Wenn ich – wenn ich – –«
    » Ein Wenn? Ich will doch sehn,
    (Hier sahe man den alten Herrn sich blähn,)
    Was für ein Wenn mir kann im Wege stehn! «
    »Wenn ich nur nicht verschworen hätte – –«
    »Verschworen? was? Finette,
    Verschworen nicht zu frein? –
    O Grille, rief der Freiherr, Grille!«
    Und griff nach seiner Brille,
    Und nahm das Mädchen durch die Brille
    Nochmals in Augenschein,
    Und rief beständig: »Grille! Grille!
    Verschworen nicht zu frein!«
    »Behüte!« sprach Finette,
    »Verschworen nur mir keinen Mann zu frein,
    Der so, wie Ihre Gnaden pflegt,
    Die Augen in der Tasche trägt!«
    { ‡ }
XIV. Nix Bodenstrom
    Nix Bodenstrom, ein Schiffer, nahm –
    War es in Hamburg oder Amsterdam,
    Daran ist wenig oder nichts gelegen –
    Ein junges Weib.
    »Das ist auch sehr verwegen,
    Freund!« sprach ein Kaufherr, den zum Hochzeitschmause
    Der Schiffer bat. »Du bist so lang’ und oft von Hause;
    Dein Weibchen bleibt indes allein:
    Und dennoch – willst du mit Gewalt denn Hahnrei sein?
    Indes, daß du zur See dein Leben wagst,
    Indes, daß du in Surinam, am Amazonenflusse,
    Dich bei den Hottentotten, Kannibalen plagst:
    Indes wird sie – –«
    » Mit Eurem schönen Schlusse! «
    Versetzte Nix. » Indes, indes! Ei nun!
    Das nämliche kann Euer Weibchen tun –
    Denn, Herr, was brauchts dazu für Zeit? –
    Indes ihr auf der Börse seid .«
    { ‡ }
    Gotthold Ephraim Lessing
Fabeln
    Drei Bücher
    Nebst Abhandlungen mit dieser Dichtungsart verwandten Inhalts
    Berlin (Voss) 1759.
    fabeln, drei bücher
    { ‡ }
    Vorrede
    Erstes Buch
    I. Die Erscheinung
    II. Der Hamster und die Ameise
    III. Der Löwe und der Hase
    IV. Der Esel und das Jagdpferd
    V. Zeus und das Pferd
    VI. Der Affe und der Fuchs
    VII. Die Nachtigall und der Pfau
    VIII. Der Wolf und der Schäfer
    IX. Das Roß und der Stier
    X. Die Grille und die Nachtigall
    XI. Die Nachtigall und der Habicht
    XII. Der kriegerische Wolf
    XIII. Der Phönix
    XIV. Die Gans
    XV. Die Eiche und das Schwein
    XVI. Die Wespen
    XVII. Die Sperlinge
    XVIII. Der Strauß
    XIX. Der Sperling und der Strauß
    XX. Die Hunde
    XXI. Der Fuchs und der Storch
    XXII. Die Eule und der Schatzgräber
    XXIII. Die junge Schwalbe
    XXIV. Merops
    XXV. Der Pelekan
    XXVI. Der Löwe und der Tiger
    XXVII. Der Stier und der

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