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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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danken; zu ihm seufzen, beten;
    Könnt in Entzückung über ihn zerschmelzen;
    Könnt an dem Tage seiner Feier fasten,
    Almosen spenden. – Alles nichts. – Denn mich
    Deucht immer, daß ihr selbst und euer Nächster
    Hierbei weit mehr gewinnt, als er. Er wird
    Nicht fett durch euer Fasten; wird nicht reich
    Durch eure Spenden; wird nicht herrlicher
    Durch eur Entzücken; wird nicht mächtiger
    Durch eur Vertraun. Nicht wahr? Allein ein Mensch!
    Daja
. Ei freilich hätt’ ein Mensch, etwas für ihn
    Zu tun , uns mehr Gelegenheit verschafft.
    Und Gott weiß, wie bereit wir dazu waren!
    Allein er wollte ja, bedurfte ja
    So völlig nichts; war in sich, mit sich so
    Vergnügsam, als nur Engel sind, nur Engel
    Sein können.
    Recha
. Endlich, als er gar verschwand ...
    Nathan
.
    Verschwand? – Wie denn verschwand? – Sich untern Palmen
    Nicht ferner sehen ließ? – Wie? oder habt
    Ihr wirklich schon ihn weiter aufgesucht?
    Daja
. Das nun wohl nicht.
    Nathan
. Nicht, Daja? nicht? – Da sieh
    Nun was es schadt! – Grausame Schwärmerinnen! –
    Wenn dieser Engel nun – nun krank geworden!...
    Recha
.
    Krank!
    Daja
. Krank! Er wird doch nicht!
    Recha
. Welch kalter Schauer
    Befällt mich! – Daja! – Meine Stirne, sonst
    So warm, fühl! ist auf einmal Eis.
    Nathan
. Er ist
    Ein Franke, dieses Klimas ungewohnt;
    Ist jung; der harten Arbeit seines Standes,
    Des Hungerns, Wachens ungewohnt.
    Recha
. Krank! krank!
    Daja
. Das wäre möglich, meint ja Nathan nur.
    Nathan
.
    Nun liegt er da! hat weder Freund, noch Geld
    Sich Freunde zu besolden.
    Recha
. Ah, mein Vater!
    Nathan
.
    Liegt ohne Wartung, ohne Rat und Zusprach,
    Ein Raub der Schmerzen und des Todes da!
    Recha
. Wo? wo?
    Nathan
. Er, der für eine, die er nie
    Gekannt, gesehn – genug, es war ein Mensch –
    Ins Feur sich stürzte . . .
    Daja
. Nathan, schonet ihrer!
    Nathan
. Der, was er rettete, nicht näher kennen,
    Nicht weiter sehen mocht’, – um ihm den Dank
    Zu sparen ...
    Daja
. Schonet ihrer, Nathan!
    Nathan
. Weiter
    Auch nicht zu sehn verlangt’, – es wäre denn,
    Daß er zum zweiten Mal es retten sollte –
    Denn gnug, es ist ein Mensch ...
    Daja
. Hört auf, und seht!
    Nathan
.
    Der, der hat sterbend sich zu laben, nichts –
    Als das Bewußtsein dieser Tat!
    Daja
. Hört auf!
    Ihr tötet sie!
    Nathan
. Und du hast ihn getötet! –
    Hättst so ihn töten können. – Recha! Recha!
    Es ist Arznei, nicht Gift, was ich dir reiche.
    Er lebt! – komm zu dir! – ist auch wohl nicht krank;
    Nicht einmal krank!
    Recha
. Gewiß? – nicht tot? nicht krank?
    Nathan
.
    Gewiß, nicht tot! – Denn Gott lohnt Gutes, hier
    Getan, auch hier noch. – Geh! – Begreifst du aber,
    Wie viel andächtig schwärmen leichter, als
    Gut handeln ist? wie gern der schlaffste Mensch
    Andächtig schwärmt, um nur, – ist er zu Zeiten
    Sich schon der Absicht deutlich nicht bewußt –
    Um nur gut handeln nicht zu dürfen?
    Recha
. Ah,
    Mein Vater! laßt, laßt Eure Recha doch
    Nie wiederum allein! – Nicht wahr, er kann
    Auch wohl verreist nur sein? –
    Nathan
. Geht. – Allerdings. –
    Ich seh, dort mustert mit neugier’gem Blick
    Ein Muselmann mir die beladenen
    Kamele. Kennt ihr ihn?
    Daja
. Ha! Euer Derwisch.
    Nathan
. Wer?
    Daja
. Euer Derwisch; Euer Schachgesell!
    Nathan
. Al-Hafi? das Al-Hafi?
    Daja
. Itzt des Sultans
    Schatzmeister.
    Nathan
. Wie? Al-Hafi? Träumst du wieder? –
    Er ists! – wahrhaftig, ists! – kömmt auf uns zu.
    Hinein mit Euch, geschwind! – Was werd’ ich hören!
    { ‡ }
Dritter Auftritt
    Nathan und der Derwisch.
    Derwisch
.
    Reißt nur die Augen auf, so weit Ihr könnt!
    Nathan
.
    Bist du’s? bist du es nicht? – In dieser Pracht,
    Ein Derwisch!...
    Derwisch
. Nun? warum denn nicht? Läßt sich
    Aus einem Derwisch denn nichts, gar nichts machen?
    Nathan
.
    Ei wohl, genug! – Ich dachte mir nur immer,
    Der Derwisch – so der rechte Derwisch – woll’
    Aus sich nichts machen lassen.
    Derwisch
. Beim Propheten!
    Daß ich kein rechter bin, mag auch wohl wahr sein.
    Zwar wenn man muß –
    Nathan
. Muß! Derwisch! – Derwisch muß?
    Kein Mensch muß müssen, und ein Derwisch müßte?
    Was müßt’ er denn?
    Derwisch
. Warum man ihn recht bittet,
    Und er für gut erkennt: das muß ein Derwisch.
    Nathan
.
    Bei unserm Gott! da sagst du wahr. – Laß dich
    Umarmen, Mensch. – Du bist doch noch mein Freund?
    Derwisch
.
    Und fragt nicht erst, was ich geworden bin?
    Nathan
. Trotz dem, was du geworden!
    Derwisch
. Könnt’

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