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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Warum diese Rangordnung? Ist es erlaubt, die Dankbarkeit der Politesse aufzuopfern? Der Bediente hat ihn gerettet; dem Bedienten gehört das erste Wort, der erste Ausdruck der Freude, so Bedienter, so weit unter seinem Herrn und seines Herrn Freunden, er auch immer ist. Wenn ich Schauspieler wäre, hier würde ich es kühnlich wagen, zu tun, was der Dichter hätte tun sollen. Wenn ich schon, wider seine Vorschrift, nicht das erste Wort an meinen Erretter richten dürfte, so würde ich ihm wenigstens den ersten gerührten Blick zuschicken, mit der ersten dankbaren Umarmung auf ihn zueilen; und dann würde ich mich gegen Rosalien, und gegen Hamilton wenden, und wieder auf ihn zurückkommen. Es sei uns immer angelegener, Menschlichkeit zu zeigen, als Lebensart!
    Herr Eckhof spielt den Sidney so vortrefflich – Es ist ohnstreitig eine von seinen stärksten Rollen. Man kann die enthusiastische Melancholie, das Gefühl der Fühllosigkeit, wenn ich so sagen darf, worin die ganze Gemütsverfassung des Sidney bestehet, schwerlich mit mehr Kunst, mit größerer Wahrheit ausdrücken. Welcher Reichtum von malenden Gesten, durch die er allgemeinen Betrachtungen gleichsam Figur und Körper gibt, und seine innersten Empfindungen in sichtbare Gegenstände verwandelt! Welcher fortreißende Ton der Überzeugung! –
    Den Beschluß machte diesen Abend ein Stück in einem Aufzuge, nach dem Französischen des l’Affichard, unter dem Titel: Ist er von Familie? Man errät gleich, daß ein Narr oder eine Närrin darin vorkommen muß, der es hauptsächlich um den alten Adel zu tun ist. Ein junger wohlerzogener Mensch, aber von zweifelhaftem Herkommen, bewirbt sich um die Stieftochter eines Marquis. Die Einwilligung der Mutter hängt von der Aufklärung dieses Punkts ab. Der junge Mensch hielt sich nur für den Pflegesohn eines gewissen bürgerlichen Lisanders, aber es findet sich, daß Lisander sein wahrer Vater ist. Nun wäre weiter an die Heirat nicht zu denken, wenn nicht Lisander selbst sich nur durch Unfälle zu dem bürgerlichen Stande herablassen müssen. In der Tat ist er von eben so guter Geburt, als der Marquis; er ist des Marquis Sohn, den jugendliche Ausschweifungen aus dem väterlichen Hause vertrieben. Nun will er seinen Sohn brauchen, um sich mit seinem Vater auszusöhnen. Die Aussöhnung gelingt, und macht das Stück gegen das Ende sehr rührend. Da also der Hauptton desselben rührender, als komisch, ist: sollte uns nicht auch der Titel mehr jenes als dieses erwarten lassen? Der Titel ist eine wahre Kleinigkeit; aber dasmal hätte ich ihn von dem einzigen lächerlichen Charakter nicht hergenommen; er braucht den Inhalt weder anzuzeigen, noch zu erschöpfen; aber er sollte doch auch nicht irre führen. Und dieser tut es ein wenig. Was ist leichter zu ändern, als ein Titel? Die übrigen Abweichungen des deutschen Verfassers von dem Originale, gereichen mehr zum Vorteile des Stücks, und geben ihm das einheimische Ansehen, das fast allen von dem französischen Theater entlehnten Stücken mangelt.
    Den achtzehnten Abend (Freitags, den 15ten Mai,) ward das Gespenst mit der Trommel gespielt.
    Dieses Stück schreibt sich eigentlich aus dem Englischen des Addison her. Addison hat nur eine Tragödie, und nur eine Komödie gemacht. Die dramatische Poesie überhaupt war sein Fach nicht. Aber ein guter Kopf weiß sich überall aus dem Handel zu ziehen; und so haben seine beiden Stücke, wenn schon nicht die höchsten Schönheiten ihrer Gattung, wenigstens andere, die sie noch immer zu sehr schätzbaren Werken machen. Er suchte sich mit dem einen sowohl, als mit dem andern, der französischen Regelmäßigkeit mehr zu nähern; aber noch zwanzig Addisons, und diese Regelmäßigkeit wird doch nie nach dem Geschmacke der Engländer werden. Begnüge sich damit, wer keine höhere Schönheiten kennet!
    Destouches, der in England persönlichen Umgang mit Addison gehabt hatte, zog das Lustspiel desselben über einen noch französischern Leisten. Wir spielen es nach seiner Umarbeitung; in der wirklich vieles feiner und natürlicher, aber auch manches kalter und kraftloser geworden. Wenn ich mich indes nicht irre, so hat Madame Gottsched, von der sich die deutsche Übersetzung herschreibt, das englische Original mit zur Hand genommen, und manchen guten Einfall wieder daraus hergestellet.
    Den neunzehnten Abend (Montags, den 18ten Mai,) ward der verheiratete Philosoph, vom Destouches, wiederholt.
    Des Regnard Demokrit war dasjenige Stück,

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