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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Damis. Valer. Chrysander. Anton.
    Lisette
. Nun Herr Chrysander? ich glaubte, Sie hätten die Herren zu Tische rufen wollen? Ich sehe aber, Sie wollen selbst gerufen sein. Es ist schon aufgetragen.
    Anton
. Das war die höchste Zeit! dem Himmel sei Dank!
    Chrysander
. Es ist wahr; es ist wahr; ich hätte es bald vergessen. Der Zeitungsmann hielt mich auf der Treppe auf. Kommen Sie, Herr Valer; wir wollen die jetzigen Staatsgeschäfte ein wenig mit einander bei einem Gläschen überlegen. Schlagen Sie sich Julianen aus dem Kopfe. Und du, mein Sohn, du magst mit deiner Braut schwatzen. Du wirst gewiß eine wackre Frau an ihr haben; nicht so eine Xantippe, wie – –
    Damis
. Xantippe? wie verstehen Sie das? Sind Sie etwa auch noch in dem pöbelhaften Vorurteile, daß Xantippe eine böse Frau gewesen sei?
    Chrysander
. Willst du sie etwa für eine gute halten? Du wirst doch nicht die Xantippe verteidigen? Pfui! das heißt einen ABCschnitzer machen. Ich glaube, ihr Gelehrten, je mehr ihr lernt, je mehr vergeßt ihr.
    Damis
. Ich behaupte aber, daß man kein einzig tüchtiges Zeugnis für Ihre Meinung anführen kann. Das ist das erste, was die ganze Sache verdächtig macht; und zum andern – –
    Lisette
. Das ewige Geplaudre!
    Chrysander
. Lisette hat Recht! Mein Sohn, contra principia negantem, non est disputandum. Kommt! Kommt!
    Chrysander, Damis und Anton gehen ab.
    Valer
. Nun ist alles für mich verloren, Lisette. Was soll ich anfangen?
    Lisette
. Ich weiß keinen Rat; wann nicht der Brief – –
    Valer
. Dieser Betrug wäre zu arg, und Juliane will ihn nicht zugeben.
    Lisette
. Ei, was Betrug? Wenn der Betrug nützlich ist, so ist er auch erlaubt. Ich sehe es wohl, ich werde es selbst tun müssen. Kommen Sie nur fort, und fassen Sie wieder Mut.
    Ende des zweiten Aufzuges.
    { ‡ }
Dritter Aufzug
Erster Auftritt
    Lisette. Anton.
    Lisette
. So warte doch, Anton.
    Anton
. Ei, laß mich zufrieden. Ich mag mit dir nichts zu tun haben.
    Lisette
. Wollen wir uns also nicht wieder versöhnen? Willst du nicht tun, was ich dich gebeten habe?
    Anton
. Dir sollte ich etwas zu gefallen tun?
    Lisette
. Anton, lieber Anton, goldner Anton, tu es immer. Wie leicht kannst du nicht dem Alten den Brief geben, und ihm sagen, der Postträger habe ihn gebracht?
    Anton
. Geh! du Schlange! Wie sie nun schmeicheln kann! – – Halte mich nicht auf. Ich soll meinem Herrn ein Buch bringen. Laß mich gehen.
    Lisette
. Deinem Herrn ein Buch? Was will er denn mit dem Buche bei Tische?
    Anton
. Die Zeit wird ihm lang; und will er nicht müßige Weile haben, so muß er sich doch wohl etwas zu tun machen.
    Lisette
. Die Zeit wird ihm lang? bei Tische? Wenn es noch in der Kirche wäre. Reden sie denn nichts?
    Anton
. Nicht ein Wort. Ich bin ein Schelm, wenn es auf einem Todenmahle so stille zugehen kann.
    Lisette
. Wenigstens wird der Alte reden.
    Anton
. Der redt, ohne zu reden. Er ißt, und redt zugleich; und ich glaube, er gäbe wer weiß was darum, wenn er noch dazu trinken könnte, und das alles dreies auf einmal. Das Zeitungsblatt liegt neben dem Teller; das eine Auge sieht auf den, und das andre auf jenes. Mit dem einen Backen kaut er, und mit dem andern redt er. Da kann es freilich nun nicht anders sein, die Worte müssen auf dem Gekauten sitzen bleiben, so daß man ihn mit genauer Not noch murmeln hört.
    Lisette
. Was machen aber die übrigen?
    Anton
. Die übrigen? Valer und Juliane sind wie halb tod. Sie essen nicht, und reden nicht; sie sehen einander an; sie seufzen; sie schlagen die Augen nieder; sie schielen bald nach dem Vater, bald nach dem Sohne; sie werden weiß; sie werden rot. Der Zorn und die Verzweiflung sieht beiden aus den Augen. – Aber juchhe! so recht! Siehst du, daß es nicht nach deinem Kopfe gehen muß? Mein Herr soll Julianen haben, und wenn – –
    Lisette
. Ja, dein Herr! Was macht aber der?
    Anton
. Lauter dumme Streiche. Er krützelt mit der Gabel auf dem Teller; hängt den Kopf; bewegt das Maul, als ob er mit sich selbst redte; wackelt mit dem Stuhle; stößt einmal ein Weinglas um; läßt es liegen; tut, als wenn er nichts merkte, bis ihm der Wein auf die Kleider laufen will; nun fährt er auf, und spricht wohl gar, ich hätte es umgegossen – Doch genug geplaudert; er wird auf mich fluchen, wo ich ihm das Buch nicht bald bringe. Ich muß es doch suchen. Auf dem Tische, zur rechten Hand, soll es liegen. Ja zur rechten Hand; welche rechte Hand meint er denn? Trete ich so, so ist das die rechte Hand; trete

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