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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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dem Banks, der seinen Aufstand zu der unmittelbaren Folge der Ohrfeige macht, und ihm weiter keine treulosen Absichten gegen seine Königin beilegt. Sein Fehler ist der Fehler einer edeln Hitze, den er bereuet, der ihm vergeben wird, und der bloß durch die Bosheit seiner Feinde der Strafe nicht entgeht, die ihm geschenkt war.
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Sieben und funfzigstes Stück
    Den 17ten November, 1767
    Banks hat die nämlichen Worte beibehalten, die Essex über die Ohrfeige ausstieß. Nur daß er ihn dem einen Heinriche noch alle Heinriche in der Welt, mit samt Alexandern, beifügen läßt. (62) Sein Essex ist überhaupt zu viel Prahler; und es fehlet wenig, daß er nicht ein eben so großer Gasconier ist, als der Essex des Gasconiers Calprenede. Dabei erträgt er sein Unglück viel zu kleinmütig, und ist bald gegen die Königin eben so kriechend, als er vorher vermessen gegen sie war. Banks hat ihn zu sehr nach dem Leben geschildert. Ein Charakter, der sich so leicht vergißt, ist kein Charakter, und eben daher der dramatischen Nachahmung unwürdig. In der Geschichte kann man dergleichen Widersprüche mit sich selbst, für Verstellung halten, weil wir in der Geschichte doch selten das Innerste des Herzens kennen lernen: aber in dem Drama werden wir mit dem Helden allzuvertraut, als daß wir nicht gleich wissen sollten, ob seine Gesinnungen wirklich mit den Handlungen, die wir ihm nicht zugetrauet hätten, übereinstimmen, oder nicht. Ja, sie mögen es, oder sie mögen es nicht: der tragische Dichter kann ihn in beiden Fällen nicht recht nutzen. Ohne Verstellung fällt der Charakter weg: bei der Verstellung die Würde desselben.
    Mit der Elisabeth hat er in diesen Fehler nicht fallen können. Diese Frau bleibt sich in der Geschichte immer so vollkommen gleich, als es wenige Männer bleiben. Ihre Zärtlichkeit selbst, ihre heimliche Liebe zu dem Essex, hat er mit vieler Anständigkeit behandelt; sie ist auch bei ihm gewissermaßen noch ein Geheimnis. Seine Elisabeth klagt nicht, wie die Elisabeth des Corneille, über Kälte und Verachtung, über Glut und Schicksal; sie spricht von keinem Gifte, das sie verzehre; sie jammert nicht, daß ihr der Undankbare eine Suffolk vorziehe, nachdem sie ihm doch deutlich genug zu verstehen gegeben, daß er um sie allein seufzen solle, u.s.w. Keine von diesen Armseligkeiten kömmt über ihre Lippen. Sie spricht nie, als eine Verliebte; aber sie handelt so. Man hört es nie, aber man sieht es, wie teuer ihr Essex ehedem gewesen, und noch ist. Einige Funken Eifersucht verraten sie; sonst würde man sie schlechterdings für nichts, als für seine Freundin halten können.
    Mit welcher Kunst aber Banks ihre Gesinnungen gegen den Grafen in Aktion zu setzen gewußt, das können folgende Szenen des dritten Aufzuges zeigen. – Die Königin glaubt sich allein, und überlegt den unglücklichen Zwang ihres Standes, der ihr nicht erlaube, nach der wahren Neigung ihres Herzens zu handeln. Indem wird sie die Nottingham gewahr, die ihr nachgekommen. –
    Die Königin
. Du hier, Nottingham? Ich glaubte, ich sei allein.
    Nottingham
. Verzeihe, Königin, daß ich so kühn bin. Und doch befiehlt mir meine Pflicht, noch kühner zu sein. – Dich bekümmert etwas. Ich muß fragen, – aber erst auf meinen Knien Dich um Verzeihung bitten, daß ich es frage – Was ists, das Dich bekümmert? Was ist es, das diese erhabene Seele so tief herab beuget? – Oder ist Dir nicht wohl?
    Die Königin
. Steh auf; ich bitte dich. – Mir ist ganz wohl. – Ich danke dir für deine Liebe. – Nur unruhig, ein wenig unruhig bin ich, – meines Volkes wegen. Ich habe lange regiert, und ich fürchte, ihm nur zu lange. Es fängt an, meiner überdrüssig zu werden. – Neue Kronen sind wie neue Kränze; die frischesten, sind die lieblichsten. Meine Sonne neiget sich; sie hat in ihrem Mittage zu sehr gewärmet; man fühlet sich zu heiß; man wünscht, sie wäre schon untergegangen. – Erzähle mir doch, was sagt man von der Überkunft des Essex?
    Nottingham
. – Von seiner Überkunft – sagt man – nicht das Beste. Aber von ihm – er ist für einen so tapfern Mann bekannt –
    Die Königin
. Wie? tapfer? da er mir so dienet? – Der Verräter!
    Nottingham
. Gewiß, es war nicht gut –
    Die Königin
. Nicht gut! nicht gut? – Weiter nichts?
    Nottingham
. Es war eine verwegene, frevelhafte Tat.
    Die Königin
. Nicht wahr, Nottingham? – Meinen Befehl so gering zu schätzen! Er hätte den Tod dafür verdient. – Weit geringere

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