Werke
Worten ausdrücken. Pope hatte einen ganz andern Begriff von leer und voll in Ansehung der Schöpfung, als Leibniz; und daher konnten sie beide sagen: the creation is full, ohne weiter etwas unter sich gemein zu haben, als die bloßen Worte.
{ ‡ }
Dritter Satz
Aus dem Vorhergehenden schließt Pope a priori, daß notwendig der Mensch in der Welt angetroffen werden müsse, weil sonst die ihm gehörige Stelle unter den Wesen leer sein würde.
Leibniz hingegen beweiset das notwendige Dasein des Menschen a posteriori, und schließt, weil wirklich Menschen vorhanden sind, so müssen solche Wesen zur besten Welt gehört haben.
{ ‡ }
Sechster Satz
Pope, wie man gesehen hat, scheinet mit dem P. Malebranche in diesem Satze einerlei Meinung gehabt zu haben. Er behauptet nämlich, Gott könne in der Welt bloß deswegen böses geschehen lassen, weil er seinen allgemeinen Willen nicht durch besondre Ratschlüsse aufheben wolle. Notwendig müßten also in der Welt Mängel anzutreffen sein, die Gott, der besten Welt unbeschadet, hätte vermeiden können, wenn er seinen allgemeinen Willen in einigen Fällen durch einen besondern Ratschluß hätte aufheben wollen. Man darf nur folgende Stelle ansehen, um zu erkennen, daß dieses wirklich Popens Meinung gewesen sei.
4. Br. Z. 112
Or partial ill is universal good
– – or Nature lets it fall.
Dieses oder oder zeigt genugsam, daß das Übel in dem zweiten Falle zu der Vollkommenheit der Welt nichts beitrage, sondern daß es die Natur, oder die allgemeinen Gesetze fallen lassen.
Allein was behauptet Leibniz von allem diesen? – Leibniz behauptet, der allgemeine Ratschluß Gottes entstehe aus allen besondern Ratschlüssen zusammen genommen, und Gott könne, ohne der besten Welt zum Nachteile, kein Übel durch einen besondern Ratschluß aufheben. Denn nach ihm hanget das System der Absichten mit dem System der wirkenden Ursachen so genau zusammen, daß man dieses als eine Folge aus dem erstern ansehen kann. Man kann also nicht sagen, daß aus den allgemeinen Gesetzen der Natur, das ist, aus dem System der wirkenden Ursachen etwas erfolge, das mit den göttlichen Absichten nicht übereinstimmt; denn bloß aus der besten Verknüpfung der besondern Absichten, sind die allgemein wirkenden Ursachen und das allerweiseste Ganze entstanden. (Man sehe hievon die Theodizee §. 204. 205. 206)
Und hieraus nun erhellet, daß Pope und Leibniz nicht einmal in dem Begriffe der besten Welt einig sein können. Leibniz sagt: wo verschiedene Regeln der Vollkommenheit zusammengesetzt werden sollen, ein Ganzes auszumachen; da müssen notwendig einige derselben wider einander stoßen, und durch dieses Zusammenstoßen müssen entweder Widersprüche entstehen, oder von der einen Seite Ausnahmen erfolgen. Die beste Welt ist also nach ihm diejenige, in welcher die wenigsten Ausnahmen, und diese wenigen Ausnahmen noch darzu von den am wenigsten wichtigen Regeln geschehen. Daher nun entstehen zwar die moralischen und natürlichen Unvollkommenheiten, über die wir uns in der Welt beschweren; allein sie entstehen vermöge einer höhern Ordnung, die diese Ausnahmen unvermeidlich gemacht hat. Hätte Gott ein Übel in der Welt weniger entstehen lassen, so würde er einer höhern Ordnung, einer wichtigern Regel der Vollkommenheit zuwider gehandelt haben, von deren Seite doch durchaus keine Ausnahme geschehen sollte.
Pope hingegen und Malebranche räumen es ein, daß Gott, der besten Welt unbeschadet, einige Übel daraus hätte weglassen können, ohne etwas merkliches in derselben zu verändern. Allein dem ohngeachtet habe er die Allgemeinheit der Gesetze, aus welcher diese Übel fließen, lieber gewollt, und wolle sie auch noch lieber, ohne diesen seinen Entschluß jemals, um eines Lieblings willen, zu ändern.
{ ‡ }
Achter Satz
Ferner, wie wir gesehen haben, behauptet Pope, die mindeste Veränderung in der Welt erstrecke sich auf die ganze Natur, weil ein jedes Wesen, das zu einer größern Vollkommenheit gelange, eine Lücke hinter sich lassen müsse, und diese Lücke müsse entweder leer bleiben, welches den ganzen Zusammenhang aufheben würde, oder die untern Wesen müßten heran rücken, welches durch die ganze Schöpfung nichts anders, als eine Zerrüttung verursachen könne.
Leibniz weiß von keiner solchen Lücke, wie sie Pope annimmt, weil er keine allmälige Degradation der Wesen behauptet. Eine Lücke in der Natur kann, nach seiner Meinung, nirgend anders werden, als wo die Wesen in
Weitere Kostenlose Bücher