Werke
Waffen seines Urhebers, selbst niederreißen kann. Ich würde mich der Gefahr, ein so schwankendes Gebäude nur einen Augenblick vor sich stehen zu lassen, nicht aussetzen, wenn ich mich nicht notwendig zu dem zweiten von der Akademie vorgeschriebenen Punkte vorher wenden müßte.
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Zweiter Abschnitt
Vergleichung obiger Sätze mit den Leibnizischen Lehren
Wenn ich der Akademie andre Absichten zuschreiben könnte, als man einer Gesellschaft, die zum Aufnehmen der Wissenschaften bestimmt ist, zuschreiben kann; so würde ich fragen: ob man durch diese befohlene Vergleichung mehr die Popischen Sätze für philosophisch, oder mehr die Leibnizischen Sätze für poetisch habe erklären wollen?
Doch, wie gesagt, ich kann meine Frage sparen, und mich immer zu der Vergleichung selbst wenden. Aufs höchste möchte eine gar zu übertriebene Meinung von dem, mehr als menschlichem, Geiste des Engländers zum Grunde liegen.
Ich will in meiner Vergleichung die Ordnung der obigen Sätze beibehalten, doch ohne sie alle zu berühren. Verschiedne stehen nur der Verbindung wegen da; und verschiedne sind allzuspeziell, und mehr moralisch als metaphysisch. Beide Arten werde ich füglich übergehen können, und die Vergleichung wird dennoch vollständig sein.
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Erster Satz
Gott muß von allen möglichen Systemen das beste erschaffen haben. Dieses sagt Pope, und auch Leibniz hat sich an mehr als einem Orte vollkommen so ausgedrückt. Was jeder besonders dabei gedacht hat, muß aus dem Übrigen erhellen. Warburton aber hat völlig Unrecht, wenn er diesen Satz, unabhängig von den andern Sätzen, nicht sowohl für Leibnizisch als für Platonisch erkennen will. Ich werde es weiter unten zeigen. Hier will ich nur noch erinnern, daß der Konzipient der akademischen Frage anstatt des Satzes: alles ist gut, notwendig diesen und keinen andern hätte wählen müssen, wenn er mit einigem Grunde sagen wollen, daß ein System darin liegen könne, welches vielleicht nicht das Leibnizische, aber doch etwa ein ähnliches wäre.
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Zweiter Satz
In dem besten System muß alles zusammenhangen. Was Pope unter diesem Zusammenhange verstehe, hat man gesehen. Diejenige Beschaffenheit der Welt nämlich, nach welcher alle Grade der Vollkommenheit von Nichts bis zur Gottheit mit Wesen angefüllt wären.
Leibniz hingegen setzt diesen Zusammenhang darin, daß alles in der Welt, eines aus dem andern, verständlich erkläret werden kann. Er siehet die Welt als eine Menge zufälliger Dinge an, die Teils neben einander existieren, Teils auf einander folgen. Diese verschiednen Dinge würden zusammen kein Ganzes ausmachen, wenn sie nicht alle, wie die Räder der Maschine, mit einander vereiniget wären: das heißt, wenn sich nicht aus jedem Dinge deutlich erklären ließe, warum alle übrigen so, und nicht anders neben ihm sind; und aus jedem vorhergehenden Zustande eines Dinges, warum dieser oder jener darauf folgen wird. Dieses muß ein unendlicher Verstand völlig daraus begreifen können, und der mindeste Teil der Welt muß ihm ein Spiegel sein, in welchem er alle übrigen Teile, die neben demselben sind, so wie alle Zustände, in welchen die Welt war, oder je sein wird, sehen kann.
Nirgends aber hat Leibniz gesagt, daß alle Grade der Vollkommenheit in der besten Welt besetzt sein müßten. Ich glaube auch nicht, daß er es hätte sagen können. Denn wenn er gleich mit Popen sagen dürfte: die Schöpfung ist voll; so müßte er dennoch einen ganz andern Sinn mit diesen Worten verknüpfen, als Pope damit verknüpft hat. Mit Leibnizen zu reden, ist die Schöpfung in der besten Welt deswegen allenthalben voll, weil allenthalben eines in dem andern gegründet ist, und daher der Raum oder die Ordnung der neben einander existierenden Dinge nirgends unterbrochen wird. Auf gleiche Art ist sie auch der Zeit nach voll , weil die Zustände, die in derselben auf einander folgen, niemals aufhören, wie Wirkungen und Ursachen in einander gegründet zu sein. Etwas ganz anders aber versteht Pope unter seiner full creation, wie sich aus der Verbindung seiner Worte schließen läßt.
1. Br. Z. 235
– – – On superior pow’rs
Were we to press, inferior might on ours:
Or in the full creation leave a Void.
Die Schöpfung nämlich ist ihm nur deswegen voll , weil alle Grade darin besetzt sind.
Und dieses ist ein Beweis mehr, daß zwei verschiedne Schriftsteller deswegen noch nicht einerlei Meinung sind, weil sie sich an gewissen Stellen mit einerlei
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