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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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gegen die 157te und 233te Zeile. Die Stellen selbst sind zu lang, sie ganz herzusetzen; und zum Teil sind sie auch bereits oben angeführt worden, wo von dem Popischen Begriffe der Ordnung, und der notwendigen Stelle, die der Mensch in der Reihe der Dinge erhalten müssen, die Rede war.
    Was kann man nun zu so offenbaren Beweisen, daß Pope den metaphysischen Teil seiner Materie mehr zusammen geborgt, als gedacht habe, sagen? Und was wird man vollends sagen, wenn ich sogar zeige, daß er sich selbst nichts besser bewußt zu sein scheinet? – Man höre also, was er in einem Briefe an seinen Freund den D. Swift schreibt. Pope hatte seinen Versuch über den Menschen, ohne seinem Namen drucken lassen, und er kam Swiften in die Hände, ehe ihm Pope davon Nachricht geben konnte. Swift las das Werk, allein er erkannte seinen Freund darin nicht. Hierüber nun wundert sich Pope und schreibt: ich sollte meinen, ob Sie mich gleich in dem ersten dieser Versuche aus dem Gesichte verloren, daß Sie mich doch in dem zweiten würden erkannt haben (5) . Heißt dieses nicht ungefähr: ob Sie mir gleich die metaphysische Tiefsinnigkeit, die aus dem ersten Briefe hervor zu leuchten scheinet, nicht zutrauen dürfen; so hätten Sie doch wohl in den übrigen Briefen, wo die Materie leichter und des poetischen Putzes fähiger wird, meine Art zu denken erkennen sollen? – – Swift gesteht es in seiner Antwort auch in der Tat, daß er Popen für keinen so großen Philosophen gehalten habe, eben so wenig als sich Pope selbst dafür hielt. Denn würde er wohl sonst, gleich nach obiger Stelle, geschrieben haben: Nur um eines bitte ich Sie; lachen Sie über meine Ernsthaftigkeit nicht, sondern erlauben Sie mir, den philosophischen Bart so lange zu tragen, bis ich ihn selbst ausrupfe, und ein Gespötte daraus mache (6) . Das will viel sagen! Wie sehr sollte er sich also wundern, wenn er erfahren könnte, daß gleichwohl eine berühmte Akademie diesen falschen Bart für wert erkannt habe, ernsthafte Untersuchungen darüber anzustellen.
    { ‡ }
    Gotthold Ephraim Lessing
Über die Entstehung der geoffenbarten Religion
    G. E. Lessings theologischer Nachlaß, Berlin (Voss) 1784.
    { ‡ }
    §
    Einen Gott erkennen, sich die würdigsten Begriffe von ihm zu machen suchen, auf diese würdigsten Begriffe bei allen unsern Handlungen und Gedanken Rücksicht nehmen: ist der vollständigste Inbegriff aller natürlichen Religion.
    §
    Zu dieser natürlichen Religion ist ein jeder Mensch, nach dem Maße seiner Kräfte, aufgelegt und verbunden.
    §
    Da aber dieses Maß bei jedem Menschen verschieden, und sonach auch eines jeden Menschen natürliche Religion verschieden sein würde: so hat man dem Nachteile, welchen diese Verschiedenheit, nicht in dem Stande der natürlichen Freiheit des Menschen, sondern in dem Stande seiner bürgerlichen Verbindung mit andern, hervorbringen konnte, vorbauen zu müssen geglaubt.
    §
    Das ist: so bald man auch die Religion gemeinschaftlich zu machen, für gut erkannte; mußte man sich über gewisse Dinge und Begriffe vereinigen, und diesen conventionellen Dingen und Begriffen eben die Wichtigkeit und Notwendigkeit beilegen, welche die natürlich erkannten Religions-Wahrheiten durch sich selber hatten.
    §
    Das ist: man mußte aus der Religion der Natur, welche einer allgemeinen gleichartigen Ausübung unter Menschen nicht fähig war, eine positive Religion bauen: so wie man aus dem Rechte der Natur, aus der nämlichen Ursache, ein positives Recht gebauet hatte.
    §
    Diese positive Religion erhielt ihre Sanktion durch das Ansehen ihres Stifters, welcher vorgab, daß das Conventionelle derselben eben so gewiß von Gott komme, nur mittelbar durch ihn, als das Wesentliche derselben unmittelbar durch eines jeden Vernunft.
    §
    Die Unentbehrlichkeit einer positiven Religion, vermöge welcher die natürliche Religion in jedem Staate nach dessen natürlicher und zufälliger Beschaffenheit modificiert wird, nenne ich die innere Wahrheit derselben, und diese innere Wahrheit derselben ist bei einer so groß als bei der andern.
    §
    Alle positiven und geoffenbarten Religionen sind folglich gleich wahr und gleich falsch.
    §
    Gleich wahr: in sofern es überall gleich notwendig gewesen ist, sich über verschiedene Dinge zu vergleichen, um Übereinstimmung und Einigkeit in der öffentlichen Religion hervorzubringen.
    Gleich falsch: indem nicht sowohl das, worüber man sich verglichen, neben dem Wesentlichen besteht, sondern das Wesentliche

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