Werke
Einführers in die Welt entschloß. Er lautet also: »Die Schrift, wozu ich hier den Vorbericht mache, ist schon vor vielen Jahren von mir aufgesetzt worden. Jedoch habe ich sie bei Gelegenheit eines öftern Durchlesens an manchen Stellen vermehrt, an andern eingekürzt, oder geändert. Also meine eigene Gemütsberuhigung war vom ersten Anfange der Bewegungsgrund, warum ich meine Gedanken niederschrieb; und ich bin nachher nimmer auf den Vorsatz geraten, die Welt durch meine Einsichten irre zu machen, oder zu Unruhen Anlaß zu geben. Die Schrift mag im Verborgenen, zum Gebrauch verständiger Freunde, liegen bleiben; mit meinem Willen soll sie nicht durch den Druck gemein gemacht werden, bevor sich die Zeiten mehr aufklären. Lieber mag der gemeine Haufe noch eine Weile irren, als daß ich ihn, obwohl ohne meine Schuld, mit Wahrheiten ärgern und in einen wütenden Religionseifer setzen sollte. Lieber mag der Weise sich des Friedens halber, unter den herrschenden Meinungen und Gebräuchen schmiegen, dulden und schweigen; als daß er sich und andere durch gar zu frühzeitige Äußerung unglücklich machen sollte. Denn ich muß es zum Voraus sagen, die hierin enthaltenen Sätze sind nicht katechismusmäßig, sondern bleiben in den Schranken einer vernünftigen Verehrung Gottes, und Ausübung der Menschenliebe und Tugend. Da ich aber mir selbst, und meinen entstandenen Zweifeln zureichend Genüge tun wollte: so habe ich nicht umhin können, den Glauben, welcher mir so manche Anstöße gemacht hatte, von Grund aus zu untersuchen, ob er mit den Regeln der Wahrheit bestehen könne, oder nicht.«
Luther und alle Heiligen! Herr Hauptpastor, was haben Sie da gelesen! Nicht wahr? so gar strafbar hätten Sie mich nimmermehr geglaubt? – Der Ungenannte war bei aller seiner Freigeisterei, doch noch so ehrlich, daß er die Welt durch seine Einsichten nicht irre machen wollte: und ich, ich trage kein Bedenken, sie durch fremde Einsichten irre zu machen. Der Ungenannte war ein so friedlicher Mann, daß er zu keinen Unruhen Anlaß geben wollte: und ich, ich setze mich über alle Unruhen hinweg, von welchen Sie, Herr Hauptpastor, am besten wissen, wie sauer es itzt einem treufleißigen Seelensorger wird, sie auch nur in einer einzigen Stadt zur Ehre unsrer allerheiligsten Religion zu erregen. Der Ungenannte war ein so behutsamer Mann, daß er keinen Menschen mit Wahrheiten ärgern wollte: und ich, ich glaube ganz und gar an kein solches Ärgernis; fest überzeugt, daß nicht Wahrheiten, die man bloß zur Untersuchung vorlegt, sondern allein Wahrheiten, die man so fort in Ausübung bringen will, den gemeinen Haufen in wütenden Religionseifer zu versetzen fähig sind. Der Ungenannte war ein so kluger Mann, daß er durch allzufrühzeitige Äußerungen, weder sich noch andere unglücklich machen wollte: und ich, ich schlage als ein Rasender meine eigene Sicherheit zuerst in die Schanze, weil ich der Meinung bin, daß Äußerungen, wenn sie nur Grund haben, dem menschlichen Geschlechte nicht früh genug kommen können. Mein Ungenannter, der ich weiß nicht wenn schrieb, glaubte, daß sich die Zeiten erst mehr aufklären müßten, ehe sich, was er für Wahrheit hielt, öffentlich predigen lasse: und ich, ich glaube, daß die Zeiten nicht aufgeklärter werden können, um vorläufig zu untersuchen, ob das, was er für Wahrheit gehalten, es auch wirklich ist.
Das ist alles wahr, Herr Hauptpastor; das ist alles wahr. Wenn nur bei der löblichen Bescheidenheit und Vorsicht des Ungenannten, nicht so viel Zuversicht auf seinen Erweis, nicht so viel Verachtung des gemeinen Mannes, nicht so viel Mißtrauen auf sein Zeitalter zum Grunde läge! Wenn er nur, zu Folge dieser Gesinnungen, seine Handschrift lieber vernichtet, als zum Gebrauche verständiger Freunde hätte liegen bleiben lassen! – Oder meinen Sie auch, Herr Hauptpastor, daß es gleich viel ist, was die Verständigen im Verborgenen glauben; wenn nur der Pöbel, der liebe Pöbel fein in dem Gleise bleibt, in welchem allein, ihn die Geistlichen zu leiten verstehen? Meinen Sie?
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Anti-Goeze
Achter
Ex hoc uno capitulo comprobabo,
ferream te frontem possidere fallaciae.
Hierony. adv. Ruff.
Heida! wo wollte ich in meinem Vorigen hin? Es hat sich wohl, daß der Herr Hauptpastor den Namen Advokat in seiner eigentlichen Bedeutung nehmen sollte! Advokat heißt bei seines gleichen weiter nichts als Zungendrescher; und das, das bin ich ihm. Ein feiler Zungendrescher in Sachen des
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