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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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in einen Zweikampf einzulassen, ohne die Ursache auch nur zu ahnen. Wenigstens würde er in keinem Fall den Freund zuerst mörderisch angreifen.
    Da schlug aber Pepusch ein wildes Gelächter auf, und in dem Augenblick schlug auch die Kugel aus dem Pistol, das Pepusch abgedrückt, durch den Hut des Peregrinus. Dieser starrte, ohne den Hut, der zur Erde gefallen, aufzuheben, den Freund an in tiefem Schweigen. Pepusch näherte sich dem Peregrinus bis auf wenige Schritte und murmelte dann dumpf: »Schieße!«
    Da drückte Peregrinus das Pistol schnell ab in die Luft.
    Laut aufheulend wie ein Rasender, stürzte George Pepusch nun an die Brust des Freundes und schrie mit herzzerschneidendem Ton: »Sie stirbt – sie stirbt aus Liebe zu dir, Unglücklicher – Eile – rette sie – du kannst es! – rette sie für dich und mich laß untergehen in wilder Verzweiflung!« –
    Pepusch rannte so schnell von dannen, daß Peregrinus ihn sogleich aus dem Gesicht verloren hatte.
    Schwer fiel es aber nun dem Peregrinus aufs Herz, daß des Freundes rasendes Beginnen durch irgend etwas Entsetzliches veranlaßt sein müsse, das sich mit der holden Kleinen begeben. Schnell eilte er nach der Stadt zurück.
    Als er in sein Haus trat, kam ihm die Alte entgegen und jammerte laut, daß die arme schöne Prinzeß plötzlich auf das heftigste erkrankt sei und wohl sterben werde; der alte Herr Swammer sei eben selbst nach dem berühmtesten Arzt gegangen, den es in Frankfurt gebe.
    Den Tod im Herzen, schlich Peregrinus in Herrn Swammers Zimmer, das ihm die Alte geöffnet. Da lag die Kleine, blaß, erstarrt wie eine Leiche auf dem Sofa, und Peregrinus spürte erst dann ihren leisen Atem, als er niedergekniet sich über sie hinbeugte. Sowie Peregrinus die eiskalte Hand der Armen faßte, spielte ein schmerzliches Lächeln um ihre bleichen Lippen, und sie lispelte: »Bist du es, mein süßer Freund? – Kommst du her, noch einmal die zu sehen, die dich so unaussprechlich liebt? – Ach! die eben deshalb stirbt, weil sie ohne dich nicht zu atmen vermag!«
    Peregrinus, ganz aufgelöst im herbsten Weh, ergoß sich in Beteurungen seiner zärtlichsten Liebe und wiederholte, daß nichts in der Welt ihm so teuer sei, um es nicht der Holden zu opfern. Aus den Worten wurden Küsse, aber in diesen Küssen wurden wiederum wie Liebeshauch Worte vernehmbar.
    »Du weißt,« so mochten diese Worte lauten, »du weißt, mein Peregrinus, wie sehr ich dich liebe. Ich kann dein sein, du mein, ich kann gesunden auf der Stelle, erblüht wirst du mich sehen in frischem jugendlichem Glanz wie eine Blume, die der Morgentau erquickt, und die nun freudig das gesenkte Haupt emporhebt – aber – gib mir den Gefangenen heraus, mein teurer, geliebter Peregrinus, sonst siehst du mich vor deinen Augen vergehen in namenloser Todesqual! – Peregrinus – ich kann nicht mehr – es ist aus« –
    Damit sank die Kleine, die sich halb aufgerichtet hatte, in die Kissen zurück, ihr Busen wallte wie im Todeskampf stürmisch auf und nieder, blauer wurden die Lippen, die Augen schienen zu brechen. – In wilder Angst griff Peregrinus nach der Halsbinde; doch von selbst sprang Meister Floh auf den weißen Hals der Kleinen, indem er mit dem Ton des tiefsten Schmerzes rief: »Ich bin verloren!«
    Peregrinus streckte die Hand aus, den Meister zu fassen; plötzlich war es aber, als hielte eine unsichtbare Macht seinen Arm zurück, und ganz andere Gedanken als die, welche ihn bis jetzt erfüllt, gingen ihm durch den Kopf.
    »Wie,« dachte er, »weil du ein schwacher Mensch bist, der sich hingibt in toller Leidenschaft, der im Wahnsinn aufgeregter Begier das für Wahrheit nimmt, was doch nur lügnerischer Trug sein kann, darum willst du den treulos verraten, dem du deinen Schutz zugesagt? Darum willst du ein freies harmloses Völklein in Fesseln ewiger Sklaverei schmieden, darum den Freund, den du als den einzigen befunden, dessen Worte mit den Gedanken stimmen, rettungslos verderben? – Nein – nein, ermanne dich, Peregrinus! – lieber den Tod leiden als treulos sein!« –
    »Gib – den – Gefangenen – ich sterbe!« – So stammelte die Kleine mit verlöschender Stimme.
    »Nein,« rief Peregrinus, indem er in heller Verzweiflung die Kleine in die Arme faßte, »nein – nimmermehr, aber laß mich mit dir sterben!«
    In dem Augenblick ließ sich ein durchdringender harmonischer Laut hören, als würden kleine Silberglöckchen angeschlagen; Dörtje, plötzlich frischen Rosenschimmer auf

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