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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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heimzuführen gedenke.
    Der Douanier hatte alles gehört, was der schöne Geist vorgebracht; er blitzte ihn an mit den kleinen, giftiges Feuer sprühenden Augen und sprach dann zum Wirt: »Glaubt doch, Herr Wirt, nichts von dem allen, was der Galgenschwengel, der unnütze Haselant dort hergeplappert.«
    »Fürwahr, ein schöner Ballettmeister, der mit seinen Elefantenfüßen den zarten Tänzerinnen die Beine zerquetscht und bei der Pirouette dem Maitre des Spektakels an der Kulisse einen Backzahn aus dem Kinnbacken und den Operngucker vom Auge wegschlägt! – Und seine Verse, die haben ebensolche plumpe Füße wie er selbst und taumeln hin und her wie Betrunkene und treten die Gedanken zu Brei. Und da denkt der einbildische Faselhans, weil er zuweilen schwerfällig durch die Lüfte flattert, wie ein verdrossener Gänsericht, müßte die Schönste seine Braut sein.«
    Der schöne Geist schrie: »Du tückischer Satanswurm sollst den Schnabel des Gänserichts fühlen!« und wollte von neuem in voller Furie auf den Douanier los; der Wirt erfaßte ihn aber von hinten mit starken Armen und warf ihn unter dem unaussprechlichsten Jubel des versammelten Haufens zum Fenster hinaus.
    Sowie nun der schöne Geist von hinnen war, hatte Monsieur Egel sogleich wieder die solide schlichte Gestalt angenommen, in der er hereingetreten war. Die Leute draußen hielten ihn für einen ganz andern, als den, der sich so auseinanderzuschrauben gewußt hatte, und zerstreuten sich. Der Douanier dankte dem Wirt in den verbindlichsten Ausdrücken für die Hilfe, die er ihm gegen den schönen Geist geleistet, und erbot sich, um diese dankbare Gesinnung recht an den Tag zu legen, den Wirt, ohne irgendeine Gratifikation, auf eine solche leichte, angenehme Weise zu rasieren, wie er es in seinem Leben noch nicht empfunden. Der Wirt faßte sich an den Bart, und da es in dem Augenblick ihm vorkam, als wüchsen ihm die Haare lang und stachelicht heraus, so ließ er sich Monsieur Egels Vorschlag gefallen. Der Douanier begann auch das Geschäft mit geschickter leichter Hand zu besorgen; doch plötzlich schnitt er dem Wirt so derb in die Nase, daß die hellen Blutstropfen hervorquollen. Der Wirt, dies für tückische Bosheit haltend, sprang wütend auf, packte den Douanier, und er flog ebenso schnell und behende zur Türe hinaus, als der schöne Geist durchs Fenster. Bald darauf entstand auf dem Hausflur ein unziemlicher Lärm; der Wirt nahm sich kaum Zeit, die wunde Nase sattsam mit Feuerschwamm zu mappieren, und rannte hinaus, um nachzusehen, welch ein Satan den neuen Rumor errege.
    Da erblickte er zu seiner nicht geringen Verwunderung einen jungen Menschen, der mit einer Faust den schönen Geist, mit der andern aber den Douanier bei der Brust gepackt hatte, und, indem seine glühenden Augen wild rollten, wütend schrie: »Ha, satanische Brut, du sollst mir nicht in den Weg treten, du sollst mir meine Gamaheh nicht rauben!« Dazwischen kreischten der schöne Geist und der Douanier: »Ein wahnsinniger Mensch – rettet – rettet uns, Herr Wirt! – Er will uns ermorden – er mißkennt uns!« – »Ei,« rief der Wirt, »ei, lieber Herr Pepusch, was fangen Sie denn an? Sind Sie von diesen wunderlichen Leuten beleidigt worden? Irren Sie sich vielleicht in den Personen? Dies ist der Ballettmeister Herr Legénie, und dieser der Douanier, Monsieur Egel.« »Ballettmeister Legénie? – Douanier Egel?« wiederholte Pepusch mit dumpfer Stimme. Er schien, aus einem Traum erwachend, sich auf sich selbst besinnen zu müssen. Indessen waren auch zwei ehrsame Bürgersleute aus der Stube getreten, die den Herrn George Pepusch ebenfalls kannten und die ihm auch zuredeten, ruhig zu bleiben und die schnakischen fremden Leute gehen zu lassen.
    Noch einmal wiederholte Pepusch: »Ballettmeister Legénie? – Douanier Egel?« und ließ die Arme kraftlos herabsinken. Mit Windesschnelle waren die Freigelassenen fort, und manchem auf der Straße wollt’ es auffallen, daß der schöne Geist über das Dach des gegenüberstehenden Hauses hinwegflog, der Bartscherer sich aber in dem Schlammwasser verlor, das gerade vor der Türe zwischen den Steinen sich gesammelt hatte.
    Die Bürgersleute nötigten den ganz verstörten Pepusch, in die Stube zu treten und mit ihnen eine Flasche echten Nierensteiner zu trinken. Pepusch ließ sich das gefallen und schien auch den edlen Wein mit Lust und Appetit hinunterzuschlürfen, wiewohl er ganz stumm und starr dasaß und auf alles Zureden kein

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