Werke
Stunde hier befand und ein Schöppchen Würzburger zu sich nahm. Er war sehr in Gedanken und rief plötzlich, als ich bloß erwähnte, was die Börsenhalle Neues gebracht: ›Ja, süße Gamaheh! – ich habe dir entsagt! – Sei glücklich in meines Georgs Armen!‹ – Dann sprach eine feine kuriose Stimme: ›Laßt uns jetzt zum Leuwenhoek gehen und ins Horoskop gucken!‹ – Sogleich leerte Herr Tyß eiligst das Glas und machte sich samt der Stimme ohne Körper von dannen; wahrscheinlich sind beide, die Stimme und Herr Tyß, zum Leuwenhoek gegangen, der sich im Lamento befindet, weil ihm sämtliche abgerichtete Flöhe krepiert sind.«
Da sprang George in voller Furie auf, packte den Wirt bei der Kehle und schrie: »Halunkischer Egelsbote, was sprichst du? – Entsagt? – ihr entsagt – Gamaheh – Peregrinus – Sekakis?« – –
– Des Wirts Erzählung war ganz der Wahrheit gemäß; den Meister Floh hatte er vernommen, der den Herrn Peregrinus Tyß mit feiner Silberstimme aufforderte, zum Mikroskopisten Leuwenhoek zu gehen; der geneigte Leser weiß bereits, zu welchem Zweck. Peregrinus begab sich auch wirklich auf den Weg dahin.
Leuwenhoek empfing den Peregrinus mit süßlich widerwärtiger Freundlichkeit und mit jenem demütigen Komplimentenwesen, in dem sich das lästige, erzwungene Anerkenntnis der Superiorität ausspricht. Da aber Peregrinus das mikroskopische Glas in der Pupille hatte, so half dem Herrn Anton von Leuwenhoek alle Freundlichkeit, alle Demut ganz und gar nichts, vielmehr erkannte Peregrinus alsbald den Mißmut, ja den Haß, der des Mikroskopisten Seele erfüllte.
Während er versicherte, wie sehr ihn des Herrn Tyß Besuch ehre und erfreue, lauteten die Gedanken: »Ich wollte, daß dich der schwarzgefiederte Satan zehntausend Klafter tief in den Abgrund schleudere, aber ich muß freundlich und unterwürfig gegen dich tun, da die verfluchte Konstellation mich unter deine Herrschaft gestellt hat und mein ganzes Sein in gewisser Art von dir abhängig ist. – Doch werde ich dich vielleicht überlisten können; denn trotz deiner vornehmen Abkunft bist du doch ein einfältiger Tropf. – Du glaubst, daß die schöne Dörtje Elverdink dich liebt, und willst sie vielleicht gar heiraten? – Wende dich nur deshalb an mich, denn fällst du doch trotz der Macht, die dir inwohnt, ohne daß du es weißt, in meine Hand, und ich werde alles anwenden, dich zu verderben und der Dörtje sowie des Meisters Floh habhaft zu werden.«
Natürlicherweise richtete Peregrinus sein Betragen nach diesen Gedanken ein und hütete sich wohl, der schönen Dörtje Elverdink auch nur mit einem Worte zu erwähnen; vielmehr gab er vor, gekommen zu sein, Herrn von Leuwenhoeks gesammelte naturhistorische Merkwürdigkeiten in Augenschein zu nehmen.
Während nun Leuwenhoek die großen Schränke öffnete, sagte Meister Floh dem Peregrinus ganz leise ins Ohr, daß auf dem Tische am Fenster sein (des Peregrinus) Horoskop liege. Peregrinus näherte sich behutsam und blickte scharf hin. Da sah er nun zwar allerlei Linien, die sich mystisch durchkreuzten, und andere wunderbare Zeichen; da es ihm indessen an astrologischer Kenntnis gänzlich mangelte, so konnte er so scharf hinblicken, als er nur wollte, alles blieb ihm doch undeutlich und verworren. Seltsam schien es ihm nur, daß er den roten glänzenden Punkt in der Mitte der Tafel, auf der das Horoskop entworfen, ganz deutlich für sein Selbst anerkennen mußte. Je länger er den Punkt anschaute, desto mehr gewann er die Gestalt eines Herzens, desto brennender rötete er sich; doch funkelte er nur wie durch Gespinst, womit er umzogen.
Peregrinus merkte wohl, wie Leuwenhoek sich mühte, ihn von dem Horoskop abzuziehen, und beschloß ganz vernünftig, seinen freundlichen Feind ohne alle weitere Umschweife geradezu um die Bedeutung der geheimnisvollen Tafel zu befragen, da er nicht Gefahr laufe, belogen zu werden.
Leuwenhoek versicherte, hämisch lächelnd, daß ihm nichts größere Freude verursachen könne, als seinem hochverehrtesten Freunde die Zeichen auf der Tafel, die er selbst nach seiner geringen Kenntnis von solchen Sachen entworfen, zu erklären.
Die Gedanken lauteten: »Hoho! willst du da hinaus, mein kluger Patron? Fürwahr, Meister Floh hat dir gar nicht übel geraten! Ich selbst soll, die geheimnisvolle Tafel erklärend, dir vielleicht auf die Sprünge helfen, rücksichts der magischen Macht deiner werten Person? – Ich könnte dir was vorlügen, doch was
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