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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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schien oft, als wolle sie ihre Liebe und mit dieser ihr Leben aushauchen in den Busen der Freundin. Krampfhaft schloß sie, in Tränen gebadet, die Gräfin in die Arme und sprach mit herzzerschneidendem Ton: »Du Selige, dir glänzt ein Paradies, aber meine Hoffnung ist der Tod!« –
    Die Gräfin, weit entfernt zu ahnen, was im Innern der Fürstin vorging, fühlte sich doch von dem namenlosen Schmerz der Fürstin so tief ergriffen, daß sie mit ihr klagte und weinte und sich auch den Tod wünschte, so daß der Graf über die plötzliche Melancholie der sonst heitern unbefangenen Frau nicht wenig in Verlegenheit geriet.
    An beiden, an der Fürstin und an der Gräfin, hatte man schon in ihrer früheren Jugend zu Zeiten eine an Hysterismus grenzende Überspannung bemerkt; mit so größerem Recht glaubten daher die Ärzte, alle seltsamen Ausbrüche eines krankhaften Überreizes, die vorzüglich bei der Fürstin jedem Beobachter auffallen mußten, dem Zustande zuschreiben zu müssen, in dem sich beide Frauen befanden. Beide waren in guter Hoffnung.
    Ein seltnes Spiel des Zufalls – oder mag es ein wunderbares Verhängnis genannt werden – fügte es, daß beide, die Fürstin und die Gräfin, in derselben Stunde, ja in demselben Augenblick von Söhnen entbunden wurden. – Noch mehr! Mit jeder Woche, mit jedem Tage offenbarte sich deutlicher eine solche Ähnlichkeit, ja eine solche völlige Gleichheit beider Kinder, daß es ganz unmöglich, sie voneinander zu unterscheiden. Beide trugen in ihren kindischen Gesichtern aber schon deutlich die Züge des Grafen von Törny. Konnte hier noch ein Irrtum, eine Täuschung stattfinden, so entschied der ganz ausgezeichnete Bau des Schädels, sowie ein kleines, wie die Mondessichel geformtes Mal auf der linken Schläfe jene Ähnlichkeit ganz und gar.
    Das feindliche Mißtrauen, der böse Argwohn, der jederzeit in einem verderbten Herzen zu wohnen pflegt, hatte dem Fürsten Isidor das Geheimnis der Fürstin verraten. Er war bemüht gewesen, das Gift dem Fürsten einzuflößen, das er gesogen, doch der Fürst wies ihn mit Verachtung zurück. Jetzt war der Zeitpunkt da, der dem Fürsten Isidor gelegen schien, seinen Angriff auf den Grafen Törny und auf die Fürstin, die er beide tödlich haßte, da sie überall seiner bösen Einwirkung entgegenstanden, zu erneuern.
    Der Fürst wankte, doch nimmermehr hätte jene bloße Ähnlichkeit des Kindes mit dem Grafen Törny den Fürsten zu irgendeinem entsetzlichen Entschluß gebracht, hätte das Betragen der Fürstin nicht den Ausschlag gegeben.
    Keine Ruhe fand die Fürstin, wie von dem tiefsten Schmerz, ja von namenloser Qual zerrissen, durchjammerte sie die Tage, die Nächte. Bald bedeckte sie das Kind mit den zärtlichsten Küssen, bald gab sie es mit abgewandtem Gesicht, mit dem Ausdruck des tiefsten Abscheus zurück. »Gerechter Gott, so hart strafst du das Verbrechen!« – diesen Ausruf der Fürstin hatten mehrere gehört, und auf nichts anders konnte dies deuten, als auf eine verbrecherische Tat, der nun die bitterste Reue folgte.
    Mehrere Monate vergingen, endlich kam der Fürst zum Entschluß. In der Nacht ließ er Mutter und Kind nach einem öden entfernten Grenzschloß bringen und verwies den Grafen Törny vom Hofe. Aber auch der Bruder, dessen Anblick dem Fürsten unerträglich, mußte fort. –
    Nur der Geist hatte gesündigt, irdische Begierde keinen Teil daran, fest stand die Treue, aber auch jene Sünde des Geistes galt der Fürstin als ein strafwürdiges Verbrechen, das nur die tiefste Reue zu sühnen vermochte.
    Der Aufenthalt in dem öden Schlosse, die strenge Bewachung, alles trug dazu bei, den krampfhaften Zustand, in dem sich die Fürstin befand, beinahe bis zum Wahnsinne zu steigern.
    Da begab es sich, daß eines Tages mit Spiel und Gesang ein Zigeunertrupp daherzog und sich hinlagerte dicht vor den Mauern des Schlosses.
    Der Fürstin war es, als fielen plötzlich dichte Schleier und sie vermöge hinauszublicken in ein helles buntes Leben. Eine unaussprechliche Sehnsucht erfaßte ihre Brust. – »Hinaus – hinaus ins Freie! – Nehmt mich auf – nehmt mich auf!« – so rief sie, indem sie die Arme ausstreckte durch das geöffnete Fenster. Ein Zigeunerweib schien sie zu verstehen, denn freundlich winkte sie ihr zu, und blitzschnell hatte ein Zigeunerbube die Mauer erklettert. Die Fürstin nahm ihr Kind, rannte herab, die Pforte war offen, der Zigeunerbube schaffte geschickt das Kind herüber. Trostlos stand die

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