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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Ihnen, lieber Herr Eugenius, daß Sie ein viel zu unbefangener, weltunerfahrner, ein viel zu edler Jüngling sind, um vielleicht das einmal ganz zu verstehen, was ich Ihnen jetzt zu sagen genötigt bin. Ich trete nun bald in mein sechzigstes Jahr, Sie haben kaum das vierundzwanzigste erreicht, ich könnte füglich Ihre Großmutter sein, und ich meine, daß dies Verhältnis unser Beisammensein heiligen müsse. Aber der giftige Pfeil boshafter Verleumdung schont auch nicht die Matrone, deren Leben vorwurfsfrei war, und es dürfte nicht an arglistigen Menschen fehlen, die, so lächerlich es auch klingen möchte, Ihren Aufenthalt in meinem Hause der bösen Nachrede, hämischer Neckerei bloßstellen würden. Mehr noch als mich selbst würde Sie die Bosheit treffen, darum ist es nötig, lieber Eugenius, daß Sie mein Haus verlassen. Übrigens werde ich Sie in Ihrer Laufbahn unterstützen wie meinen Sohn und würde dies auch getan haben, hätte mein Helms mir auch dazu nicht ausdrücklich die Verpflichtung auferlegt. – Sie und Gretchen, das sind und bleiben meine Kinder.«
    Eugenius stand da ganz stumm und starr. Er konnte in der Tat nicht begreifen, wie sein fernerer Aufenthalt bei der Professorin irgend etwas Anstößiges haben, wie dies Stoff zur übeln Nachrede geben könne. Aber der bestimmte Wille der Professorin, daß er das Haus, das ihm für den Kreis seines ganzen Lebens galt, in dem alle seine Freuden wohnten, verlassen, der Gedanke, daß er nun von seinen Lieblingen, die er gehegt und gepflegt, scheiden solle, faßte ihn mit aller Macht und Stärke.
    Eugenius gehörte zu den einfachen Menschen, denen ein kleiner Kreis, in dem sie sich froh und frei bewegen, vollkommen genügt, die in der Wissenschaft oder der Kunst, welche das Eigentum ihres Geistes worden, den schönsten und einzigen Zweck ihres Treibens und Strebens suchen und finden; denen das kleine Reich, worin sie heimatlich sind, die fruchtbare Oasis in der großen, unwirtbaren, freudenleeren Wüste scheint, für die sie das übrige Leben halten, das ihnen eben deshalb fremd bleibt, weil sie sich nicht ohne Gefahr hinauswagen zu können glauben. Man weiß, daß dergleichen Menschen eben ihrer Gesinnung halber in gewisser Art immerdar Kinder bleiben, daß sie ungeschickt, linkisch, ja in dem steifen Gewande einer gewissen kleinlichen Pedanterie, in das ihre Wissenschaft sie einhüllt, engherzig und seelenlos sich darstellen. Es fehlt dann nicht an mancher Verspottung, die der Unverstand, des leichten Sieges gewiß, sich erlaubt. Aber in dem Innersten eben solcher Menschen brennt oft die heilige Naphthaflamme höherer Erkenntnis. Fremd geblieben dem wirren Treiben des bunten Weltlebens, ist das Werk, dem sie sich einzig ergeben mit aller Liebe und Treue, der Mittler zwischen ihnen und der ewigen Macht alles Seins, und ihr stilles, harmloses Leben ein steter Gottesdienst im ewigen Tempel des Weltgeistes. – So war Eugenius! –
    Als Eugenius sich von seiner Bestürzung erholt und zu Worten kommen konnte, versicherte er mit einer Heftigkeit, die ihm sonst gar nicht eigen, daß, wenn er das Haus der Professorin verlassen müsse, er seine Laufbahn hienieden für geendet ansehe; denn nimmermehr werde er, ausgestoßen aus seiner Heimat, zur Ruhe und Zufriedenheit gelangen können. Er beschwor die Professorin in den rührendsten Ausdrücken, den, den sie doch als ihren Sohn angenommen, doch nicht fortzujagen in die trostlose Einöde, denn dafür müsse er jeden andern Ort halten, welcher er auch sei.
    Die Professorin schien mit Mühe nach einem Entschluß zu ringen.
    »Eugenius,« sprach sie endlich, »es gibt ein Mittel, Sie mir im Hause, in denselben Verhältnissen, wie sie bis jetzt bestanden, zu erhalten. – Werden Sie mein Mann!« –
    »Es ist,« fuhr sie fort, als Eugenius sie verwundert anblickte, »es ist gar nicht möglich, daß ein Gemüt wie das Ihrige auch nur das mindeste Mißverständnis hegen kann, deshalb nehme ich auch gar keinen Anstand, Ihnen zu gestehen, daß der Vorschlag, den ich Ihnen soeben machte, keineswegs ein augenblicklicher Einfall, sondern das Erzeugnis reiflicher Überlegung ist. – Sie sind mit den Verhältnissen des Lebens unbekannt und werden sich nicht sobald, vielleicht nie darin zu schicken lernen. Sie brauchen selbst in dem engsten Kreise des Lebens jemanden, der Ihnen die Bürde des alltäglichen Bedürfnisses abnimmt, der für Sie bis in das kleinste hinein sorgt, damit Sie frei in voller Gemütlichkeit ganz sich

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