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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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dem freundlichen wohlfeilen Bamberg sehr wohl gefiel. Ansehnliche Bauten, die eben im Werke, legten für das Bleiben ein großes Gewicht in die Waagschale; den Ausschlag gab aber ein Umstand, der im Leben gar oft zu entscheiden pflegt. Johannes Wacht fand nämlich ganz unvermutet in Bamberg die bildhübsche ehrsame Jungfrau wieder, die er vor mehreren Jahren in Erlangen gesehen und welcher er schon damals zu tief in die freundlichen blauen Augen geguckt hatte. Mit zwei Worten, – Johannes Wacht ward Meister, heiratete die ehrsame Jungfrau aus Erlangen und brachte es durch Fleiß und Geschicklichkeit bald dahin, daß er ein artiges Haus, welches auf dem Kaulberge belegen, mit einem großen Hofraum nach den Bergen hinaus kaufen und sich so ganz ansiedeln konnte. Doch wem leuchtet unwandelbar im gleichen Glanz des Glücks freundlicher Stern! Der Himmel hatte beschlossen, unsern wackern Johannes einer Prüfung zu unterwerfen, der vielleicht jeder andere, weniger stark an Geist, unterlegen haben würde. Die erste Frucht der glücklichsten Ehe war ein Sohn, der, ein herrlicher Jüngling, ganz in die Fußstapfen des Vaters treten zu wollen schien. Achtzehn Jahr war dieser Jüngling alt worden, als in einer Nacht nicht fern von Wachts Hause ein bedeutendes Feuer ausbrach. Vater und Sohn eilten, ihrem Beruf gemäß, zur Dämpfung des Brandes herbei. Kühn kletterte der Sohn mit andern Zimmerleuten herauf, um das brennende Dachgerippe soviel als möglich wegzuschlagen. Der Vater, der unten geblieben, um, wie es immer zu geschehen pflegte, das Einreißen und Löschen zu leiten, warf einen Blick hinauf, erkannte die entsetzliche Gefahr, schrie: »Johannes, Leute, hinab, hinab!« Zu spät – mit fürchterlichem Krachen stürzte die Brandmauer ein – erschlagen lag der Sohn in den Flammen, die wie im gräßlichen Triumph stärker prasselnd emporloderten. –
    Doch nicht dieser entsetzliche Schlag allein sollte den armen Johannes Wacht treffen. Eine unvorsichtige Magd drang mit wütendem Jammergeschrei in die Stube, wo die Hausfrau, erst halb genesen von einer zerstörenden Nervenkrankheit, in Angst und Not lag über das Feuer, dessen dunkelroter Widerschein sich an den Wänden spiegelte.
    »Euer Sohn, Euer Johannes ist erschlagen, begraben in den Flammen hat ihn mit seinen Kameraden die Brandmauer!«
    So schrie die Magd.
    Wie von jäher Gewalt getrieben, richtete sich die Hausfrau aus dem Bett hoch empor; doch tief aufseufzend sank sie wieder zurück auf das Lager.
    Der Nervenschlag hatte sie getroffen, – sie war tot.
    »Sehen wir nun,« sprachen die Bürger, »wie Meister Wacht sein großes Leid tragen wird. Oft genug hat er uns gepredigt, daß der Mensch dem größten Unglück nicht erliegen, sondern sein Haupt emporhalten und mit der Kraft, die der Schöpfer in jedes Brust gelegt, dem bedrohlichen Verderben so lange widerstehen müsse, als dieses nicht augenscheinlich im ewigen Rat beschlossen. Laßt uns sehen, was er uns nun für ein Beispiel geben wird!«
    Nicht wenig war man verwundert, als man zwar den Meister selbst nicht in der Werkstatt, wohl aber die ununterbrochene Tätigkeit der Gesellen wahrnahm, so daß nicht die mindeste Stockung entstand, sondern die begonnenen Werke so, als ob dem Meister kein Leid widerfahren, gefördert wurden.
    »Engelbrecht,« sprach der Meister an demselben Mittage, als er in der Frühe mit standhaftem Mute, festen Schrittes, allen Trost, alle Hoffnung, die ihm sein Glaube, die wahrhafte Religion, die in seinem Innern festgewurzelt blieb, gewährte, in dem verklärten Antlitz, den Leichen seines Weibes und seines Sohnes gefolgt; »Engelbrecht, es ist nun vonnöten, daß ich mit meinem Gram, der mir das Herz abstoßen will, allein bleibe, damit ich vertraut mit ihm werde und mich gegen ihn ermanne. Du, Bruder, bist ja mein wackerer tätiger Werkmeister und weißt wohl, was in acht Tagen zu tun; denn so lange schließ’ ich mich in mein Kämmerlein.« –
    In der Tat verließ Meister Wacht acht Tage hindurch nicht seine Stube. Das Essen brachte die Magd oft unangerührt wieder hinab, und man vernahm oft auf dem Hausflur seine leise, wehmütige, tief ins Herz dringende Klage: »O mein Weib, o mein Johannes!«
    Viele von Wachts Bekannten waren der Meinung, daß man ihn durchaus dieser Einsamkeit nicht überlassen müsse, die ihn, da er beständig seinem Gram nachhänge, zerstören könne. Engelbrecht entgegnete indessen: »Laßt ihn gewähren, ihr kennt meinen Johannes nicht, schickte ihm

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