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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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rücksichts ihrer Bildung und ihres ganzen Wesens auch nicht eine Linie hoch über die Sphäre des Handwerks gestiegen. Sie klatschte mit den Frau Basen, putzte sich gern, wiewohl in bunten Staat ohne Geschmack; ihr eigentliches Element, worin sie lebte und webte, war aber die Küche. Keiner, und auch der ausgelerntesten Köchin weit und breit, konnte der Hasen- und Gänsepfeffer so schmackhaft geraten, über die Sulzen herrschte sie nach freier Willkür, Gemüse wie z.B. Mirschieg, Keesköhl, bereitete Rettels kunstreiche Hand ohnegleichen, da ein feiner untrüglicher Sinn sie über das plus oder minus des Fetts auf der Stelle entscheiden ließ, und ihre Krapfen spotteten der wohlgeratensten Erzeugnisse der luxuriösesten Kirchweihen.
    Vater Wacht war mit der Kochkunst seiner Tochter sehr wohl zufrieden und meinte einmal, es sei unmöglich, daß der Fürstbischof schmackhaftere Schunkennudeln auf seiner Tafel haben könne. Das ging denn nun der guten Rettel so tief ins freudige Herz, daß sie im Begriff stand, eine gewaltige Schüssel mit besagten Schunkennudeln, und zwar an einem Fasttage, dem Fürstbischof aufs Schloß zu schicken. Zum Glück kam Meister Wacht zeitig genug dahinter und verhinderte unter herzlichem Lachen die Ausführung des kühnen Gedankens.
    War die kleine dicke Rettel eine tüchtige Wirtschafterin, eine perfekte Köchin und dabei die Gutmütigkeit, kindliche Treue und Liebe selbst, so mußte sie Vater Wacht als ein wohlgeratenes Kind recht zärtlich lieben.
    Geistern von Wachts Art ist indessen trotz ihres Ernstes wohl eine gewisse ironische Schalkheit eigen, die sich im Leben anmutig bewegt bei irgendeinem Anstoß, so wie der tiefe Bach den über ihn hinwegstreifenden Windhauch mit silbern spielenden Wellen begrüßt.
    Es war nicht anders möglich, als daß Rettelchen mit ihrem ganzen Wesen diese Schalkheit oft anregen mußte, und so erhielt das ganze Verhältnis mit der Tochter oft eine seltsam nuancierte Farbe. Der geneigte Leser wird künftig Beispiele von der Art genug erfahren; vorderhand mag nur eines hier stehen, welches lustig genug zu nennen. In Meister Wachts Hause fand sich ein stiller, hübscher junger Mann ein, der bei der fürstlichen Kammer angestellt war und sein reichliches Auskommen hatte. Er freite nach gerader deutscher Sitte bei dem Vater um die älteste Tochter, und Meister Wacht konnte, ohne dem jungen Mann und seiner Rettel unrecht zu tun, nicht umhin, ihm den Zutritt in sein Haus zu verstatten, damit er Gelegenheit fände, sich um Rettels Zuneigung zu bewerben. Rettel, von des Mannes Absicht unterrichtet, sah ihn mit gar freundlichen Augen an, in denen man zuweilen lesen konnte: »Zu unserer Hochzeit, Liebster, back’ ich die Kuchen selbst!« –
    Dem Meister Wacht war diese Zuneigung seiner Tochter gar nicht recht, weil ihm der bischöfliche Herr Kastner gar nicht recht war.
    Fürs erste war der Mann natürlicherweise Katholik, fürs zweite glaubte Wacht bei näherer Bekanntschaft an dem Herrn Kastner ein gewisses schleichendes zurückhaltendes Wesen wahrzunehmen, das auf einen befangenen Geist schließen ließ. Gern hätte er den unangenehmen Freier wieder aus dem Hause entfernt, ohne jedoch der Rettel wehe zu tun. Meister Wacht beobachtete sehr scharf und wußte seine Beobachtungen schlau und verständig zu nutzen. So hatte er wahrgenommen, daß der Herr Kastner sich nicht viel aus gut bereiteten Speisen machte, sondern alles ohne sonderlichen Geschmack und noch dazu auf etwas widerwärtige Weise herunterschluckte. Eines Sonntags, als, wie es gewöhnlich zu geschehen pflegte, der Herr Kastner bei dem Meister Wacht zu Mittag aß, begann dieser jede Speise, die die geschäftige Rettel auftragen ließ, gar sehr zu loben und zu preisen und forderte den Herrn Kastner nicht allein auf, in dieses Lob einzustimmen, sondern fragte auch besonders, was er von dieser oder jener Bereitung der Speisen halte. Der Herr Kastner versicherte aber ziemlich trocken, er sei ein mäßiger nüchterner Mann und seit Jugend auf an die äußerste Frugalität gewöhnt. Mittags genüge ihm ein Löffelchen Suppe und ein Stücklein Ochsenfleisch, nur müsse dieses hart gekocht sein, da es so, in geringer Quantität genossen, mehr sättige und man sich den Magen mit großen Bissen nicht zu überladen brauche; zur Nacht sei er gewöhnlich mit einer Untertasse guten Eierschmalzes und einem geringen Schnäpschen abgefunden, übrigens ein Glas extra Bier um sechs Uhr abends, womöglich in der

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