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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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nicht, ob meine traurigen Ideen je verstummen werden .... Unsere Erde erscheint mir als ein Fegefeuer für himmlische Geister, die vom sündigen Gedanken umnebelt sind ... Mir scheint, unsere Welt hat einen negativen Sinn bekommen und aus einer hohen, vornehmen, Geistigkeit ward eine Satire.« Ja, in demselben Brief schimmert aus einer mystischen Unklarheit sogar der Gedanke an Selbstmord hervor, der natürlich auf literarischem Wege entstanden sein wird: ».. nur die rauhe Hülle zu sehen, unter der das Weltall sich quält, zu wissen, daß eine einzige Explosion des Willens genügt, um diese Hülle zu sprengen und sich in die Ewigkeit zu ergießen, eins mit ihr zu werden, dies alles zu wissen und dabei wie die letzte der Kreaturen zu sein ... Schrecklich! Wie kleinmütig ist der Mensch! Hamlet! Hamlet!« Nach Shakespeare erwähnt er Pascal: »Pascal hat einmal gesagt: ›Wer gegen die Philosophie protestiert, der ist selbst ein Philosoph.‹ Arme Philosophie!« ruft Dostojewski aus – den übrigens in dieser Zeit auch der Glaube nicht vollkommen befriedigt. Der Brief schließt mit einer Aufzählung der Bücher, die er im Lager gelesen hat: »... den ganzen Hoffmann russisch und deutsch (d. h. den noch nicht übersetzten Kater Murr) und fast den ganzen Balzac. (Balzac ist groß! Seine Charaktere sind Schöpfungen des Weltgehirns! Nicht der Zeitgeist, sondern ganze Jahrtausende haben mit ihrem Ringen eine solche Lösung in der Seele des Menschen vorbereitet.) Ferner Goethes Faust, seine kleineren Gedichte. Polevojs Geschichte, Ugolino und Undine ... schließlich Victor Hugo (außer Cromwell ..) .« Und am Rande hat dieser Brief noch eine Nachschrift, die mit dem Ton des ganzen übereinstimmt: »Ich habe ein Projekt: mich verrückt zu stellen... Mögen die Leute sich nur ärgern, mögen sie versuchen, mich wieder vernünftig zu machen. Wenn Du den ganzen Hoffmann gelesen hast, so kannst Du Dich gewiß an Alban erinnern, wie gefällt er Dir? Es ist schrecklich, einen Menschen zu sehen, der das Unfaßbare in seiner Macht hat, der nicht weiß, was tun, und mit einem Spielzeug spielt, welches – Gott ist!«
    Doch eine solche Hingabe an literarische Lektüre hatte zunächst zur Folge, daß Dostojewski nicht versetzt wurde und noch ein ganzes Jahr in derselben Klasse bleiben mußte. Das tat ihm, wie er dem Bruder schreibt, besonders des Vaters wegen bitter leid. In eben diesem Brief vom 31. Oktober
1838, in
dem er, nach dem Ausbruch seines Ärgers über dieses Unglück, auf die Philosophie des Bruders ausführlich eingeht, schreibt er am Rande die kennzeichnende Bemerkung über den Vater: »... Aber weißt Du auch? Papachen kennt ja die Welt überhaupt nicht. Hat 50 Jahre in ihr gelebt und ist bei derselben Meinung von den Menschen geblieben, die er vor dreißig Jahren hatte. Glückliche Ahnungslosigkeit. Aber er ist doch sehr enttäuscht, von ihr. Das ist, glaube ich, unser gemeinsames Los.«
    Im November dieses Jahres (1838) kam A. E. Riesenkampf, der in Reval Michail Michailowitsch kennen gelernt hatte, nach Petersburg, um hier in die Medizinisch-Chirurgische Akademie einzutreten. Michail Michailowitsch hatte ihn gebeten, seinem Bruder einen Brief zu überbringen. Bei dieser Gelegenheit lernte Riesenkampf Fjodor Michailowitsch kennen. Das Folgende entnehmen wir seinen Aufzeichnungen über seine Bekanntschaft mit F. M. Dostojewski.
    »Im Empfangssaal des Ingenieur-Palais verbrachten wir damals (bei der ersten Begegnung) einige unvergeßliche Stunden. Dostojewski trug mir mit dem ihm eigenen hinreißenden Temperament Puschkins ›Ägyptische Nächte‹ vor, Shukowskis ›Baron von Smalholm‹ u. a., erzählte mir von seinen eigenen literarischen Versuchen, und bedauerte nur, daß die im Institut eingeführte strenge Zucht ihm nicht erlaubte, auszugehen. Doch mich hinderte nichts, ihn an den Sonntagvormittagen zu besuchen. Außerdem trafen wir uns an den Freitagen in der Turnanstalt des Schweden de Ron, die sich in einem der Pavillons des Ingenieurpalais befand.«
    Das Äußere Fjodor Michailowitschs schildert Dr. Riesenkampf folgendermaßen:
    »...ziemlich rundlich, blond, mit einem rundlichen Gesicht und einer etwas aufgestülpten Nase ... Seine hellkastanienfarbenen Haare waren kurz geschoren; unter der hohen Stirn und den undichten Augenbrauen verbargen sich nicht große, ziemlich tiefliegende graue Augen; die Wangen waren blaß und hatten Sommersprossen; die Gesichtsfarbe war krankhaft, erdfarben, die Lippen etwas

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