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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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27. Februar 1841 kommt Fjodor Michailowitsch auf die Absicht des Bruders zu sprechen, nach seiner Beförderung zum Offizier die Revalenserin Fräulein Emilie Dietmar zu heiraten. Diese Wahl sagte jedoch dem Vormunde der Brüder, dem Generalleutnant Kriwopischin (jener Verwandte, auf den der alte Dostojewski so sehr gehofft hatte), keineswegs zu, und er weigerte sich wegen dieses Ungehorsams, dem älteren Bruder die jedem von ihnen nach der Beförderung zum Offizier jährlich zustehenden 4000 Papierrubel auszuzahlen. In diesem Brief klagt Fjodor Michailowitsch über das viele Lernen: »Ich sitze auch an den Feiertagen über den Büchern, und dabei ist es schon bald März, – draußen Frühling, es taut, die Sonne ist wärmer, heller, es weht von Süden – eine wahre Wonne! Doch was hilft's! Es ist auch nicht mehr viel zu lernen.« Der Schluß des Briefes zeugt von glühender Ungeduld: »schneller zum Ziel, schneller in die Freiheit! Freiheit und Beruf sind eine große Sache. Mir träumt davon, und ich träume davon wieder wie früher, ich weiß nicht wann. Es weitet einem gleichsam die Seele und läßt uns die ganze Größe des Lebens erfassen.«
    Kehren wir jetzt zu den Erinnerungen A. S. Ssaweljeffs an diese Zeit zurück.
    »Im Jahre 1841 stand Fjodor Michailowitsch bereits im letzten Semester. Wie früher war er nachdenklich, ja, fast kann man sagen, griesgrämig, verschlossen – so schloß er sich selten einem seiner Kameraden an, wenn er sie auch nicht gerade mied, ja ihnen sogar oft seine Nachschriften lieh, die er während der Vorlesungen machte; auch kam es häufig vor, daß er ihnen die russischen Aufsätze schrieb. Doch nie sah man ihn müßig oder lustig. Der von ihm bevorzugte Arbeitsplatz war die Fensternische des runden Schlafzimmers, der sogenannten Rotunde: es war das ein Eckzimmer, dessen Fenster aus den Fontankakanal hinausgingen. Auf diesem von den anderen Tischen abgesonderten Platze konnte man F. M. Dostojewski beständig sitzen und mit irgend etwas beschäftigt sehen; manchmal nahm er offenbar nichts von alledem wahr, was um ihn herum geschah. Zu gewissen Stunden stellten sich seine Kameraden in Reih' und Glied auf, z. B. wenn sie sich zum Essen begaben, und gingen durch das runde Eckzimmer in den Speisesaal, um dann mit Lärm in den Erholungsraum zurückzuströmen, oder zum Gebet in den Saal, oder um sich in die Schlafsäle zu verteilen. Dostojewski räumte immer erst dann seine Bücher und Hefte in das Schubfach des Tischchens, wenn der Trommler, der die Abendtrommel schlug, ihn bei seinem Gang durch die Räume zur Beendigung seiner Beschäftigung nötigte. Es kam aber auch vor, daß man Dostojewski in tiefer Nacht an demselben Tischchen bei der Arbeit antraf. Er saß dann im Hemd, die Bettdecke umgenommen, und spürte offenbar gar nicht, daß es dort am Fenster entsetzlich zog. Auf meine Bemerkung, daß es doch wohl gesünder sei, früher aufzustehen und sich angekleidet mit seiner Arbeit zu beschäftigen, gab er mir freundlich recht, räumte seine Hefte weg und ging anscheinend zu Bett; doch nach einer Weile konnte man ihn schon wieder, und wieder in demselben Aufzuge, an seinem Tischchen bei der Arbeit sehen. Der Angewohnheit, in der Nacht zu arbeiten, ist Dostojewski sein Leben lang treu geblieben... Vierzig Jahre später, als wir bei einem Wiedersehen auf seine nächtlichen schriftlichen Arbeiten zu sprechen kamen – und im besonderen darauf, daß ich ihn so manches Mal dabei gestört hatte –, sagte er mir, er habe damals tatsächlich an seinem ersten Roman ›Arme Leute‹ geschrieben, der bereits vor seinem Eintritt in die Anstalt angefangen worden sei.
    »Wenn ich die Wache hatte, unterhielt ich mich gern mit denjenigen unter den jungen Leuten, deren Zuneigung ich besaß. Aber ich muß gestehen, keine einzige dieser Plaudereien hat einen so tiefen Eindruck auf mich gemacht, wie meine Unterhaltungen mit Dostojewski. Er sprach immer leise, langsam, mit Pausen, und zwar tat er das aus anscheinend physischen Gründen – vielleicht infolge einer organischen Eigenart seines Brustbaues oder seiner Atmungsorgane,« (es sei hier an die plötzliche Heiserkeit erinnert, von der sein Bruder Andrei berichtet) »und keineswegs etwa deshalb, weil er sich rhetorisch schön, gewählt und überzeugend ausdrücken wollte. Auch die einfachste Erinnerung aus seiner Kindheit, wie irgend eine unwichtige geschichtliche Begebenheit wurden von ihm langsam, doch vorzüglich wiedergegeben, eben mit dieser

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